Stille Gefahr #2
die Arme vor der Brust und starrte die ältere Dame an, die gerade auf dem Weg zur Tür war.
Deb blieb stehen. »Wie bitte?«
Nia zuckte mit den Schultern. »Als ich das letzte Mal hier war, bin ich Ihnen auch schon in diesem Zimmer begegnet und Sie haben den Mann wegen irgendetwas angeschrien. Allem Anschein nach dreht sich Ihr Besuch heute um genau dasselbe. Und das hat einfach meine Neugier geweckt.«
»Wenn Sie es wirklich wissen wollen …«
»Deb!« Nielson stützte sich mit den Fäusten auf seinen Schreibtisch.
Die ältere Dame warf ihm über ihre magere Schulter hinweg einen verdrießlichen Blick zu. »Als besorgte Bürgerin ist es meine Pflicht, meine Mitmenschen zu warnen, Sheriff. Schließlich nehmen Sie Ihren Job ja nicht ernst.«
Dann wandte sie sich wieder Nia zu. »Wir haben zwei kaltblütige Mörder in der Stadt – einen Mann namens Law Reilly und seine Geliebte, Hope Carson. Ein schönes Pärchen – blutrünstige Gewaltmenschen, alle beide. Vor nicht einmal einem Monat haben sie ein Mädchen umgebracht. Er hat sogar die Dreistigkeit besessen, die Leiche der Frau auf seinem eigenen Grundstück liegen zu lassen und sich dann irgendeine abenteuerliche Geschichte auszudenken, die ihm unser Sheriff hier auch noch abnimmt. Und sie haben einen Deputy umgebracht. Aber niemand unternimmt etwas.«
»Das reicht«, sagte Nielson.
»Und sie haben …«
»Das reicht .« Nielson kam hinter seinem Schreibtisch hervorgelaufen und stürzte auf Deb zu. Für gewöhnlich ließ er sie gewähren, schließlich richtete sie keinen Schaden an. Zwar war sie eine Tratschtante vor dem Herrn mit einem ziemlich ausgeprägten Bedürfnis nach Aufmerksamkeit, aber alles hatte seine Ordnung, solange sie diese auch bekam.
Doch das, was in diesem Augenblick gerade passierte, war nicht einfach nur bösartig – es war auch gefährlich und grausam zugleich.
Er sah die Wut, die in Nia Hollisters Blick aufblitzte, war sich jedoch nicht sicher, ob Deb es überhaupt bemerkte.
Wut … und Trauer. Eine ganz schlechte Mischung.
Er starrte in Debs nahezu farblose Augen. »Ich wiederhole, das reicht . Sie überschreiten nicht nur mehrere Grenzen, Sie kommen gefährlich nah an den Tatbestand der Verleumdung.«
»Oh nein, sicher nicht. Ich habe ein Recht auf meine private Meinung.«
»Nicht, wenn Sie diese als Tatsache darstellen. Und das tun Sie gerade. Es gibt keine Beweise, verdammt noch mal. Wir haben sogar Hinweise auf das genaue Gegenteil«, knurrte Nielson und schob sich zwischen Deb und Nia.
Er spürte Nias Blick im Nacken, doch versuchte, nicht weiter darauf zu achten. Nun galt es erst einmal diese alte Schlange aus seinem Büro zu schaffen, bevor sie noch mehr Ärger machte. Was zum Teufel hatte Law getan, um sie so gegen sich aufzubringen?
»Wenn Sie jetzt wohl die Güte hätten. Wir besprechen das ein andermal.«
Entrüstet und mit zusammengekniffenen Augen blickte Deb ihn an. »Warum sind Sie so unvernünftig, Sheriff Nielson?«
»Weil das nichts mehr mit Vernunft zu tun hat«, fuhr er sie an. »Und das Thema ist jetzt durch. Entweder entfernen Sie sich auf der Stelle aus meinem Büro oder ich lasse Sie entfernen, Miss Sparks. Meine Geduld ist nun endgültig erschöpft.«
Und ohne eine Antwort abzuwarten, drehte er sich um und wartete darauf, sie mit ihren festen, zweckmäßigen Halbschuhen über den Fußboden trippeln zu hören, während Nia Hollister mit zusammengekniffenen Augen neben ihm stand und ihn eingehend von der Seite musterte.
Der Ausdruck auf ihrem fein geschnittenen, ovalen Gesicht war nicht zu deuten. Sie hatte zwar dunkle Ringe unter den Augen, ließ jedoch keine Gefühlsregung erkennen.
Sie konnte ein verdammt gutes Pokerface aufsetzen.
Fast schon zu gut.
Und genau aus diesem Grund schrillten bei ihm alle Alarmglocken. Gerade das bereitete ihm Kopfzerbrechen. Sie fraß alles in sich hinein, und nach dem, was sie durchgemacht hatte, konnte das nicht gut sein.
»Sie müssen sie entschuldigen«, sagte er leise. »Sie regt sich gern auf, und manchmal geht es dabei um Dinge, denen man nicht so viel Aufmerksamkeit schenken sollte.«
»Sie hat von meiner Cousine geredet«, antwortete Nia ruhig. Sie hatte einen noch stärkeren Dialekt, als er in Ash gesprochen wurde, viel langsamer und gedehnter, was einfach hinreißend klang.
Nia kam aus Virginia, rief er sich in Erinnerung, Williamsburg, um genau zu sein.
Da er ihr keine Antwort gab, hob sie eine ihrer schwarzen Augenbrauen und schaute ihn mit
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