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Stille Wasser sind toedlich

Stille Wasser sind toedlich

Titel: Stille Wasser sind toedlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlie Higson
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so getan, als hätte er Seitenstechen. In Wirklichkeit sollte James nur nicht mitbekommen, wie er den vorgeschriebenen Weg verließ.
    Der Einzige, der Bescheid wusste, war Wallace.
    James dachte nach. Was sollte er jetzt tun? Der Ehrenkodex der Schule verbot es ihm, Hellebore ohne Beweis des Betrugs zu bezichtigen. Der einzige Zeuge war Wallace und der würde alles leugnen.
    Verdammt. Es war nicht fair.
    James drehte sich um und rannte den Weg zurück. Es dauerte nicht lange und er sah Carlton, der ganz allein lief. James wartete auf ihn. Carlton wurde langsamer, blieb dann dankbar neben James stehen und stützte sich mit den Händen auf den Knien ab. »Was ist los?«, fragte er mit heiserer Stimme.
    »Es geht um Hellebore«, sagte James. »Er betrügt. Ich habe gesehen, wie er den Hügel hinunter eine Abkürzung genommen hat.«
    »Typisch.« Carlton streckte sich und blickte suchend zwischen die Bäume. »Er will um alles in der Welt gewinnen, ganz gleich, wie. Also ist die Sache gelaufen«, stieß er hervor. »Den holen wir nicht mehr ein.«
    »Ich könnte es«, sagte James. »Wenn ich den gleichen Weg nehme, hole ich ihn vielleicht ein … Aber das wäre dann ebenfalls Betrug.«
    »Nicht unbedingt«, sagte Carlton mit einem schiefen Grinsen. »Du hattest das Rennen doch bereits in der Tasche, Bond. Ich hätte dich nie im Leben eingeholt, wenn du nicht zu mir zurückgelaufen wärst.« Carlton lächelte. »Mach dich auf die Socken. Dieser fiese Schwindler verdient es nicht anders.«
    »Bist du sicher?«
    »Lauf los … ich kläre die Sache mit den anderen. Wir sehen uns hinter der Ziellinie.«
    James holte tief Luft und sprang mit einem Satz zwischen die Büsche. Schmerzen und Müdigkeit waren auf einmal wie weggeblasen.
    Jetzt gab es keinen Pfad mehr, dem man folgen konnte; James musste sich durch Gestrüpp und über Gestein und abgestorbenes Geäst vorarbeiten. Es war eine völlig verrückte Hetzjagd den Abhang hinunter. Einmal kam er ins Straucheln und kullerte kopfüber in ein Brennnesselgebüsch. Sein Gesicht und seine Arme brannten höllisch, doch das alles spürte er kaum. Alles, woran er denken konnte, war, Hellebore einzuholen.
    Eine Minute später erreichte er bereits den Pfad. Er hatte ein gutes Stück Weg abgekürzt – aber wo war Hellebore?
    Da war er! Ein paar hundert Yard vor ihm. Gleich würde Hellebore den Wald hinter sich lassen und das offene Gelände erreichen, wo sich die Ziellinie befand.
    Für einen Augenblick überkam James eine schreckliche Schwäche. George hatte zwei Etappen der Strecke ausgelassen und sich daher viel weniger angestrengt als James, der zudem ja auch noch zu Carlton zurückgelaufen war.
    Also gut, das hier war dann ja wohl die eigentliche Prüfung. Die Frage lautete: Konnte er George noch einholen?
    Auf keinen Fall würde er jetzt aufgeben. Einen Versuch war es wert.
    James zwang sich schneller zu laufen und tiefer zu atmen, damit sein Herz das Blut noch rascher in die schmerzende Muskulatur pumpen konnte. Die Beine spürte er kaum noch, sie waren wie Gummi und schienen keine Verbindung zu seinem Körper mehr zu haben. Er hatte Angst, dass sie ihm den Dienst versagen und völlig wegknicken würden.
    Noch nie in seinem Leben hatte James sich so geschunden. Kein noch so hartes Training hätte ihn auf das hier vorbereiten können. Sein Körper schrie förmlich »Aufhören!« und zeigte ihm, dass er nicht mehr weitermachen konnte, dass alle Kraft aufgebraucht war. Aber sein Verstand befahl ihm, weiterzumachen und nicht auf diesen dummen Körper zu hören.
    Er konnte es schaffen.
    Hellebore hatte fast den Waldrand erreicht. Aber auch er war müde. Er wurde immer langsamer, seine Schritte wurden unsicherer.
    Mit zusammengebissenen Zähnen nahm James die letzte Senke in Angriff. Von irgendwoher bezog er noch die Kraft, weiterzumachen. Es war, als würde er eine unsichtbare Barriere durchbrechen: Mit einem Mal sprintete er los und seine Füße glitten förmlich über den Boden.
    Er würde es tun. Er würde Hellebore überrunden.
    Nun endlich, viel zu spät, bemerkte Hellebore, dass er verfolgt wurde. Er drehte sich um. Sein rotes Gesicht verzerrte sich vor Angst und Wut. James rannte und rannte. Nichts konnte ihn aufhalten. Jetzt war er gleich auf und dann überholte er Hellebore. Voller Zorn und Enttäuschung versuchte Hellebore James zu Fall zu bringen, indem er ihm ein Bein stellte. Aber James’ Sinne waren geschärft und so machte er einfach einen Satz über Hellebores Fuß

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