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Stille(r)s Schicksal

Stille(r)s Schicksal

Titel: Stille(r)s Schicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Kunze
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der jungen Leute, manche rümpften die Nase, weil die Beiden sich dauernd bei den Händen hielten oder sich gar küssten … wieder andere spöttelten und nannten sie auch schon mal Romeo und Julia.
    Es hätte nur noch gefehlt, dass sie zum Liebespaar des Monats gekürt worden wären. Dabei konnte doch eigentlich niemand wissen, ob sie tatsächlich eines waren.
    Anne und Sven jedenfalls bekamen von all dem nicht viel mit. Es interessierte sie nicht im mindesten, ob sie verständnisvoll oder hämisch belächelt wurden. Sie waren sich anscheinend selbst genug, schienen über den Wolken zu schweben, auch dann, wenn sie es nicht, wie bei ihren Bergtouren im geliehenen Jeep, im wörtlichen Sinne taten. Sie hielten sich bei den Händen, wenn sie vom Teideplateau aus gemeinsam die wilde Lavalandschaft bewunderten. Sie ließen auch nicht voneinander ab, wenn sie in größeren Gruppen unterwegs waren.
    Sie wurden nicht müde, sich unterwegs gegenseitig auf alles aufmerksam zu machen.
    "Guck nur mal, diese bizarren Kakteen!" rief Anne.
    "Komm, wir probieren gleich mal die Früchte", schlug Sven vor, als sie ausgestiegen waren und den Frauen mit den weißen Kopftüchern und den groben Lederhandschuhen zuschauten, wie sie die Stacheln von den Kakteenfrüchten ribbelten.
    Ganz flüchtig nur dachte Sven beim Anblick der Arbeitshandschuhe an seine Arbeit zu Hause, dann fütterten sie sich gegenseitig mit den inzwischen geschorenen orange-gelben Früchten.
    "Schmecken eigenartig, hm?" Das stimmte.
    Viel vertrauter war ihnen natürlich der Geschmack der ungewohnt kleinen Bananen, die sie beim Besuch einer Plantage ausnahmsweise gleich von der Staude pflücken durften. Dort hatten sie von Maria, welche die Gäste durch die Plantage führte und gut deutsch sprach, eine Menge wissenswerter Dinge über die Bananenzucht erfahren.
    An dem Tag war Sven erstmals nicht so angenehm überrascht von Annes Äußerungen. Sie hatte überhaupt kein Hehl daraus gemacht, dass sie es für ganz praktisch hielt, wenn die männliche Pflanze einfach abgeschnitten wird, sobald sich der Tochtertrieb entwickelt hat.
    "Also, das ist ja die Höhe" regte er sich auf, "du findest also, dass die Männer ganz nützlich sind, um ein Kind zu zeugen, aber dann kann man sie einfach abschieben?"
    Aber sein Zorn war ziemlich schlecht gespielt, zu auffällig hatte er mit den Augen gerollt, als dass sie ihn nicht gleich durchschaut hätte. Sie knuffte ihn freundschaftlich in die Rippen.
    "Nur bei den Bananenpflanzen finde ich es eben praktisch", beruhigte sie ihn, ohne sein Spiel aufzugreifen. Und noch ernsthafter geworden fügte sie hinzu: "Für das weitere Heranwachsen des jungen Bananensprosses reicht eben die Mutterpflanze aus."
    Er nickte ergeben. Was hätte er auch anderes tun sollen?

Geboren, um einander zu suchen …

    Anne war manchmal so rätselhaft, vor einer Minute noch fröhlich bis albern, in der nächsten ernst und nachdenklich. War es das, was ihn bisher von ihrem Bett fern gehalten hatte?
    Aber eines Tages, nach einem Ausflug in den berühmten Loro-Park, in dem es nur so von Papageien, Kolibris, Delphinen, exotischen Fischen im Meeresaquarium und frechen, kleinen Äffchen wimmelte, die einem, ehe man es sich versah, den Kamm aus der Hosentasche stehlen konnten, war es dann schließlich doch passiert.
     
    Anne hatte sich am späten Abend gerade wieder mit ihrem obligatorischen Sprüchlein vor ihrer Tür von Sven verabschieden wollen, da legte dieser mit einem hörbaren "Pssssst!" seine linke Hand auf ihren Mund, mit der anderen nahm er ihr den Schlüssel ab, drehte ihn im Schloss herum und schob sie (und natürlich sich selbst auch) kurzerhand ins Zimmer. Sie war weder erstaunt noch überrascht, als er sie küsste. Diesmal richtig und nicht so freundschaftlich wie sonst.
    Es kam ihr nicht in den Sinn sich zu wehren. Im Gegenteil.
    Auch sie wusste plötzlich, dass ihre Stunde jetzt gekommen war. Sie hatte so ein Gefühl in sich, das sie schon fast nicht mehr für möglich gehalten hätte. Sie genoss es begehrt zu werden, und sie schämte sich auch für ihr eigenes Begehren nicht mehr länger.
    Wie selbstverständlich hatten sie sich auf der kurzen Strecke von der Tür bis zum Bett hastig aller Sachen entledigt, die sie als störend empfanden. Beide wollten nur noch einander fühlen, mit allem was sie hatten, mit Haut und Haaren, mit Augen, Stimme und Gesicht, kein Fleck an ihrem Körper blieb unbeachtet. Das Spiel funktionierte so einfach wie eigentlich

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