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Stille Kuesse sind tief

Stille Kuesse sind tief

Titel: Stille Kuesse sind tief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Mallery
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schaute an ihr vorbei. „Sie haben mir nicht geglaubt“, erklärte sie tonlos. „Ich hörte, wie er mit den Cops gesprochen hat. Der Kerl hat doch tatsächlich gelacht und gemeint, sie sollten mich doch mal anschauen und dann ihn. Ob es wohl auch nur einen Menschen geben würde, der nicht glaubte, dass ich ihn bitten müsste, ehe er sich dazu herabließe, es mit mir zu treiben?“
    Sie richtete ihren Blick wieder auf Annabelle. „Die Polizei hatte meine Mutter angerufen. Als sie eintraf und ihn sah, erklärte sie mir, es gehöre sich nicht, einem Jungen erst Hoffnung zu machen und ihn dann abzuweisen. Und ich solle gefälligst keine Lügen erzählen.“
    Charlies Miene hatte sich während ihres Berichts nicht verändert. Abgesehen von dem angespannten Zug um ihren Mund gab es keinen Hinweis darauf, dass etwas nicht in Ordnung war. Doch Annabelle konnte die Wahrheit erraten. Dass Charlie am Boden zerstört gewesen war, so wie jeder andere es auch gewesen wäre. Aber der Schmerz war noch schlimmer geworden, weil niemand für sie Partei ergriffen hatte, nicht einmal ihre Mutter, der Mensch, dem sie naturgemäß am meisten vertrauen sollte.
    „Es tut mir leid“, flüsterte sie.
    „Ja? Mir auch.“ Charlie griff nach ihrem Burger, legte ihn aber sofort wieder weg. „Ich sage mir immer, dass es schon endlos lange her ist. Dass ich darüber hinweg bin. Und das bin ich auch … in gewisser Weise. Aber das ist der Grund, warum ich mich nie verabrede.“
    „Du hast Angst, jemandem zu vertrauen.“
    „Einem Mann“, korrigierte Charlie sie. „Meinen Freundinnen vertraue ich.“
    Annabelle hob die Augenbrauen. „Und trotzdem willst du dich mit keiner von uns einlassen?“
    Charlie grinste. „Ist das ein Angebot?“
    „Nein, aber ich könnte mich mal umhören.“
    „Nein, danke.“
    „Hast du dich seit dem Vorfall mit niemandem mehr verabredet?“
    „Ganz selten. Aber es geht nie über das Anfangsstadium hinaus.“ Charlies Lächeln schwand. „Wobei die Typen ja auch nicht gerade Schlange stehen, um mit mir auszugehen.“
    „Das liegt daran, dass du ihnen deutlich zu verstehen gibst, dass du kein Interesse daran hast.“ Annabelle grübelte über das nach, was Charlie ihr erzählt hatte. „Das heißt, du hast seitdem, äh, nicht mehr, na ja, du weißt schon?“
    Charlie schüttelte den Kopf. „Warum hätte ich es tun wollen? Es war grässlich. Alles, was an jenem Abend passiert ist, war erschreckend. Und es ist ja auch nicht so, dass ich es vermisse.“
    Nur dass sie jetzt doch leicht sehnsüchtig klang.
    Annabelle berührte ihre Hand. „Du bist die stärkste Frau, die ich kenne, Charlie. Und die mutigste. Du kannst nicht zulassen, dass dieser Mistkerl gewinnt.“
    „Tut er doch gar nicht.“
    „Oh, doch. Du hast seinetwegen einen wichtigen Teil deiner Persönlichkeit abgeschottet. Vielleicht willst du nicht heiraten und Kinder bekommen, aber du schuldest es dir selbst, das erst einmal herauszufinden. Dort draußen gibt es viele nette Männer.“
    „Kannst du dir vorstellen, dass ich mit so einem Mann zusammenkomme?“
    „Offen gestanden glaube ich, dass es eine sehr gute Idee wäre, ja.“
    „Er gewinnt nicht“, wiederholte Charlie, aber jetzt klang sie schon nicht mehr so sicher. „Ich weigere mich, ihn gewinnen zu lassen.“
    „Das hört sich schon besser an“, sagte Annabelle zu ihr. „Hast du schon mal darüber nachgedacht, dir professionelle Hilfe zu holen?“
    Charlie verdrehte die Augen. „Eine Therapie? Wohl kaum. Da versuche ich lieber, meine Probleme an einem Punchingball abzuarbeiten.“
    „Oder an dem entsprechenden Typen?“
    „Das ist er gar nicht wert.“ Charlie seufzte. „Du hast recht. Seit Jahren habe ich den Vorfall verdrängt. Wahrscheinlich muss ich das jetzt wirklich endlich mal aufarbeiten, damit ich nach vorn schauen kann.“
    „Kann ich dir dabei irgendwie helfen?“
    „Das tust du schon, indem du mir zuhörst. Danke.“
    Annabelle nickte und wandte sich wieder ihrem Salat zu. Auch wenn sie keinen Appetit mehr hatte, wusste sie, wenn sie nichts aß, würde Charlie mit ihr schimpfen.
    Es war schrecklich, was ihrer Freundin zugestoßen war, aber sie war froh, dass sie jetzt die Wahrheit kannte. Sie erklärte auch Charlies Verhalten in gewissen Situationen und vor allem in Bezug auf Männer. Es war noch ein langer Weg, bis Charlie wieder Vertrauen zu Männern fassen würde und normal leben konnte. Doch Annabelle war zuversichtlich, dass sie es schaffen würde und dass

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