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Stiller und der Gartenzwerg - Main-Krimi

Stiller und der Gartenzwerg - Main-Krimi

Titel: Stiller und der Gartenzwerg - Main-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Freudenberger
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Tasse. Ihre Hand zitterte nicht mehr. Sie trank einen Schluck, bevor sie antwortete. »Er war an einer Firma beteiligt, die Lenkräder und Airbags produzierte. Sie lief wohl sehr gut. Irgendwann sind die Japaner eingestiegen, und er hat seine Anteile ziemlich teuer verkauft.«
    »Irgendwann?« Strobel blätterte erneut im Aktenordner. »War das vor oder nach Ihrer Hochzeit?«
    Zitternd stellte sie die Tasse ab. »Nach«, sagte sie scharf. »Ich nehme an, das wissen Sie längst.«
    Strobel nickte. »Demnach fällt das Vermögen unter Zugewinn. Das ist eine der Geschichten, die wir klären müssen, verstehen Sie? Haben Sie ihn überredet, die Anteile zu verkaufen?«
    »Quatsch!« Ihr Ton behielt die Schärfe. »In Geldsachen hat er mich nie gefragt. Es war allein seine Entscheidung. Erstens hatte er Angst, dass die Japaner den Laden in Aschaffenburg dichtmachen. Zweitens hat ihn genau zu diesem Zeitpunkt die Bahn vor die Tür gesetzt. Nachdem er alle anderen unter sich wegrationalisiert hatte, war er selbst an der Reihe.«
    »War er kein Beamter?«
    »Doch. Sie haben ihn in Vorruhestand geschickt. Mit einundfünfzig. Und mit voller Pension. Das war damals die übliche Praxis.«
    »War das ein Schock für ihn?«
    »Was weiß ich. Er ist ja nicht schlecht damit gefahren. Aber für mich war’s ein Schock! Bis dahin war der Garten auf den Feierabend und die Wochenenden beschränkt gewesen. Und plötzlich hatte ich ihn rund um die Uhr. Ab da ging es richtig bergab.«
    »Verstehen Sie mich bitte nicht falsch«, sagte Strobel. »Aber nach meinen Informationen sind Sie die einzige Erbin Ihres Mannes.«
    Er bemerkte die Veränderung sofort: Ursula Strunke wurde wieder völlig ruhig.
    »Ihre Informationen sind richtig.« Sie imitierte seinen Ton. »Aber ein Detail dürfen Sie bitte nicht übersehen: Ich wollte mich scheiden lassen. Die Hälfte des Vermögens stand mir sowieso zu, fragen Sie meine Anwältin. Bis dahin hätte ich ohne Probleme warten können. Ich habe einen guten Job und nicht vor, ihn aufzugeben.«
    Strobel hatte dieses Detail keineswegs übersehen. Es bewies aber nichts, im Gegenteil, es gehörte zum üblichen Muster. Er kannte einige Fälle, in denen ein Ehepartner die Scheidung eingereicht und den anderen dennoch umgebracht hatte, bevor sie durch war. Das Scheidungsverfahren war jeweils nur Tarnung, die Argumentation stets dieselbe gewesen: Ich hätte die Hälfte haben können. Weshalb sollte ich einen Mord auf mich nehmen, um alles zu bekommen? Die Antwort war einfach: Habgier. »Alles« war das Doppelte der Hälfte.
    Schweigend betrachtete er Ursula Strunke. Bis auf den Widerspruch beim Alibi hatte er nur Mutmaßungen. Was er brauchte, waren Beweise, vorher hatte es keinen Sinn, an den Haftrichter überhaupt nur zu denken. Und es hatte keinen Sinn, die Befragung zu verlängern.
    Strobel klappte den Aktenordner zu, legte das Aufnahmegerät darauf und erhob sich. »Ich lass das rasch abtippen, Sie können es dann gleich unterschreiben«, sagte er und verabschiedete sich höflich.
    Er würde sich Thomas Nadele vorknöpfen, vielleicht brachte ihn das weiter.

7
    »Gar kein Zweifel: Der war’s!« Frauke stand vor dem Flipchart, tippte mit einem roten Edding auf den Namen Kohl und unterstrich ihn dreimal. »Mein Favorit. Die Pavillon-Geschichte – ein echter Hammer. Fast so was wie ein Politthriller.«
    Stiller hatte die Gunst der Stunde genutzt und Mooser, während er am Brunnen hantierte, über die Sache mit dem Pavillon ausgefragt. Mooser hatte bereitwillig davon erzählt. »Die Sache« war eine Art von Stadtgespräch unter den Kleingärtnern, die weit über das Radieschenparadies hinaus Aufsehen erregt hatte. Schließlich ging es ums Prinzip. Genau genommen sogar um mehrere Prinzipien.
    Kohl hatte drei Jahre zuvor eine Parzelle in der Nilkheimer Anlage erworben. Kurz darauf hatte er in der Wiese vor seiner Laube ein Fundament legen und einen schmiedeeisernen Pavillon daraufsetzen lassen. Laut Mooser ein geschmackvolles Exemplar, kein Billigkram. Es passte gut in die Kleingartenanlage – aber nicht in die städtische Kleingartenverordnung. Die erlaubt außer der Laube und dem kleinen Geräteschuppen nur noch bewegliche Partyzelte, zeitlich begrenzt, oder feste Gewächshäuser mit einer Grundfläche von höchstens zwölf Quadratmetern und einer Höhe von bis zu zweieinhalb Metern.
    Kaum stand der Pavillon, erschien Strunke – mit Zollstock und dem unvermeidlichen Notizheftchen, das er immer bei sich trug.

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