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Stilles Echo

Stilles Echo

Titel: Stilles Echo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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die im Schein der Laternen von der anderen Straßenseite leuchteten.
    »Den haben sie schön erwischt! Mit runtergelassenen Hosen und allem, was dazugehört. Danach hat man ihn nicht mehr auf der Richterbank gesehen. Wie gern hat er früher den einen zu vier Jahren verknackt und den anderen zu fünf, aber nach dieser Sache damals war der Spaß für ihn vorbei. Man konnte die Leute im ganzen Heiligen Land lachen hören, an jeder Straßenecke. Runcorn soll angeblich den Lorbeer dafür geerntet haben, aber ich habe mich immer gefragt, ob Sie nicht eigentlich dahinter gesteckt haben, Mr. Monk. Viele von uns haben das geglaubt. Sie waren, sozusagen, zu der Zeit gerade nicht da.«
    »So haben Sie die Sache also damals gesehen?« fragte Monk langsam. »Nun, das ist jetzt lange her.« Er wollte das Thema wechseln. Monk geriet immer mehr ins Schleudern und konnte es sich nicht leisten, diesen Leuten seine Verletzlichkeit zu zeigen. Sein Erfolg hing davon ab, daß sie ihn fürchteten und respektierten. Er zog das Bild von Leighton Duff aus der Tasche und zeigte es dem Sandwichverkäufer. »Haben Sie diesen Mann jemals gesehen?«
    Der Sandwichverkäufer hielt das Bild ein wenig schräg, damit das Licht der nächsten Straßenlaterne darauffiel. Er dachte einige Sekunden lang nach.
    »Ja, das war der Herr, den sie in der Water Lane alle gemacht haben. Das Bild hier hat mir schon mal einer gezeigt. Ein Polyp. Und weswegen wollen Sie das jetzt wissen?«
    »Ich habe nur überlegt, ob er vielleicht schon früher irgendwann mal hier war«, erwiderte Monk.
    Der Droschkenkutscher sah ihn neugierig an.
    »He, einen Augenblick mal!« sagte er aufgeregt. »Den habe ich schon mal gesehen. Nicht an dem Abend, an dem er den Löffel abgegeben hat, aber vorher habe ich ihn mal gesehen, ungefähr zwei Wochen davor. Es war an dem Abend vor Weihnachten, das weiß ich! Das würde ich beschwören.«
    Monk spürte, wie seine Muskeln sich strafften und sein Herz ein wenig schneller schlug. Es war die Witterung des Sieges, die er in der Nase hatte, ein vertrauter, scharfer Geruch. »Am Abend vor Weihnachten, und er war hier, in St. Giles?«
    »Ja! Habe ich das nicht grade gesagt? Der sah ganz schön mitgenommen aus an dem Abend, als hätte er eine Schlägerei hinter sich. Blut im Gesicht und auf den Ärmeln, jawohl.«
    Monk schluckte. »Sehen Sie noch einmal genau hin. Sind Sie sich sicher?«
    »Ja, bin ich. Die Ohren, verstehen Sie?« Er sah Monk lächelnd an. »Ich habe was übrig für Ohren. Die Ohren von den Leuten sind immer verschieden. Ist Ihnen das mal aufgefallen?«
    »Ja! Ja, das ist es. Und was war an den Ohren dieses Mannes, das Sie so gut in Erinnerung behalten haben?« Während er sprach, schob er die Hand über die Bilder, um die Ohren zu verdecken.
    »Lang«, antwortete der Droschkenkutscher ohne Zögern.
    »Lang und schmal, mit ganz schweren Ohrläppchen dran. Nehmen Sie mal den Finger da weg und sehen Sie es sich an. Ich habe recht.«
    Monk gehorchte. Der Mann hatte in der Tat recht.
    »Und er war voller Blut? Haben Sie irgendeine Verletzung bemerkt?« Er wollte diese Frage nicht stellen. Es ließ sich zu leicht widerlegen. Schon spürte er, wie diese neue Fährte ihm abermals entglitt.
    »Nein, ich habe nur das Blut gesehen. Muß nicht unbedingt seines gewesen sein. Außerdem sah er irgendwie betrunken aus. War ein bißchen wacklig auf den Beinen, aber durchaus zufrieden, als hätte er gerade irgendwas besonders gut hingekriegt. Also hat der andere Kerl vielleicht den kürzeren gezogen und eins auf die Nase gekriegt?«
    »Ja, vielleicht. War er allein? Haben Sie noch jemanden gesehen?« War Rhys bei ihm gewesen, dicht hinter ihm, oder war er am Schauplatz des Kampfes zurückgeblieben? Dieser Beweis war beinahe zu gut, um wahr zu sein. Vielleicht würde er Hester doch irgend etwas Handfestes bringen können! Oder eher Runcorn etwas nehmen.
    »Ja, da war noch wer«, meinte der Droschkenkutscher nachdenklich. »Ich könnte aber nicht sagen, wie der ausgesehen hat. War bloß ein Schatten. Irgendwie groß und dünn, obwohl das nicht leicht zu sagen ist. Und er hatte einen guten Mantel an. Verdeckt eine ganze Menge, ein guter Mantel.«
    »Groß und dünn«, wiederholte Monk langsam. »Und sein Gesicht? War er eher ein dunkler oder ein heller Typ? Jung oder alt?« Der zweite Mann mußte doch Rhys gewesen sein oder nicht? »Und war er ebenfalls verletzt?«
    »Mann, hetzen Sie mich nicht so!« protestierte der Kutscher.
    »Ich kann immer nur

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