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Stille Wasser sind toedlich

Stille Wasser sind toedlich

Titel: Stille Wasser sind toedlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlie Higson
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man direkt zum See.«
    »Was soll dieser Fisch da bedeuten?«, fragte Kelly stirnrunzelnd und deutete auf die Karte.
    »Das ist kein Fisch, sondern der See. Loch Silverfin. Er ist nach einem Riesenfisch aus einer schottischen Sage benannt. Dorthin ist Alfie womöglich gegangen. Der Punkt, der das Auge des Fisches markiert, ist Hellebores Schloss.«
    Kelly betrachtete das Symbol auf der Karte.
    »Da steht nicht Schloss, sondern Caisteal. «
    »Das ist schottisch. Die Karte ist schon alt. Sieh mal, hier steht sogar der gälische Name – It’Airgrid … «
    Aber Kelly hatte bereits das Interesse verloren und kickte stattdessen Steine. »Das Kartenlesen besorgst besser du«, sagte er.
    »Einverstanden«, erwiderte James und verstaute die Landkarte in seinem Rucksack. »Dann mal los.«
    Sie ließen die Ortschaft hinter sich und gingen in Richtung Moor. Der Weg schlängelte sich anfangs zwischen zerzausten Birken und Haselnusssträuchern hindurch, doch bald darauf erreichten sie freies Feld. Vor ihnen lag scheinbar endlos weites Grasland.
    »Siehst du den Turm dort drüben?«, fragte James und deutete in die Richtung. »Das ist die Ruine eines alten Klosters. Dort legen wir eine Pause ein und überlegen, wie wir weitergehen.«
    »Du bist der Boss, Jimmyboy«, sagte Kelly und schlug mit einem Stock, den er aufgelesen hatte, gegen das Gras.
    Der Boden wurde immer feuchter und Kelly beschwerte sich lautstark, weil das Wasser in seine Schuhe lief. Schließlich erreichten sie die Furt. Der Fluss war an dieser Stelle sehr breit und seicht und ging am Ufer in Morast über, daher mussten sie sich ihren Weg über Trittsteine suchen. Kelly rutschte zweimal aus und schickte ein paar deftige Flüche gen Himmel. Manchmal knöcheltief im Schlick versinkend, wateten sie weiter.
    James trug Turnschuhe, die auf festem, felsigen Untergrund ungünstig gewesen wären, hier jedoch waren sie ideal. Bei jedem Schritt auf dem weichen Boden machten sie ein schmatzendes Geräusch.
    Am Boglach Dubh – der Schwarze Sumpf – trug seinen Namen zu Recht. Das Wasser war schlammig braun und schwarze Insekten schwebten träge über der Oberfläche. James pflückte eine Hand voll Sumpfporst und zerdrückte die graugrünen Blätter in seiner Hand, die daraufhin einen kräftigen, harzigen Geruch verströmten.
    »Da, nimm«, sagte er zu dem mürrisch vor sich hin grummelnden Kelly, »und reib dich damit ein. Es ist zwar noch etwas zu früh im Jahr, aber die Mücken sind wahre Quälgeister. Das hier wird sie fern halten.«
    Kelly betrachtete die Pflanze und schnaubte.
    »Nein danke«, sagte er verdrossen. Er zwängte sich an James vorbei und stapfte weiter.
    Vierzig Minuten später erklommen sie den niedrigen Hügel, auf dem das Kloster einst stand. Es war kühl, doch Kelly schwitzte. Auf halber Strecke blieb er unvermittelt stehen, fluchte laut und spuckte auf den Boden.
    »Heiliger Strohsack«, sagte er. »Dieses Herumwandern liegt mir nicht. Ich bin noch nie im Leben so viel gelaufen. Wie weit ist es noch?«
    »Ich schätze, wir haben etwa die Hälfte geschafft«, sagte James. »Wenn wir erst einmal im Hügelland sind, wird es einfacher.«
    »Ich dachte, wir sind schon längst in diesem verfluchten Hügelland«, jammerte Kelly. »Ist das hier etwa kein Hügel?«
    »Ja, aber von jetzt ab wird der Weg steiler.«
    »Und das kannst du alles aus dieser Karte lesen?«
    »Komm weiter, ich zeig’s dir gleich.«
    Sie kämpften sich hinauf bis zur Ruine und setzen sich auf einen Teil des verfallenen Mauerwerks.
    »Sieh mal«, sagte James und breitete die Landkarte aus. »Das sind Höhenlinien. Je enger sie gezogen sind, desto steiler ist das Gelände. Pass auf, im Augenblick befinden wir uns genau hier und …«
    »Schon gut, schon gut, spar dir deinen Atem«, wehrte Kelly ab. »Wie gesagt, die Karte ist deine Angelegenheit. Wie wär’s jetzt mit einem kräftigen Schluck?« Kelly holte aus der Tüte, die er die ganze Zeit über fest umklammert hatte, eine Flasche Bier hervor.
    »Ich halte das für keine gute Idee«, meinte James lachend. »Sonst hast du nichts weiter dabei?«
    »Keine Sorge«, sagte Kelly und fischte ein Messer aus seiner Hosentasche. »Das wird mich wieder auf Trab bringen.« Mit der Messerklinge öffnete er den Verschluss der Flasche und nahm einen langen Zug.
    Anfangs schien Kellys Vorhersage auch zuzutreffen. Froh, festen, trockenen Boden unter den Füßen zu haben, marschierte er singend voran. Dazwischen gab er derbe Witze zum Besten,

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