Stille Wasser sind toedlich
Rennfahrer?«, rief James beeindruckt.
»Genau den.« Max kicherte in sich hinein. »Der hat mir gezeigt, was Sache ist, das kann ich dir sagen. Ich habe nur noch eine Staubwolke von ihm gesehen und hin und wieder blitzte sein berühmtes blauweißes Pünktchenhalstuch auf. Komm, lass uns ’ne kleine Spritztour machen.«
Max klappte eine Seite der Kühlerhaube auf und hantierte am Motor herum, dann klappte er sie entschlossen wieder zu und nahm auf dem Fahrersitz Platz.
»Er hat einen Anlasser«, sagte er und drückte auf einen Knopf. Der Aston Martin krächzte kurz, dann fing der Motor zu rattern an. In der Scheune kam James das Geräusch ohrenbetäubend laut vor.
»Komm rein!«, rief Max.
Als James einstieg, wackelte die Federung des Fahrzeugs.
»Ich habe den Wagen schon verdammt lange nicht mehr aus der Scheune geholt«, sagte Max. »Aber er springt immer, ohne zu mucken, an.«
James kam es so vor, als würde das Auto nur mühsam seine Ungeduld zügeln. Max legte den Gang ein, löste die Handbremse und los ging’s. Mit einem Satz schoss der Wagen zur Scheune hinaus. Max lenkte ihn rasant um die Hausecke und bog auf den holprigen Zufahrtsweg.
James war noch nie zuvor so schnell gefahren und anfangs war er ein wenig ängstlich. Der Wind blies ihm ins Gesicht und nach wenigen Minuten klebten Scharen toter Insekten an der Windschutzscheibe. Der Wagen wackelte und hüpfte und das Kreischen des Motors hallte von den Bäumen wider. James rechnete jeden Augenblick mit einem Unfall. Er dachte an die Worte seines Onkels und dass er auf der Rennstrecke von Brooklands mehr als einmal die Gewalt über das Fahrzeug verloren hatte. Doch es dauerte nicht lange, bis er erkannte, dass sein Onkel nicht nur genau wusste, was er tat, sondern auch ein wahrer Könner hinter dem Lenkrad war. Sein Zutrauen in Max wuchs, und als sie schließlich in die Hauptstraße des Dorfes einbogen, hatte er Gefallen an dem Ausflug gefunden. Max sah ihn grinsend an. »Vor kurzem haben sie die Geschwindigkeitsbeschränkung von zwanzig Meilen die Stunde aufgehoben«, rief er über den Motorenlärm hinweg. »Aber ich fürchte, ich werde es nicht mehr lange genug ausnutzen können. Nicht dass ich mich zuvor ernsthaft daran gehalten hätte. Einmal habe ich den Wagen auf der Umgehungsstraße von Barnet bis auf hundert hochgejagt.«
Max’ Gelächter verlor sich im Wind. Sie brausten durch Keithly und fuhren auf der Landstraße weiter nach Kilcraymore. Inzwischen war James vollauf begeistert. Und Max wirkte quicklebendig. Am Steuer war nichts mehr von seiner Schwäche und Gebrechlichkeit zu spüren, er wurde wieder zu dem glücklichen, sorglosen jungen Mann von einst.
In Kilcraymore machten sie an der Tankstelle Halt. Max befüllte den Tank und klappte die Kühlerhaube hoch, um James zu zeigen, was sich darunter befand.
»So ein Verbrennungsmotor ist schon eine tolle Sache«, sagte er und schaute bewundernd auf den öligen Metallblock. »Er wird die ganze Welt verändern.«
James besah sich die kompliziert aussehenden Fahrzeugteile.
»Wenn du mit dem Fortschritt mithalten willst«, sagte Max unvermittelt, »musst du begreifen, wie ein Auto funktioniert. Was weißt du darüber?«
»Nicht sehr viel, fürchte ich«, gestand James ein. »Ich weiß, dass man Benzin einfüllen muss, und das war’s dann auch schon.«
»Also gut. Das ist schon mal ein Anfang. Was weißt du über Benzin?«
»Dass es sehr leicht Feuer fängt«, antwortete James.
»Richtig«, sagte Max. »Genau so ist es. Dieses Auto wird dadurch angetrieben, dass Benzin explodiert.«
»Aha.«
»Ja.« Liebevoll strich Max mit der Hand über den Motor. »In der Mitte dieses Eisenklotzes befinden sich vier Zylinder. In jedem von ihnen steckt ein Kolben, und diese Kolben sorgen dafür, dass der Motor läuft. Du kannst die Zylinder nicht sehen, weil sie mit einer Metallverkleidung ummantelt sind, in der zur Kühlung Wasser zirkuliert. Siehst du, das Wasser läuft durch dieses Rohr zum Kühler.«
Max berührte den Kühlergrill vorne am Auto. »Das Wasser wird durch einen Ventilator gekühlt, und da ist der Keilriemen, der ihn antreibt. Hast du das verstanden?«
»Ich denke schon. Mir geht nur das explodierende Benzin nicht aus dem Kopf.«
»Ja, tut mir Leid, mein Junge. Da habe ich zu weit ausgeholt. Das ist das Faszinierende an Benzinmotoren, es gibt so viele verschiedene Teile und sie alle greifen auf ganz wunderbare Art ineinander. Nun, dies ist ein Viertaktmotor. Das heißt, jeder
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