Stille Gefahr #2
Remy einen Seitenblick zu. »Ich kenne diese Anwaltsfritzen. Er hat schon längst beschlossen, dass ich schuldig bin, Law. Deswegen bin ich neugierig, warum er mich nicht verhaften will.«
Anwaltsfritzen? , dachte er, während er sie mit zusammengekniffenen Augen betrachtete. Eigentlich hätte er sich gern angegriffen und beleidigt gefühlt. Doch stattdessen war er einfach nur überrascht – er hätte nicht erwartet, dass sie ihm so die Stirn bieten würde. Weder ihm noch sonst irgendwem.
Aber, verflucht – wenn er sagte, er werde ihre Verhaftung nicht zulassen, dann meinte er das auch so.
»Erst vor ein paar Tagen haben Sie klargemacht, dass ich Sie nicht kenne«, erwiderte Remy schroff. »Und damit haben Sie recht. Das tue ich nicht. Doch Sie kennen mich auch nicht. Sie mögen ja vielleicht Ihre Erfahrungen mit Anwaltsfritzen haben. Aber ich bin kein Fritze. Ich bin einfach nur ich. Und wenn ich Sie hinter Schloss und Riegel sehen wollte, dann würde ich schon einen Weg finden. Wenn ich sage, dass Sie sich keine Sorgen zu machen brauchen, dann meine ich das auch so. Ich sage nichts, was ich nicht so meine.«
»Jeder sagt Dinge, die er nicht so meint«, antwortete Hope leise. »So ist das nun mal.«
»Sie auch?«
Sie runzelte die Stirn.
Diese sanften grünen Augen, die Geheimnisse, die darin lagen, die Verletztheit, all das brachte ihn schier um den Verstand – und was er am liebsten getan hätte, das durfte er nicht. Er wollte diesen schmalen, grazilen Körper an sich ziehen, sie fest an sich drücken, ihr versprechen, dass sie in Sicherheit sei und niemand ihr je wieder wehtun werde. Er wollte ihr ein Schmunzeln ins Gesicht zaubern, ihr ein lautes Lachen entlocken … sie dazu bringen, ihm zu vertrauen. Und dann wollte er mit ihr schlafen, wieder und wieder. Doch das ging nicht.
»Nicht alle sind darauf aus, anderen wehzutun«, erwiderte er leise. »Ich habe nicht vor, Sie zu verletzen.«
Dann nickte er Law kurz zu, ging im großen Bogen um die zwei herum und verließ das Haus.
Er musste fort von ihr.
Ganz weit weg.
Und dann brauchte er etwas, worauf er einschlagen konnte.
Und zwar lange.
»Was wollte er hier?«, fragte Hope und beobachtete, wie Remy Jennings zu seinem Auto ging.
Ausnahmsweise hatte er einmal nicht diesen selbstsicheren Mir-gehört-die-Welt -Schlendergang drauf. Hope kannte diese Art, zu gehen. Schließlich hatte Joey sich genauso bewegt.
Du bist unfair , flüsterte eine leise, tadelnde Stimme in ihr, als Hope sich wieder zu Law umdrehte.
Der sortierte gerade die Zeitschriften und Bücher, die sich auf dem Tisch neben ihm türmten, und er ließ sich Zeit damit. Zu viel Zeit, selbst als Einhändiger.
Er schenkte ihr ein zerstreutes Lächeln und zuckte lediglich mit den Schultern. »Wollte wohl bloß noch was nachfragen, was weiß ich.«
»Weißt du was … für jemanden, der mit Lügen sein Geld verdient, bist du ganz schön schlecht darin.« Hope steckte die Hände in die Hosentaschen und wippte auf den Fersen, während er die Schultern straffte.
»Lügner, ich? Wieso?«
»Er wollte doch etwas Bestimmtes.« Hope versuchte, den Kloß im Hals hinunterzuschlucken. »Das weiß ich. Worum ging es?«
Law packte ein paar Zeitschriften so fest, dass das Papier zerknüllte, und plötzlich warf er den Stapel wieder hin und wandte sich ab. »Himmel, Hope.« Unter seinem verwaschenen T-Shirt zeichneten sich die Muskeln ab, als er sich mit einer Hand durchs Gesicht fuhr. »Er war deinetwegen hier. Zufrieden?«
Ein Schauer lief ihr den Rücken hinunter.
Sie hätte nicht einmal ansatzweise erklären können, warum, doch sie verspürte einen Stich im Herzen.
»Von wegen, er meint alles so, wie er es sagt«, brummte sie und fuhr sich mit dem Handrücken über den Mund.
»Was?«
Sie schüttelte bloß den Kopf.
»Wovor hast du solche Angst?«
Als sie lachte, klang es selbst in ihren eigenen Ohren harsch und spröde. »Ach, komm schon, Law. Er stellt sich hin und behauptet, ich hätte nichts von ihm zu befürchten, dass er es ehrlich meine, und gleichzeitig hat er dich nach mir ausgefragt.«
»Ja, das hat er.« Law kam zu ihr herüber, griff eine ihrer Hände und drehte die Narbe nach oben. »Hauptsächlich deswegen, Süße.«
Sie ballte die Faust und erstarrte. »Was ist denn damit?«, flüsterte sie und blickte dabei in seine haselnussbraunen Augen.
Law hielt sie vorsichtig, aber bestimmt fest. Er konnte, er wollte sie nicht loslassen. »Hope, jemand hat versucht, dich
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