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Stille Wasser sind toedlich

Stille Wasser sind toedlich

Titel: Stille Wasser sind toedlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlie Higson
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Notizbuch.
    »Er sieht kräftig aus«, sagte er. »Das ist gut.«
    James wurde schlecht. Er zitterte. Mit zusammengebissenen Zähnen rang er um Fassung. Er würde Hellebore nicht die Genugtuung verschaffen, vor ihm zusammenzubrechen.
    »Warum so trübsinnig, Bond?«, sagte Hellebore. »Tröste dich mit dem Gedanken, dass du der Wissenschaft einen guten Dienst erweist und zur weiteren Erforschung des menschlichen Körpers beiträgst.«
    »Es gibt Leute, die wissen, dass ich hier bin«, warf James verzweifelt ein.
    »Tatsächlich?« Hellebore sah James nachsichtig an. »Hast du wirklich jemandem erzählt, dass du ins Schloss einbrichst? Wem denn? Der Polizei? Deinem Onkel? Und selbst wenn es so wäre, ich kann dich so lange versteckt halten, wie ich will. In diesem Schloss gibt es viele Geheimkammern. Und die Wachen sind dir auf dem Weg ins Schloss ja sicherlich aufgefallen.«
    »Ja«, sagte James. »Ihre Wachleute sind wirklich Spitzenklasse, sieht man von der unbedeutenden Tatsache ab, dass ein Schuljunge an ihnen vorbeischlüpfen konnte.«
    Hellebores Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. Verärgert verzog er den Mund. »Lass das meine Sorge sein!« Er ging auf James zu und packte ihn mit seiner kräftigen Hand fest am Kinn. »Ich habe ein Vermögen im Krieg verdient, weil ich der Regierung der Vereinigten Staaten und ihren Verbündeten Waffen geliefert habe«, sagte er kalt. »Aber ich habe auch selbst gekämpft.«
    »Ich weiß«, sagte James. »Ich habe Ihre Ansprache in Eton gehört.«
    Hellebore warf sich stolz in die Brust. »Ich hätte es nicht tun müssen, Bond. Viele Geschäftsleute haben ein Menge Geld ausgegeben, um sich vor dem Schlachtfeld zu drücken. Sie taten alles, um sich die Hände nicht mit Blut zu besudeln. Aber ich nicht. Ich ging zur Armee, kam nach Europa und kämpfte ein ganzes Jahr lang. Mein Bruder Algar hat unterdessen die Firma sehr gut alleine geleitet. Weißt du, warum ich in den Krieg gezogen bin? Aus Patriotismus? Weil ich davon überzeugt war, dass wir für eine gerechte Sache kämpften? Nein, Sir. Ich war dabei, weil ich den Krieg aus erster Hand miterleben wollte. Ich wollte ihn schmecken, ich wollte dem Tod ins Auge schauen und ihm ins Gesicht spucken.«
    Der Widerschein des Wahnsinns leuchtete in seinen Augen. James überlegte. Warum erzählte Hellebore ihm das alles? Wieso verspürte er das Bedürfnis, ihn zu beeindrucken?
    Mit einem Mal begriff er. Es gab niemanden sonst, dem Hellebore es erzählen konnte. Denn es musste geheim bleiben. James hingegen konnte er unbesorgt einweihen, weil – James presste die Fingerknöchel gegeneinander und biss sich in die Wange –, weil er nicht mehr lange genug leben würde, um es auszuplaudern.
    »Außerdem wollte ich mich prüfen«, sagte Hellebore leidenschaftlich. »Ich wollte herausfinden, ob ich ein richtiger Mann bin.«
    »Und? Sind Sie es?«, fragte James gespielt unschuldig. Wenn er ohnehin zum Untergang verdammt war, spielte es keine Rolle mehr, was er sagte oder tat.
    »Versuch nicht dich über mich lustig zu machen, Junge!«
    »Bitte«, sagte James. »Es ist schon spät. Ich bin müde und ehrlich gesagt fangen Sie an, mich zu langweilen. Wenn Sie vorhaben mich zu bestrafen, könnten Sie sich dann nicht ein wenig beeilen?«
    »Alles zu seiner Zeit. Ich komme jetzt zum interessanten Teil.«
    »Das wird sich erst noch herausstellen.«
    »Halt den Mund!«, herrschte Hellebore ihn an. »Als ich nach dem Krieg nach Amerika zurückkehrte, machte ich mich sofort an die Arbeit. Auf den morastigen, blutdurchtränkten Schlachtfeldern in Flandern hatte ich viel erlebt. Mit eigenen Augen hatte ich gesehen, wie schwach der Mensch ist. Wie nutzlos, zerbrechlich und zerstörbar. Mir kam die Idee, dass die Zukunft der Kriegsführung nicht darin lag, immer bessere Waffen zu entwickeln. Nein, die Menschen mussten verbessert werden. Damit sie stärker, größer, furchtloser waren. Leider ist es gar nicht so einfach, am Menschen zu experimentieren.«
    »Was Sie nicht sagen«, warf James ein.
    »Erspar mir deine Kommentare! Ihr seid doch alle gleich. In Amerika war man nicht begeistert von meiner Arbeit. Die Amerikaner können schrecklich sentimental sein. Sie behaupteten, meine Forschungen seien unmoralisch und unmenschlich. Was wissen die schon von Menschlichkeit? Die Generäle mit all ihren lächerlichen Orden hatten keinerlei Skrupel, Millionen junger Männer in den Tod zu schicken, aber ein paar Studienobjekte für meine Forschungen

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