Stille Kuesse sind tief
lächelte sie an. „Das liegt nicht mehr in seiner Entscheidungsgewalt. Die Unterlagen werden in diesem Augenblick persönlich zum Gericht gebracht. Sobald sie dort eingegangen sind, sollte es nur noch ein paar Tage, höchstens eine Woche dauern, bis die Scheidung rechtskräftig ist.“ Ihr Lächeln schwand. „Sie haben doch wohl seit Ihrer Scheidung nicht wieder geheiratet, oder?“
„Nein!“
„Dann gibt es keine Probleme.“
Es gibt diverse Probleme, dachte Annabelle, als Trisha ein paar Tasten auf ihrem Computer anklickte und den Drucker anwarf. Das größte war, dass sie noch immer mit dem Mann verheiratet war, den sie eigentlich nie hatte wiedersehen wollen. Das zweitgrößte Problem stellte Shane dar und was er wohl von ihr dachte. Von wegen, in ihrem Leben gäbe es kein Drama. Zurzeit gab es reichlich davon.
„Ich frage mich, wie er es wohl herausgefunden hat“, sagte sie mehr zu sich selbst als zu Trisha. „Und warum er hergekommen ist, statt über die Anwälte mit mir Kontakt aufzunehmen?“
„Sie sind diejenige, die die Scheidung beantragt hat.“
„Woher wissen Sie das?“
„Jahrelange Erfahrung. Sie sind zu mir gekommen, nicht er. Wenn er aufgebracht gewesen wäre, hätte er exakt so gehandelt, wie Sie eben gesagt haben. Er wäre zu seinem Anwalt gegangen, damit der sich um die Sache kümmert. Sie hätten dann schriftlich davon gehört. Hat er versucht, Sie von der Scheidung abzubringen?“
„Ja, anfangs“, gab Annabelle zu. „Er konnte überhaupt nicht verstehen, warum ich ihn verlassen wollte.“
„Wenn die Frau geht, dann sind die Männer immer überrascht. Außerdem finden sie es lästig, wenn sie plötzlich für sich selbst sorgen müssen. Geschockt stellen sie dann fest, dass die sauberen Sachen nicht wie von Geisterhand wieder im Schrank liegen. Und ein Abendessen kocht sich merkwürdigerweise auch nicht von allein.“ Trisha zuckte mit den Schultern. „Nicht dass Sie glauben, ich sei verbittert oder so.“
„Ich sehe schon.“
„Sagen wir einfach, ich habe reichlich Erfahrung, was die Ehe anbelangt. Inzwischen finde ich es sehr viel angenehmer, einen Liebhaber statt eines Ehemannes zu haben. Das ist vom juristischen Standpunkt aus betrachtet sehr viel weniger kompliziert.“
Sie setzte ihre Lesebrille auf, stand auf und ging zum Drucker. „Hier sind die Kopien von Ihrer Scheidungsvereinbarung.“ Sie blätterte die Seiten durch. „Ich verstehe. Sie wollten wirklich nichts als raus aus dieser Ehe, was? Keine Unterhaltszahlungen, keine Aufteilung der Vermögenswerte.“ Trisha blickte sie über die Brillengläser hinweg an. „Hatten Sie einen Anwalt?“
„Ja, und ich war mit dieser Vereinbarung einverstanden. An Lewis ʼ Geld hatte ichkein Interesse. Er hat es verdient, nicht ich.“
„Sie haben ihm aber dabei geholfen, es zu verdienen. Sie hätten zumindest einen kleinen Prozentsatz davon beanspruchen können.“
„Nein, danke“, erwiderte Annabelle. „Lieber bin ich geschieden. Wir haben keine Kinder, und ich kann für mich selbst sorgen.“
„Verstehe. Eine Frau mit Prinzipien. Wie ärgerlich.“ Sie reichte Annabelle die Unterlagen. „Schreiben Sie mir unbedingt eine Telefonnummer auf, unter der ich Sie erreichen kann. Sobald das Gericht die Scheidung bestätigt hat, melde ich mich bei Ihnen.“
Die Fool ʼ s Gold Mountaineers waren eine Baseballmannschaft der A-Liga, die eine durchaus vorzeigbare Gewinnbilanz vorzuweisen hatte. Jedenfalls schloss Shane das aus den Kommentaren, die er hörte, als er mit Rafe in der Warteschlange vor der Ticketkasse stand. Es war ein eher kleines Stadion, das allerdings erst vor Kurzem renoviert worden war, und obwohl es mitten in der Woche war, hatten sich eine Menge Leute eingefunden, um das Spiel anzuschauen.
„Ich hab dir doch schon gesagt“, meinte Rafe und drängte Shane weiter Richtung Kasse, „es wird dir guttun.“
„Ich habe keine Zeit für ein Baseballspiel. Ich muss arbeiten.“
„Du bläst ständig Trübsal. Du musst mal raus.“
„Lass mich in Ruhe.“
Shane hätte seinen Bruder gern noch härter angepflaumt, aber es standen zu viele ältere Damen um ihn herum, ganz zu schweigen von den Kindern und den anderen Leuten, die es sicherlich nicht so gern sehen würden, wenn er in der Öffentlichkeit laut fluchte.
Verdammt, wieso bin ich nur so gut erzogen worden, dachte er mürrisch.
„Sie hat schon mit der Anwältin gesprochen und dafür gesorgt, dass die Papiere ans Gericht geschickt werden“,
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