Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stille Wasser sind toedlich

Stille Wasser sind toedlich

Titel: Stille Wasser sind toedlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlie Higson
Vom Netzwerk:
hatte sich an die Spitze einer kleineren Verfolgergruppe gesetzt. Vielleicht war Hellebore mit dabei? Die Läufer waren allerdings zu weit weg, als dass man einzelne Personen ausmachen konnte … Oder war es möglich, dass Hellebore tatsächlich ganz vorne lief? Was, wenn er im Alleingang vorweggestürmt war?
    James wusste, dass sie den schwierigsten Teil der Strecke hinter sich hatten, daher konnte er es riskieren, das Tempo ein wenig anzuziehen. Also quälte er sich voran, zog an schwer atmenden Läufern vorbei, bis er Carlton erreicht hatte. Der drehte den Kopf zur Seite und schnitt eine Grimasse, die besagen sollte: Das ist eine echte Schinderei, nicht wahr?
    »Hast du Hellebore gesehen?«, keuchte James.
    Carlton schüttelte den Kopf.
    »Ist irgendeiner vor uns?«, fragte James.
    »Bin nicht sicher«, stieß Carlton hervor. »Denke nicht.«
    Es gab nur einen Weg, es herauszufinden. James beschleunigte seine Schritte noch mehr und bald ließ er die anderen hinter sich. Jetzt war er ganz allein auf sich gestellt. Er rannte schneller, als er es eigentlich geplant hatte. Und dass, obwohl er sich eine Kraftreserve aufsparen musste für die lange, gerade Schlussetappe bis zur Ziellinie. Aber wo war Hellebore? James verfluchte sich, dass er nicht genauer auf die anderen Läufer geachtet hatte.
    Keuchend rannte er den nächsten, gnädigerweise nicht ganz so steilen Hügel hoch. An dieser Stelle beschrieb der Pfad einen weiten Bogen und seit Parson’s Hill verlief die Laufstrecke parallel zu einem langen, hohen Hügelkamm. Plötzlich sah James, wie sich etwas rechts hinter den Büschen bewegte. Etwas Weißes blitzte auf, dann war es auch schon verschwunden. Hatte er gerade einen Jungen gesehen? War es ein anderer Läufer gewesen? Gewiss nicht. Bestimmt hatte er sich das nur eingebildet.
    Mit hohem Tempo nahm James eine enge Wegbiegung, die auf beiden Seiten von einer steilen Böschung begrenzt wurde. Und da sah er ihn. Direkt vor ihm lief Hellebore! Aber wie war das möglich, dass er, James, ihn so rasch eingeholt hatte? Wenn George bereits vorher diesen Weg gelaufen wäre, hätte James ihn doch viel früher sehen müssen.
    Es gab nur eine Erklärung.
    Hellebore hatte betrogen und eine Abkürzung genommen, statt den steilen Abstieg von Parson’s Hill zu wagen. Er hatte sich heimlich seitwärts in die Büsche geschlagen, als die anderen Läufer sich abmühten, nicht den Abhang hinunterzurutschen, und nicht auf ihn achteten. James trat auf heruntergefallene Zweige und Fallholz. Das laute Knacken machte Hellebore auf ihn aufmerksam. Der Amerikaner drehte sich um und wirkte sehr überrascht, dass James unmittelbar hinter ihm war.
    In geringer Entfernung sah James einen Streckenposten stehen. Wenn Hellebore tatsächlich eine Abkürzung genommen hatte, musste der Junge das mitgekriegt haben. Beim Näherkommen stellte James zu seiner Enttäuschung fest, dass es sich um Wallace handelte. Zufrieden grinsend stand er da und kratzte sich an seinem großen, quadratischen Kopf.
    Plötzlich blieb Hellebore stehen und presste die Hand auf die Brust. James drosselte das Tempo.
    »Alles okay mit dir?«, rief er.
    »Stiche«, japste Hellebore. »Es geht gleich wieder.«
    James rannte weiter. Falls Hellebore getrickst hatte, war er nicht sehr weit damit gekommen. James grinste, aber seine Freude währte nur kurz. Er hatte bei seinem Vorpreschen viel Energie verbraucht und jetzt fühlte er sich völlig ausgelaugt. Sein Körper, der vor kurzem noch beinahe schwerelos gewesen war, kam ihm jetzt wie totes Gewicht vor. Aber was spielte das schon für eine Rolle? Immerhin lag er in Führung. Er konnte es ruhig etwas langsamer angehen lassen, denn alle anderen kamen nach ihm und Hellebore hatte, wie es schien, ganz aufgegeben.
    James machte lange, leichte Schritte. Als er das dichte, hohe Geäst hinter sich ließ und zu einer kleinen Lichtung kam, spürte er die warme Sonne auf seinem Rücken. Die Blätter der Bäume funkelten leuchtend gelb und golden und der Himmel über ihm erstrahlte in einem wunderschönen klaren Blau. Er streckte sein Gesicht empor und atmete die samtweiche Luft ein … Da sah er es wieder: etwas Weißes, das ganz kurz aufblitzte. James blieb stehen und spähte zwischen die Bäume.
    Es war Hellebore! Schon wieder hatte er abgekürzt. Der Pfad machte an dieser Stelle einen weiten Bogen um eine Anhöhe herum, aber Hellebore war mitten durch das Unterholz gepflügt und hatte sich die große Kurve gespart. Also hatte er nur

Weitere Kostenlose Bücher