Stille Gefahr #2
wütenden Augen, auf sein geschundenes Gesicht verriet ihr, dass er es ernst meinte. Sie rang sich ein Lächeln ab und legte ihm eine Hand an die stoppelige Wange. »Law, ich liebe dich … aber ich muss langsam mal anfangen, selbst auf mich aufzupassen.«
Daraufhin drückte sie ihm einen flüchtigen Kuss auf die Lippen, und obwohl sich ihre Knie anfühlten wie Gummi, stand sie auf und ging aus dem Zimmer.
Als sie die Tür erreichte, rief Law ihren Namen.
Sie drehte sich zu ihm um.
»Sag, dass du nicht weggehst«, bat er und sah sie dabei flehentlich an.
Hope lächelte traurig. »Ich hab’s endlich kapiert, Law. Ich kann nicht ewig wegrennen. Wenn er nach mir sucht, dann wird er mich finden. Aber falls er mich auch nur mit dem kleinen Finger berühren oder versuchen sollte, mich zurückzuschleifen, dann wirst du nicht dazu kommen, ihn umzubringen. Ich werde es tun. Ich lasse nicht zu, dass er all das wieder mit mir macht.«
Nachdenklich berührte sie ihr linkes Handgelenk und betrachtete die Narben dort.
Heißer, brennender Zorn wallte in ihr auf. Sie war froh darum, denn er verjagte die kalte, beklemmende Angst. »Ich würde eher sterben, als zu ihm zurückzugehen, weißt du. Und ich würde ihn eher umbringen und den Preis dafür zahlen, als mich von ihm zurückschleifen zu lassen oder bis ans Ende meiner Tage mit dieser Angst zu leben. Ich würde es tun, und zwar mit Freude.«
Dann ging sie weiter, setzte einen zittrigen, unsicheren Schritt nach dem anderen.
Ezra marschierte ins Büro des Sheriffs und polterte los: »Hören Sie, wenn Sie mich noch öfter herzitieren, dann müssen Sie mir irgendwie freies Geleit durchs Drachentor verschaffen. Tut mir leid, aber diese Frau da draußen jagt mir echt Angst ein.«
»Tja, so geht es vielen mit Miss Tuttle«, erwiderte Nielson mit einem Lächeln, doch es wirkte abgespannt und müde, und erreichte seine Augen nicht.
Ezra hätte sich am liebsten schwungvoll auf einen Sessel plumpsen lassen, doch die brettharten Stühle mit den geraden Lehnen, die der Raum zu bieten hatte, waren dafür nicht gemacht. Also setzte er sich stattdessen ganz langsam hin, streckte die Beine aus und überkreuzte die Füße. Die Muskeln in seinem rechten Oberschenkel zuckten und zwickten, doch er ignorierte den Schmerz und konzentrierte sich auf den Sheriff. Der grimmige Ausdruck in dessen Augen gefiel ihm gar nicht.
»Wo ist Lena?«
»Es ist Donnerstag – sie ist auf der Arbeit. Ich habe sie auf dem Weg hierher beim Inn abgesetzt.«
»Machen Sie das immer?«
Ezra zuckte ungeduldig mit den Schultern. »Noch haben sich keine festen Gewohnheiten eingeschliffen«, gab er zurück. Ihm juckte es zwischen den Schulterblättern, doch er widerstand dem Drang, sich auf dem Stuhl zu winden. Nein, er und Lena hatten keine Gewohnheiten . Sie hatten ja gerade einmal eine Beziehung . Nielson wusste das wahrscheinlich. »Das Ganze ist immer noch … frisch.«
»Man sieht, dass Sie beide zueinanderpassen«, sagte Nielson leise. »Wissen Sie das?«
»Ja.« Ezra verzog den Mund zu einem zögerlichen, zufriedenen Grinsen. »Ich weiß. Ich sehe es auch. Und ich merke es. Ihr geht es wohl genauso, sonst hätte sie mich nicht gefragt, ob ich bei ihr einziehen möchte. Ich muss allerdings sagen, dass ich diese romantische Ader bei Ihnen nicht vermutet hätte, Sheriff.«
Nielson schnaubte. Dann lehnte er sich zurück und fuhr sich mit der Hand über den kahlen Schädel. »Ich muss Ihnen etwas zeigen, aber die Information darf diesen Raum nicht verlassen. Nach den Vorschriften dürfte ich sie eigentlich gar nicht weitergeben, aber mein Bauchgefühl sagt mir, dass es nötig ist.«
Ezras Lächeln erstarb. Er zog die Beine an, stützte die Ellbogen auf die Knie und beugte sich vor. »Und das wäre?«
Statt einer Antwort legte Nielson lediglich ein Foto vor ihm auf den Tisch.
Ezra starrte es an.
Sie sah aus wie Lena.
Fast ganz genauso.
Sie besaßen nahezu die gleichen Gesichtszüge, doch Lenas Kinn lief spitz zu, was ihr etwas Katzenhaftes verlieh. Die Kinnpartie dieser Frau hatte dagegen einen weicheren Schwung. Ihre Augen waren braun, nicht blassblau. Aber wenngleich die Frau auf dem Foto das Haar etwas länger trug als Lena, war die Farbe fast dieselbe. Die Haut, die Wangenknochen …
Diese Frau war wahrscheinlich ein paar Jahre jünger, aber nicht viel, und trotz des Altersunterschieds bestand eine geradezu … unheimliche Ähnlichkeit.
Ezra schluckte und schaute den Sheriff an.
Tief in seinem
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