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Stille Wasser sind toedlich

Stille Wasser sind toedlich

Titel: Stille Wasser sind toedlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlie Higson
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sich wieder bei ihnen meldete.
    Während der nächsten Stunde fuhr James die Straße auf und ab. Allmählich wuchs sein Selbstvertrauen. Nach einer Weile forderte Max ihn auf, nun einmal richtig Ernst zu machen.
    »Es ist ein schnelles Auto, James. Es muss ausgefahren werden. Drück das Gaspedal mal richtig durch. Du kannst es. Achte nur auf das Auto und auf die Straße …«
    James konzentrierte sich. Mittlerweile kannte er die Straße ganz gut. Er stellte sich die Schlaglöcher vor, denen er ausweichen musste, die Geraden, auf denen er gefahrlos beschleunigen konnte, und die Kurven, vor denen er abbremsen musste. Er stellte sich vor, er wäre auf der Rennstrecke von Brooklands, in der Startaufstellung mit den anderen Autos, angefeuert von der Zuschauermenge. Er ließ den Motor aufheulen und hörte, wie das laute Dröhnen das ganze Tal ausfüllte. Jetzt dachte er nur noch an das Auto und an die Straße. Das Schloss war vergessen und Eton war eine Million Meilen weit weg.
    James legte den ersten Gang ein und fuhr sanft an. Er schaltete schnell in den zweiten, dann in den dritten Gang, und vor der ersten Kurve schaltete er zurück. Er lächelte. Nun kam eine schöne, lange Gerade. Er legte den vierten Gang ein. Vor der nächsten Kurve schaltete er und bremste ab, dann gab er erneut Gas, um das Auto aus der Kurve zu ziehen.
    Da geschah es.
    Genau vor ihm in der Straßenmitte war ein riesengroßes schwarzes Pferd, das sich aufbäumte und wieherte und mit den Hufen in die Luft schlug. Das Auto schleuderte und James konnte dem Tier gerade noch ausweichen. Drei Meter von dem Pferd entfernt brachte er den Wagen mit quietschenden Reifen zum Stehen.
    Er blieb atemlos sitzen, sein Herz schlug bis zum Hals. Das war knapp.
    Dann drehte er sich um.
    Es war Wilder Lawless auf Martini. Das Pferd war immer noch nervös und tänzelte auf der Straße, aber Wilder brachte es dank ihrer hervorragenden Reitkünste wieder unter Kontrolle.
    »Entschuldigung«, rief James ihr zu.
    »Du hast auch allen Grund, dich zu entschuldigen«, fauchte Wilder fassungslos.
    »Hast du mich denn nicht kommen hören?«, fragte James. Er stieg aus dem Auto und ging zu ihr.
    »Und wohin, bitte, hätte ich ausweichen sollen?«
    James schaute sich um. Auf beiden Seiten der Straße befand sich dichtes, undurchdringliches Dickicht.
    »Entschuldigung«, sagte er nochmals und stellte das Mädchen seinem Onkel vor. »Was machst du überhaupt hier?«, fragte er dann und tätschelte Martinis Nase, um ihn zu beruhigen.
    »Ich wollte dich besuchen«, sagte sie. »Ich hatte allerdings nicht damit gerechnet, dass du versuchst mich umzubringen.« Damit stieg sie vom Pferd und nahm Martini am Zügel. Sie hatte sich schon wieder ein bisschen erholt und war nicht mehr so schroff. »Begleitest du mich ein Stück?«, fragte sie.
    »Sicher«, sagte James achselzuckend.
    »Ich bringe den Wagen zurück«, erklärte Max sich bereit. »Dann bis zum Abendessen.«
    Max fuhr davon und James und Wilder führten Martini die Straße entlang bis zu einer Stelle, wo ein schmaler Weg zum Wald abzweigte.
    »Kannst du reiten?«, fragte Wilder.
    »Ganz passabel«, sagte James ausweichend.
    »Du solltest gelegentlich mit mir ausreiten. Ich kann ein Pony für dich besorgen.«
    »Irgendwann mal vielleicht.«
    »Aber darüber wollte ich mit dir gar nicht sprechen«, sagte Wilder und wandte sich ihm zu. Ihre lebhaften grünen Augen glänzten vor Aufregung. »Nachdem ich euch getroffen hatte, ging ich zur Polizeistation in Keithly und sprach mit Sergeant White über Alfie Kelly.«
    »Und? Hast du irgendetwas herausgefunden?«
    »Wie es aussieht, hat Lord Hellebore das, was ich ihm an jenem Tag oben am See berichtet habe, niemals weitergegeben. Ich hatte ihm ja gesagt, dass ich glaubte, Alfie kurz vor seinem Verschwinden im Moor gesehen zu haben.«
    »Hält die Polizei das für unglaubwürdig?«
    »Oh, Sergeant White lässt nichts auf den Gutsbesitzer kommen. Er hält ihn für den Weihnachtsmann, Buffalo Bill und den heiligen Michael in einer Person.«
    »Wieso der heilige Michael?«
    »Er ist der Schutzheilige der Polizisten«, lachte Wilder.
    Sie gingen zwischen den Uferböschungen eines ausgetrockneten Flusses entlang. Das Sonnenlicht wurde von den Blättern der großen Erlen und uralten Eichen, die hier wuchsen, gedämpft.
    Geistesabwesend brach James den Zweig eines abgebrochenen Astes ab und schlug damit wie mit einem Schwert in die Luft. Martini hatte sich wieder beruhigt und trottete

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