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Stille Wasser sind toedlich

Stille Wasser sind toedlich

Titel: Stille Wasser sind toedlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlie Higson
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lässt das Pedal wieder los.«
    James befolgte die Anweisungen und mehr durch Zufall gelang ihm tatsächlich ein geschmeidiger Wechsel in den zweiten Gang. »Guter Junge«, lobte ihn Max. »Langsam hast du den Dreh raus.«
    In diesem Moment würgte James den Motor ab und sie kamen ruckelnd mitten auf der Weide zum Stehen, wo ein einzelnes Schaf gedankenverloren vor sich hin kaute.
    Sie hörten jemanden rufen und drehten sich um. Charmian kam über die Wiese gelaufen.
    »Setz mir ja nicht das Leben des Jungen aufs Spiel, hörst du?«, sagte sie vorwurfsvoll zu ihrem Bruder.
    »Er ist ein Naturtalent«, erwiderte Max und stieg ungelenk aus dem Wagen.
    »Wie fühlst du dich?«, fragte Charmian.
    »Ich habe mich nie besser gefühlt.«
    »Wie wär’s dann mit einem kleinen Spaziergang?«
    »Das ist eine ausgezeichnete Idee«, sagte Max und streckte den Rücken durch. »Ich bin steif wie ein Brett.«
    »Na dann los.«
    Sie durchquerten den Wald hinter dem Haus und stiegen langsam einen kleine Anhöhe hinauf, wobei sie darauf achteten, dass es für Max nicht zu anstrengend wurde. Gerade als die Sonne unterging, traten sie aus dem Wald hinaus auf offenes Gelände.
    Ein Bussard segelte in luftiger Höhe über sie hinweg. Seine breiten, abgerundeten Schwingen sahen aus wie die Tragflächen eines Flugzeugs. Der Vogel stieß einen durchdringenden, seltsam traurig klingenden Schrei aus und flog auf seiner Suche nach Beute weiter.
    Die drei Spaziergänger blieben stehen und ließen ihren Blick über das Moor schweifen, in dem Heidekraut, Stechginster und Farne wucherten. In der Ferne sah man die Berge. Eine dünne Rauchsäule, die hinter einem Gehölz aufstieg, war das einzige Zeichen menschlicher Gegenwart.
    »Ist es nicht absurd, dass ein einzelner Mensch so viel Land besitzt?«, sagte Max. »Und doch ist es so. Dies alles gehört Lord Hellebore.«
    »Und wo ist das Schloss?«, fragte James.
    »Siehst du die Hügel dort?«, fragte Max und deutete mit seinem Spazierstock in die Richtung.
    »Ja.«
    »Dahinter liegt Loch Silverfin. Das Schloss steht mitten im See, auf einer kleinen Landzunge, die fast wie eine Insel ist. Vom Dorf aus führt eine Straße dorthin. Aber die Leute vom Schloss wollen mit uns Normalsterblichen nichts zu tun haben. Sie bleiben unter sich und haben fast so etwas wie eine eigene kleine Ortschaft errichtet.«
    James dachte an George Hellebore. Es war, als sei ihrer beider Schicksal miteinander verknüpft.
    »Wir sollten besser umkehren«, mahnte Charmian. »Schließlich wollen wir heute Abend noch in den Zirkus gehen und es wird schon bald dunkel.«
    »Und kalt«, sagte Max.
    James schaute ein letztes Mal zu der Hügelkette in der Ferne und fasste einen Entschluss.
    Sobald sich die Gelegenheit dazu ergab, würde er losziehen und Hellebores Schloss unter die Lupe nehmen.

Engländer mögen wir hier nicht
     

    M ax hatte keine Lust, in den Zirkus zu gehen, und nach einem raschen Abendessen, bei dem es Kanincheneintopf gab, zog er sich in sein Schlafzimmer zurück. James bemerkte, wie schwer seinem Onkel das Treppensteigen fiel. Alles Leben schien aus ihm verschwunden zu sein. Mit den eingesunkenen Schultern und dem unsicheren Gang sah er so gebrechlich aus wie ein neunzigjähriger Mann.
     
    Später, als sie im Bentley saßen und auf dem Weg nach Kilcraymore waren, fragte Charmian James, wie sein Tag gewesen war.
    »Oh, ganz wunderbar«, antwortete er. »Autofahren macht viel Spaß.«
    »Gut. Ich hatte schon Sorge, du könntest es langweilig finden in der Gesellschaft von Erwachsenen.« Während sie sprach, hielt Charmian den Blick auf die kurvenreiche, holprige Straße gerichtet. »Max scheint sich blendend zu amüsieren. Seit ich hier bin, habe ich ihn noch nie so unternehmungslustig erlebt. Deine Ankunft hat ihn in Hochstimmung versetzt. Ich selbst bin, so fürchte ich, eine herbe Enttäuschung für ihn. Es ist mir nie gelungen seine Begeisterung fürs Angeln zu teilen.«
    Sie plauderten noch ein wenig über Max und seine Angelleidenschaft und fuhren dabei über einsame Landstraßen, die nur vor den Doppelscheinwerfern des Bentleys erhellt wurden. Einzig das sanfte Brummen des Motors war zu hören. James bewunderte Charmians Fahrkünste. Nun, da er wusste, wie viel man am Lenkrad eines Fahrzeugs zu beachten hatte, begriff er, was für eine ausgezeichnete Fahrerin sie war.
    Die Fahrt ging wie im Flug vorüber und bald darauf tauchte vor ihnen das große, gestreifte Zirkuszelt auf. Es war mit Lichterketten

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