Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stilles Echo

Stilles Echo

Titel: Stilles Echo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
Vom Netzwerk:
eine Frage gleichzeitig beantworten.«
    »Haben Sie sein Gesicht gesehen?« fragte Monk, der sich mit Mühe beherrschte.
    »Irgendwie schon, so halb.«
    »Dunkle Haare oder blonde?«
    »Dunkle. Ganz dunkle.«
    Monk schluckte. »Und war er verletzt, konnten Sie das sehen?«
    »Ja, wenn ich jetzt so drüber nachdenke, war der andere auch voller Blut. Nicht so sehr, wenn ich mich recht erinnere. Aber, doch, der sah auch ganz schön mitgenommen aus. Ich schätze, sein Mantel war schwer zerrissen, und irgendwie sah er auch naß aus. Warum fragen Sie das, Chef? Wen interessiert das jetzt noch? Sie haben ihn doch, oder?«
    »Ja. Es geht nur darum, ein wenig Ordnung in die Sache zu bringen, für die Beweisaufnahme vor Gericht. Sie sind sich ganz sicher, was das Datum betrifft?«
    »Ja, habe ich Ihnen doch gesagt.«
    »Vielen Dank. Sie waren mir eine große Hilfe. Wären Sie jetzt wohl so freundlich, mich in die Ebury Street zu fahren? Hier, nehmen Sie doch auch ein Sandwich.« Er gab dem Sandwichverkäufer drei Pennys und erhielt noch zwei Brote.
    »Essen Sie auch eins«, fügte er wohlgelaunt hinzu. »Die Brote sind sehr gut.« Eines gab er dem Droschkenkutscher, das andere dem Verkäufer und ging dann mit langen Schritten auf den Hansom zu. Er bedauerte nur, daß er nicht auch etwas für das Pferd hatte.
    In der Ebury Street dankte er dem Kutscher noch einmal, bevor er die Stufen hinaufging und die Glocke läutete. Als ein grimmig dreinblickender Wharmby ihm die Tür öffnete, bat er darum, Mrs. Duff sprechen zu dürfen.
    »Es tut mir leid, Sir, aber Mrs. Duff empfängt niemanden«, erwiderte Wharmby entschlossen.
    »Bitte teilen Sie ihr mit, daß ich für Sir Oliver Rathbone arbeite und ihr eine Frage stellen muß, die den Fall betrifft«, sagte Monk mit derselben ungerührten Teilnahmslosigkeit. »Es ist wichtig, daß ich eine Antwort erhalte, bevor ich weitermache. Es wäre sehr wichtig für Mr. Rhys Duff.«
    »Jawohl, Sir, ich werde es ihr mitteilen.« Wharmby zögerte. Es gab nichts mehr zu sagen, aber der Butler rührte sich dennoch nicht von der Stelle.
    Monk wartete. Er hätte ihn gern zum Sprechen gedrängt, fürchtete jedoch ein zu direktes Vorgehen.
    »Erinnern Sie sich an Weihnachten, Wharmby?« fragte er möglichst beiläufig.
    »Jawohl, Sir.« Wharmby war überrascht.
    »Auch an den Abend davor?«
    Wharmby nickte. »Ja, Sir. Wie kann ich Ihnen helfen?«
    »Wer war am betreffenden Abend hier im Haus?«
    »Niemand, Sir. Mrs. Duff ist mit Mrs. Wade in ein Konzert gegangen, Mr. Rhys war zum Dinner bei den Kynastons eingeladen, und Mr. Duff ist geschäftlich unterwegs gewesen.«
    »Ich verstehe.« Da war er wieder, der Geschmack des Sieges.
    »Und wie haben sie sich benommen, als sie nach Hause zurückkamen oder als Sie sie das nächste Mal sahen?«
    »Wie sie sich benommen haben, Sir? Ganz normal, wenn man bedenkt, daß Weihnachten war.«
    »Keiner war irgendwie verletzt? Vielleicht ein unbedeutender Verkehrsunfall oder etwas in der Art?«
    »Ich glaube, Mr. Duff hatte einen Kratzer im Gesicht. Er sagte, es sei ein Stein gewesen, den eine zu schnell fahrende Kutsche aufgewirbelt hatte. Warum, Sir? Ist das irgendwie von Bedeutung? Können Sie… können Sie Mr. Rhys helfen, Sir?« Wharmbys Gesicht war von Neugier verzogen, und seine Augen waren voller Angst, als fürchte er sich vor der Antwort. Er hatte es beinahe nicht gewagt, diese Frage überhaupt zu stellen.
    Monk war verwirrt. Eine derartige Besorgnis paßte nicht zu dem Bild, das Monk sich von Rhys Duff gemacht hatte. Ging der gewaltsame Tod seines Herrn dem Butler nicht näher? Oder war es jetzt Sylvestra, der sein Kummer galt, der Gedanke an ihren zweiten Verlust, der sie noch bei weitem schlimmer treffen mußte als der erste?
    »Ich weiß es nicht«, sagte er aufrichtig. »Ich tue alles, was ich kann. Es ist möglich, daß diese Entdeckung… die Dinge ein wenig abmildern würde. Vielleicht brauchen Sie Mrs. Duff doch nicht zu stören. Wenn Sie sagen, daß Mr. Rhys erzählt hat, er wolle an dem betreffenden Abend zu den Kynastons, dann kann ich dort um eine Bestätigung dieser Tatsache bitten. Wenn Sie mir wohl die Adresse der Kynastons geben könnten?«
    »Gewiß, Sir. Ich werde sie Ihnen aufschreiben.« Und ohne auf eine Zustimmung zu warten, verschwand Wharmby und kehrte einige Sekunden später mit einem Stück Papier zurück, auf dem in gestochen scharfer Handschrift eine Adresse stand. Monk dankte ihm und verließ das Haus, um sich eine neue

Weitere Kostenlose Bücher