Stille Kuesse sind tief
bin, hab ich mein Hauptfach gewechselt, meinen Abschluss gemacht, und jetzt bin ich Mathelehrer.“
„Hört sich so an, als würde dir das Unterrichten Spaß machen.“
„Ja, stimmt. Ich unterrichte unterschiedliche Klassen, das heißt sowohl die Abschlussklassen, die sich mit Differenzialrechnung beschäftigen, als auch mit Kindern, die kaum eins und eins zusammenzählen können. Beides macht Spaß, wenn auch auf unterschiedliche Weise.“
„Also nicht nur die cleveren Kids?“
Kent zuckte mit den Schultern. „Die werden ihren Weg auf jeden Fall machen, egal, wer sie unterrichtet. Aber diejenigen, die Probleme haben, die brauchen michwirklich. Wenn ich ein Kind, das Mathe hasst, dazu bringen kann, ein paar grundlegende Dinge zu begreifen, dann geht ihm oder ihr ein Licht auf. Plötzlich erkennen sie, dass sie sehr wohl etwas zustande bringen können, was schwierig ist. Es ist ja nicht unbedingt so, dass sie dümmer sind als andere, sondern dass niemand sich die Zeit genommen hat, ihnen zu helfen. Wenn aber erst mal ein Fundament gelegt ist, dann steht ihnen die Welt offen.“
Kent rutschte ein wenig verlegen auf seinem Platz hin und her. „ ʼ tschuldigung, hab mich wieder mal hinreißen lassen.“
„Beeindruckend“, meine Shane jedoch. „Du bist einer von den Lehrern, den jeder gern hätte.“
„Mir macht das, was ich tue, Spaß. Im Frühjahr arbeite ich als Assistent des Baseballtrainers, allerdings nur in Teilzeit. Mathe ist mein Ding.“ Er blickte hinunter zum Spielfeld, wo die Spieler sich warm machten, bevor er Shane wieder ansah. „Zu schade, dass man als Mathelehrer nicht unbedingt als Frauenschwarm gilt.“
Shane grinste. „Ist das wirklich ein Problem? Ich dachte, es gäbe so viele alleinstehende Frauen in Fool ʼ s Gold? Das hört man doch immer wieder. Da müsste es doch ganz einfach sein, eine zu finden.“ Obwohl er selbst eigentlich nur an einer einzigen interessiert war. Nur leider war an Annabelle nichts einfach.
„Mag sein.“ Kent trank noch einen großen Schluck Bier. „Aber ich hab nicht wirklich Interesse daran, mich zu verabreden. Ich war nämlich schon mal verheiratet.“
„Ach, ich auch“, meinte Shane leise. „Scheidungen sind echt das Letzte, oder?“
„Wem sagst du das. Meine Eltern haben sich geliebt – bis zu dem Tag, als mein Dad gestorben ist. Alle meine Schwestern sind glücklich verheiratet. Und Ethan auch. Der einzige Grund, warum Ford keine perfekte Frau hat, liegt an dem Umstand, dass er in der Armee ist und ständig umherreist. Sonst, da bin ich mir ganz sicher, wäre er auch schon verheiratet und hätte eine Horde Kinder. Jetzt hat sogar Mom Max gefunden. Ich bin der Einzige, bei dem es nicht mit einer Beziehung klappt.“
Shane hätte ihn gern getröstet, war dazu jedoch leider nicht in der Lage. Immerhin war er selbst nicht gerade ein Experte in Sachen Beziehungen.
„Du hast doch einen Sohn“, meinte er stattdessen. „Das ist doch was.“
Kent nickte. „Reese ist toll. Ich kann mich wirklich glücklich schätzen, ihn zu haben. Es ist nur …“
Er sah sich um, als wollte er sicherstellen, dass die anderen sich auf ihre eigenen Unterhaltungen konzentrierten. „Es ist jetzt über ein Jahr her, und ich vermisse sie noch immer, weißt du?“
„Deine Ex?“
„Ja. Lorraine war die Richtige, und jetzt ist sie weg. Ich denke immer, sie wird wiederkommen. Dass sie irgendwann feststellt, dass sie uns braucht. Aber natürlich mache ich mir da nur was vor. Sie braucht niemanden. Für Reese ist es besonders hart.“
„Sieht er seine Mom denn mal?“
Kent schüttelte den Kopf. „Sie hat uns verlassen. Sie lebt nicht hier in der Gegend und ruft auch nie an. Obwohl er nicht viel dazu sagt, bin ich sicher, dass er sie vermisst.“
Shane fluchte leise. Wie konnte eine Frau das ihrem eigenen Kind antun?
„Hast du dich seitdem mit anderen Frauen verabredet?“, fragte er.
„Nein.“ Wieder zuckte Kent resigniert mit den Schultern. „Meine Mom drängt mich ständig, und auch meine Schwestern machen hin und wieder dezente Bemerkungen. Sogar Reese meint, ich sollte mich anderweitig orientieren. Aber warum? Damit ich mit einer Frau ausgehen kann, die mich nicht interessiert? Wo liegt da der Sinn?“
Der Sinn bestand darin, alte Wunden zu heilen und sein Leben weiterzuleben.Kent klang so, als wäre er noch fest mit der Vergangenheit verbunden, und das war nie gut.
Sicher, auch Shane hatte eine harte Scheidung durchgemacht, aber er hatte sein
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