Stille Sehnsucht
Zwillinge zu beschützen, bis die von Liam identifizierten Gangmitglieder im Knast saßen.
„Ich würde ihn am liebsten auf den Mond schießen“, gab Niko nach einer Weile zu und Mikael grinste erneut.
„Das merkt man. Vielleicht solltest du mal aufhören, immer mit einem roten Wutnebel vor deinen Augen herumzulaufen, sobald der Detective in deinem Sichtfeld auftaucht.“
„Willst du uns verkuppeln, oder was?“, fragte Niko angesäuert.
„Er ist zumindest eine angenehmere Gesellschaft als diese Jungs, mit denen du dich zuletzt herumgetrieben hast“, konterte Mikael lässig und Niko sah ihn sprachlos an, worauf sein Bruder erneut mit den Schultern zuckte. „Sei nicht böse, aber du bist zu intelligent, als dass Typen wie dieser Sportler, mit dem du damals ausgegangen bist, oder der Geschichtsstudent letztes Jahr, auf Dauer mit dir mithalten könnten.“
Niko schluckte. Mikael wusste eine ganze Menge über sein Liebesleben. „Woher weißt du von den beiden?“
Mikael verdrehte die Augen. „Ich bin nicht blind. Außerdem hast du dich oft aus ihren Betten geschlichen und bist zur Arbeit gekommen, ohne zu duschen.“
Niko lief rot an, er spürte es. „Mikael...“
„Wie schon gesagt, ich bin weder blind noch dumm“, winkte Mikael schmunzelnd ab.
„Lassen wir das Thema lieber“, murmelte Niko und war froh, als sein Bruder lachte und dabei zustimmend nickte. „Mik? Denkst du das wirklich? Dass Johnson mit mir mithalten kann?“
„Tyler ist älter, erfahrener und im Gegensatz zu all deinen anderen Betthüpfern, hat er kein Problem damit, dir Wiederworte zu geben. Du brauchst einen Partner, der dir gewachsen ist, und nicht diese halben Kinder, mit denen du seit Jahren ins Bett steigst.“
Zwei Stunden später war Niko immer noch beleidigt. Er hatte sich schon öfters mit Mikael gezankt, aber noch nie wegen Männern. Beziehungsweise darüber, welche Sorte Niko in sein Bett nahm. Halbe Kinder, von wegen. Keines dieser sogenannten Kinder hatte sich beschwert, unter ihm zu liegen. Außerdem waren sie erwachsen gewesen. Na gut, ein paar erst seit wenigen Tagen, aber erwachsen blieb erwachsen. Zumindest war Niko bislang der Ansicht gewesen. Mikael schien das jedoch anders zu sehen und das ärgerte ihn. Es ging seinen Bruder nicht das Geringste an, ob er mit jungen Hüpfern oder Kerlen wie Johnson ins Bett stieg.
„Welche Laus ist dir denn über die Leber gelaufen?“, fragte Kilian, als er in Noahs Zimmer zurückkam, wo von seinem Bruder nichts zu sehen war, wie Niko nach einem schnellen Rundblick erleichtert feststellte.
Niko winkte ab. „Kleine Meinungsverschiedenheit.“
„Mit wem?“ Tristan musterte ihn interessiert.
Zu einer Antwort kam Niko jedoch nicht, weil die Tür aufging und Johnson ins Zimmer trat. Das tat er jeden Tag, um sich zu erkundigen, ob es bei Noah Neuigkeiten gab oder jemand von ihnen etwas brauchte. So mürrisch und raubeinig Johnson auf den ersten Blick meist wirkte, er kümmerte sich um die Leute, mit denen er zu tun hatte, und das weit mehr, als er gemusst hätte. Aber es gab nichts Neues zu berichten und das sagte Tristan dem Bullen, worauf Johnson nickte und seine blauen Augen durchs Zimmer streifen lief. Sie blieben auf ihm hängen und Niko zog warnend die Brauen hoch. Wehe, wenn Johnson vor seiner Familie einen dummen Kommentar von sich gab.
„Schlecht geschlafen?“
Verflixt und zugenäht. Niko war sofort noch wütender als zuvor. „Geht Sie das was an, Johnson?“, zischte er und wurde prompt von allen Seiten verdutzt angesehen. Niko ignorierte die Blicke störrisch und nahm einen der Besucherstühle in Beschlag, wofür er sofort die Quittung bekam, denn sein Hinterteil nahm ihm das Hinsetzen ziemlich übel.
„Niko?“ Colin war sein schmerzhaftes Einatmen nicht entgangen.
„Heilsalbe soll helfen, habe ich gehört“, sagte Johnson trocken und machte kehrt.
Als Niko sich von dem Schock erholt hatte, war die Tür bereits hinter Johnson zugefallen, was dessen Glück war, sonst wäre er dem Bullen an die Gurgel gesprungen. Was bildete der Kerl sich ein? Bis zu dieser Sekunde hatten sie ihr Techtelmechtel hinter verschlossenen Türen und im Verborgenen geführt, und das aus gutem Grund. Wie sah es wohl für Noahs Familie aus, wenn er mit jenem Cop ins Bett stieg, der für den Schutz der Zwillinge abgestellt war? Es war schlimm genug, dass sein Bruder zwei und zwei zusammengezählt hatte. Dem Rest der Familie hatte Niko eigentlich nicht auf die Nase binden
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