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Stille Wasser sind toedlich

Stille Wasser sind toedlich

Titel: Stille Wasser sind toedlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlie Higson
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konnten sie nicht erübrigen. Ich war daher gezwungen meine Arbeit im Geheimen fortzusetzen. Und ich musste Sicherheitsvorkehrungen treffen, um mich zu schützen. Aber das Schwierigste war stets, geeignete lebende Untersuchungsobjekte aufzutreiben.«
    In James stieg eine dumpfe Ahnung auf. So langsam bekam er eine Vorstellung davon, was ihm blühte – und es gefiel ihm ganz und gar nicht. Inzwischen war sein Kopf wieder klarer und er versuchte sich zu konzentrieren. Unauffällig ließ er seinen Blick durch das Labor schweifen. Irgendwo an diesem Höllenort musste es einen Fluchtweg gegeben.
    »Ich war nicht allein«, fuhr Hellebore fort. »Mein Bruder Algar war das eigentliche Genie. Ich hatte die Ideen, aber er war derjenige, der wusste, wie man sie in die Praxis umsetzte. Er war ein brillanter Wissenschaftler und ging völlig in seiner Arbeit auf.«
    »Aber er war nicht einverstanden mit Ihren Plänen, nicht wahr?«, sagte James. »Deshalb brachten Sie ihn um.«
    Hellebore schwieg für einen Moment und starrte James an. Dann fing er an zu lachen. Seine Stimme hallte von den kahlen Wänden des Labors wider und vermischte sich mit einem seltsamen, tierischen Echo. Es klang wie das Gelächter von Dämonen.
    »Ich habe ihn nicht getötet«, sagte er. »Ich habe ihm nichts getan. Das hat er schon selbst besorgt. Wie ich bereits sagte, fehlte es uns an menschlichen Versuchsobjekten, daher war Algar auf den einzigen menschlichen Körper angewiesen, den er zur Verfügung hatte … seinen eigenen. Möchtest du Algar kennen lernen? MacSawney, bring meinen Bruder her!«
    MacSawney nickte und verschwand in einer Ecke des Labors. James hörte, wie er etwas aufschloss. Für kurze Zeit war alles still, dann hörte man einen Wutschrei und gleich darauf das schreckliche Schlurfen und Keuchen, das James so gut kannte.
    Und dann tauchte eine riesige, grauenvolle Gestalt auf.
    James wich unwillkürlich zurück. Aber dann zwang er sich das Wesen anzuschauen, das einst ein Mann gewesen war. Algar war größer als Randolph, und das obwohl er einen verkrümmten Rücken hatte und vornüber gebeugt ging. Seine Arme waren riesig; dicke, knotige Muskeln zeichneten sich unter seinem schmutzigen Hemd ab. Zugleich machte er den Eindruck, als könnte er kaum sein eigenes Gewicht tragen. Seine Haut war grau, glatt und glänzte. Sie spannte sich über den massigen Leib und war mit öligen Schweißperlen bedeckt. Das Gesicht war verwüstet. Es sah aus, als sei es in der Mitte gespalten und auseinander gequetscht worden. Die Nase war breit und platt gedrückt, die Zähne standen weit auseinander und die Augen quollen an den Seiten des Kopfes hervor.
    Die Augen waren das Schlimmste. Sie waren dunkel und feucht und James entdeckte in ihnen einen Ausdruck von, nein nicht Mordlust, sondern Trauer und Schmerz. Erst ganz am Schluss bemerkte er die Fesseln an Algars Füßen und dass MacSawney ihm ein Gewehr an den Rücken hielt.
    »Mein lieber Bruder«, lachte Randolph. »Weißt du, dass wir eigentlich Zwillinge sind? Was für eine Ironie! Wir ähnelten uns wie ein Ei dem anderen. Mit einem winzigen Unterschied …«
    Randolph stellte sich neben seinen Bruder und blickte James triumphierend an.
    »Algar hielt man stets für den Hübscheren von uns beiden. Ha, ha, ha!«

 

Die Hölle wird fortbestehen
    D er Pfad zur Hölle ist eben, Bond, und die Pforten stehen weit offen.« Hellebore grinste breit. »Wie lautet doch gleich das Motto eurer hochnäsigen Schule? Eton wird fortbestehen . Nun, daran habe ich keinen Zweifel. Es gibt sie bereits seit einigen hundert Jahren, warum sollte es sie nicht auch noch weitere hundert Jahre geben? Absolut gewiss ist allerdings nur eins: der Tod. Solange Menschen diese Erde bevölkern, wird es Schmerz und Tod und Leid geben. Der Tod wird fortbestehen. Der Krieg wird fortbestehen. Die Hölle wird fortbestehen – und solange ihre Tore weit offen stehen, bin ich im Geschäft. Solange es noch einen Menschen gibt, der einem anderen den Schädel einschlagen will, stehe ich bereit und verkaufe ihm den Knüppel.«
    Man hatte eine kleine Mahlzeit aufgetischt und James saß zusammen mit Hellebore und dem jungen Wissenschaftler, der ihm als Dr. Perseus Friend vorgestellt worden war, auf einer Laborbank.
    Die beiden waren sehr darauf bedacht, dass James etwas von dem Essen zu sich nahm, obwohl er nicht den geringsten Appetit verspürte. Er würgte mehrere Scheiben Schinken hinunter. Sie blieben ihm fast im Hals stecken; sein

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