Stille Gefahr #2
Freundschaft unwiederbringlich ruinieren.
Sie nahm sich Zeit damit, Pucks Leine aufzuhängen, und wusch sich dann am Spülbecken die Hände. »Du kennst ihn, Roz, seit Jahren, aber du hast ihm weder vertraut noch an ihn geglaubt. Das war unfair, und es fällt mir schwer, das zu vergessen – oder zu vergeben.« Sie trocknete sich die Hände an einem Handtuch ab und drehte sich um.
»Lena, ich wollte ja gar nicht glauben, dass er so etwas tun könnte«, verteidigte Roz sich zögerlich. »Ich habe bloß …«
»Es war einfacher, das zu glauben, was alle anderen auch angenommen haben, statt dir eine eigene Meinung zu bilden, richtig?« Lena hob eine Hand. »Und was soll das überhaupt heißen, du wolltest es nicht glauben? Weißt du, wenn ich etwas nicht glauben will, dann tue ich es auch nicht. So einfach ist das. Aber ich habe auch noch nie andere Leute für mich denken lassen. So bin ich eben. Du magst da anders sein. Wie auch immer. Fürs Erste ist es wohl besser für uns beide, wenn wir einfach … eine Pause einlegen. Zusammen arbeiten müssen wir ja, und was den Rest angeht, tut es mir leid, aber zurzeit braucht Law mich sehr viel dringender als du.«
»Willst du damit sagen … dass du nicht mehr mit mir befreundet sein willst?«
Mit Tränen in den Augen schüttelte Lena den Kopf. »Nein, damit will ich sagen, dass Law im Moment seine echten Freunde braucht – solche, die zu ihm stehen, egal, was kommt. Und ich lass mich nicht zerreißen. Wenn du ihm irgendwann so eine Freundin sein kannst, schön. Bis dahin, bis sich die Dinge wieder beruhigt haben, müssen wir beide bei der Arbeit miteinander auskommen, aber mehr will ich nicht.«
Roz schwieg.
Einen Moment später hörte Lena das Klappen der Schwingtür.
Daraufhin lehnte sie sich gegen den Tresen und schlang sich die Arme um den Oberkörper.
Etwas Komisches war ihr über Freunde klar geworden – man wusste nie genau, wer sie waren, bis alles den Bach hinunterging.
Sie hätte geschworen, dass Roz zu Law halten würde. Verlässlich und entschlossen.
Aber damit hätte sie falsch gelegen.
Dafür, dass er so wenige Informationen besaß, artete die ganze Angelegenheit in einen ziemlichen Papierkrieg aus, stellte Remy fest.
Es ging auf halb neun zu; draußen war es dunkel, und es wehte eine kühle, anregende Brise, die nach Herbst roch.
Am Morgen stand eine Besprechung mit einer anderen Staatsanwältin an. Während der letzten paar Stunden war er zu der Erkenntnis gelangt, dass ihn alles, was auch nur im Entferntesten mit diesem Fall zu tun hatte, heillos überforderte. Er steckte einfach zu tief drin.
Wenn es allein um Reilly ginge, würde er es hinkriegen.
Wenn es allein um das Mordopfer ginge, würde er damit fertigwerden.
Aber sobald Hope Carson ins Spiel kam … kriegte er gar nichts mehr auf die Reihe.
Und es hing irgendwie alles miteinander zusammen. Das sagte ihm sein Instinkt. Wenn Nielson natürlich nicht bald mit irgendwelchen Beweisen um die Ecke kommen sollte, wäre es gut möglich, dass dieser Fall in einer Sackgasse enden würde.
In Gedanken bei dem Fall und bei Hope, nahm Remy etwas zerstreut den Hörer ab, als das Telefon klingelte. »Jennings.«
»Remington Jennings?«
Die Stimme kam ihm bekannt vor, und allein bei dem Klang stellten sich ihm die Nackenhaare auf.
»Ja, am Apparat«, antwortete er. Nach Jahren der Übung gelang es ihm, weiterhin neutral zu klingen, doch er klammerte sich am Hörer fest und ballte die freie Hand zur Faust.
»Hier ist Joseph Carson.«
Remy wartete schweigend ab – andernfalls hätte er wie ein Wolf in der Falle losgeknurrt.
Als er nicht reagierte, half der Mann nach. »Detective Joseph Carson … Wir haben ein paar Mal miteinander über meine Frau gesprochen.«
»Exfrau«, korrigierte Remy. Exfrau, du blöder Wichser.
Eine kurze Pause entstand. »Natürlich. Wie gesagt habe ich immer noch die Hoffnung, dass wir uns wieder versöhnen«, antwortete Carson dann.
Nur über meine Leiche. Remy zwang sich, eine entspannte Körperhaltung anzunehmen, und fragte: »Was kann ich für Sie tun?«
»Ich wollte nur wissen, ob mit Hope alles in Ordnung ist. Es ist ja schon ein paar Tage her, dass wir miteinander gesprochen haben. Ich mache mir Sorgen und habe mich gefragt, ob es wohl irgendwelche Neuigkeiten gibt.«
Oh , sicher, du machst dir bloß Sorgen. Remy zweifelte nicht daran, dass Carson genau dasselbe getan hatte wie er – Nachforschungen angestellt, Dinge überprüft –, durch das Internet
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