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Stilles Echo

Stilles Echo

Titel: Stilles Echo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Teppich, obwohl sie mit einem Hansom aus der Ebury Street hierhergekommen waren.
    »Sie sollen Nachforschungen anstellen, um festzustellen, ob es irgendwelche mildernden Umstände für Rhys Duff gibt«, wiederholte Rathbone.
    »Warum, um Gottes willen?« fragte Monk, der Rathbone ansah, um Hesters Blick auszuweichen. »Ist nicht offensichtlich genug, was da passiert ist?«
    »Nein, das ist es nicht«, sagte Rathbone geduldig. »Ich habe seine Verteidigung übernommen, und ich kann ihn erst dann verteidigen, wenn ich jedes noch so kleine Fetzchen der Wahrheit kenne.«
    »Das können Sie ohnehin nicht«, unterbrach Monk ihn. »Was er getan hat, ist durch nichts zu verteidigen! Das einzige, was Sie tun können, um ihn vor dem Seil zu bewahren, ist ein Plädoyer auf Geistesgestörtheit. Was möglicherweise zutrifft.«
    »Das tut es nicht«, erwiderte Rathbone, der Mühe hatte, Ruhe zu bewahren. Hester konnte seine Erregung an der Anspannung seiner Kiefermuskeln und an seiner Haltung ablesen. Seine Stimme war sehr leise. »In juristischer Hinsicht ist er absolut vernünftig, und es hat nicht den Anschein, als litte er unter irgendwelchen Wahnvorstellungen. Wenn Sie den Fall mit der Begründung ablehnen, daß er Sie abstößt, dann sagen Sie es. Das werde ich akzeptieren müssen.« Auch er vermied es, Hester anzusehen. Er war wütend, beinahe so, als wollte er genau die Antwort provozieren, die er nicht zu hören wünschte.
    Die Schärfe seiner Worte war Monk nicht entgangen. Er fuhr herum, um Hester anzusehen.
    »Ich nehme an, Sie haben ihn da hineingezogen?«
    »Ich habe ihn gebeten, Rhys zu verteidigen«, erwiderte sie.
    Die Tatsache, daß Rathbone den Fall angenommen hatte und Monk ihn verweigern wollte, hing wie ein Schwert zwischen ihnen in der Luft.
    Hester gingen ein Dutzend Dinge durch den Kopf, die sie hätte sagen wollen. Sie wollte Rathbone in Schutz nehmen. Er hatte einen unmöglichen Fall übernommen, weil sie ihn dazu gedrängt hatte. Sie hatte ihn überredet, mit Rhys zu sprechen, damit er etwas von ihrem eigenen Mitleid und dem Wunsch, Rhys zu beschützen, spüren konnte. Sie hatte deswegen ein schlechtes Gewissen, und sie bewunderte ihn dafür, daß er seinen Ruf aufs Spiel setzte und einen Fehlschlag riskierte, um dem Jungen zu helfen.
    Hester wollte, daß Monk dasselbe Mitleid empfand und sich des Falles annahm, nicht um ihretwillen, sondern um Rhys’ willen! Nein, das wäre nicht die ganze Wahrheit gewesen. Sie wollte auch, daß er es für sie tat, genauso wie Rathbone. Und sie wußte, daß sie sich schämen würde, wenn er ablehnte.
    Dabei hätte in dieser Angelegenheit einzig und allein Rhys zählen dürfen. Es ging um sein Leben.
    »Sie haben Licht in diese Vergewaltigungsserie gebracht«, sagte sie zu Monk. »Jetzt könnten Sie Nachforschungen über Rhys und seinen Vater anstellen. Finden Sie heraus, ob Leighton Duff wirklich wußte, was sein Sohn tat, und ob er ihm gefolgt war, um ihn davon abzuhalten.«
    »Das würde Ihrer Sache wohl kaum dienlich sein«, bemerkte Monk verbittert. »Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, daß irgend etwas Rhys Duff noch helfen wird!«
    »Aber versuchen können Sie es wenigstens!« Plötzlich schrie sie ihn an, und Hilflosigkeit, Wut und Schmerz stiegen in ihr auf. »Ich glaube nicht, daß Rhys von Grund auf böse ist. Ich glaube nicht, daß er wahnsinnig ist. Da muß noch irgend etwas anderes sein. Irgendein Schmerz, irgendein… ich weiß es nicht … Einfach irgend etwas! Suchen Sie danach!«
    »Geben Sie sich geschlagen, Hester«, sagte Monk überraschend sanft. »Hören Sie auf zu kämpfen. Sie tun damit niemandem etwas Gutes.«
    »Nein, ich bin nicht geschlagen!« Sie hätte am liebsten geweint, konnte bereits die Tränen in ihren Augen spüren. Es war lächerlich. »Bitte, versuchen Sie es! Es muß doch noch irgend etwas geben, was wir tun können!«
    Monk sah sie mit ruhiger Miene an. Er glaubte das nicht, und sie konnte seine Überzeugung in seinem Gesicht lesen. Er schob die Hände tiefer in die Taschen.
    »Na schön, ich werde es versuchen«, gab er schließlich mit einem leichten Kopfschütteln nach. »Aber es wird nichts helfen.«
    »Vielen Dank«, sagte Rathbone schnell. »Das ist besser, als gar nichts zu tun.«
    Monk stieß einen leisen Seufzer aus. »Jetzt hören Sie auf, mir den Fußboden naßzutropfen, und sagen Sie mir, was Sie wissen wollen.«

11
    Monk war überzeugt davon, daß jeder Versuch, mildernde Umstände für Rhys Duff zu finden,

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