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Stille Wasser sind toedlich

Stille Wasser sind toedlich

Titel: Stille Wasser sind toedlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlie Higson
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zufrieden hinter ihnen her; die großen Hufe erzeugten ein dumpfes Geräusch auf dem weichen Boden.
    »Als der letzte Gutsbesitzer starb, glaubte jeder, das sei das Aus für diese Stadt«, erklärte Wilder. »Aber dann kam Randolph Hellebore und warf mit Geld nur so um sich. Seither laufen die Leute mit einem fetten, dicken Grinsen im Gesicht herum. Soweit ich sehe, bezahlt er uns dafür, dass wir ihn in Ruhe lassen. Man bemerkt nicht viel von ihm, aber täusche dich nicht, er hat den ganzen Ort in der Hand.«
    »Was glaubst du, wird die Polizei dem nachgehen, was du ihr erzählt hast?«
    »Wie bitte? Unser Sergeant White?« Wilder schaute amüsiert drein. »Bist du ihm jemals begegnet?«
    »Nein«, sagte James.
    »Er ist fett wie ein Schwein und faul wie eine alte Katze und jedes Jahr zu Weihnachten bekommt er vom Schloss einen großen Fresskorb geschenkt. Wie ich schon sagte, er ist bestimmt keiner, der den Gutsbesitzer mit einer Menge närrischer Fragen in Verlegenheit bringt. Nein James, du musst schon selbst den Polizisten spielen, denn wenn’s darauf ankommt, ist unser Sergeant White genauso hilfreich wie eine Pastete auf Beinen.«
    »Und genau das werde ich tun«, sagte James und bemühte sich welterfahren und erwachsen zu klingen.
    »Aber sei vorsichtig, James«, sagte Wilder und legte die Hand auf seinen Arm. »Auch wenn alle das hier in der Gegend denken: Randolph Hellebore ist kein sehr netter Mensch.«
    »Was meinst du damit?«
    Sie waren an einem offenen Flecken Land angelangt, wo Gras und junges Farnkraut wuchsen. Wilder ließ Martinis Zügel los und das Pferd streckte seinen Kopf zum Boden und rupfte Grasbüschel mit seinen riesigen Zähnen aus.
    »Mein Vater war Verwalter beim alten Gutsbesitzer«, sagte Wilder und ließ sich auf einem kleinen Erdhügel nieder. »Er schmiss den Laden. Anfangs konnte er auch Randolph gut leiden. Er hat viele Verbesserungen eingeführt und eine Stange Geld in das Anwesen gesteckt. Aber je mehr er ihn als Person kennen lernte, umso weniger mochte ihn mein Vater. Er fand ihn schikanös und grausam obendrein. Sie hatten Meinungsverschiedenheiten. Eines Tages waren sie hinausgeritten, um einen neuen Zaun zu inspizieren, der gerade gebaut wurde, und Randolphs Pferd strauchelte und warf ihn ab. Er bekam einen fürchterlichen Wutausbruch und schlug wie wild mit der Peitsche auf das arme Tier ein. Mein Vater versuchte ihn zurückzuhalten. Randolph feuerte ihn auf der Stelle. Das war’s. Mein Vater war seinen Job los. Jetzt arbeitet er ganz in der Nähe von Glencoe. Manchmal kommt er am Wochenende nach Hause, aber meistens ist er zu beschäftigt. Im Schloss hat sich alles verändert: lauter neue Leute, keine Einheimischen. Ich kann ihn nicht leiden, James. Ich kann niemanden leiden, der grausam mit Tieren umgeht, besonders wenn es Pferde sind.«
    »Ich denke, es war tatsächlich Alfie, den du an diesem Tag gesehen hast«, sagte James. »Er wollte im See angeln. Glaubst du, Hellebore hat ihn erwischt? Glaubst du, er hat ihm etwas angetan?«
    »Zutrauen würde ich es ihm. Du hast ja gesehen, wie es da oben zugeht. Hellebore hat ein Geheimnis, von dem er nicht möchte, dass irgendjemand davon erfährt. Die Polizei lässt ihn sicherlich in Ruhe.«
    »Ich könnte zusammen mit Kelly nochmals hinaufgehen«, sagte James lässig und tippte dabei mit dem Stock auf seinen Stiefel.
    »Hey!« Wilder sah ihn mit einem breiten, offenen Lächeln an. »Was hältst du davon, wenn ich euch helfe? Wir drei wären ein gutes Team. Mit Martini komme ich schneller vom Fleck als ihr beide und …«
    »Aber du bist ein Mädchen«, unterbrach James sie. »Wir wollen kein Mädchen dabeihaben. Das ist Männersache.«
    Wilder schaute ihn einen Moment lang an und ihr Mund stand vor Überraschung offen. Dann warf sie den Kopf zurück und lachte laut.
    »Schau dich doch an«, sagte sie schließlich. »Der große Mann mit seinem Stecken. Pah, du bist nichts als ein kleiner Junge, James. Männersache – dass ich nicht lache. Ich bin älter als du und ich bin größer als du und ich bin sicher, ich bin auch stärker.«
    James schnaubte verächtlich.
    »Hör zu, ich schleppe tagein, tagaus schwere Heuballen«, fuhr Wilder fort. »Ich striegle Martini, miste die Ställe aus und reite jeden Tag stundenlang. Meine Arme sind so stark wie die eines Mannes. Und mit drei verdammten Brüdern in der Familie musste ich frühzeitig lernen, wie man kämpft.«
    »Ja, wirklich?«, sagte James.
    »Ja, wirklich«, äffte Wilder

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