Stimmen der Angst
eilte.
Der graue Tag hallte von den rhythmischen Schlägen der Sturmwellen am nahe gelegenen Strand wider, während Martie über die Promenade zur nächsten Straße eilte, wo die Rinnsteine dermaßen überflutet waren, dass die Räder des roten Saturn tief in der aufgewühlten, schmutzigen Brühe standen.
Hoffnungsvoll überlegte sie, ob Dusty angesichts des schlechten Wetters vielleicht nach häuslicher Gemütlichkeit zumute war und er seine unvergleichlichen Hackfleischbällchen in scharfer Tomatensoße zum Abendessen machen würde. Die Vorstellung, Dusty bei ihrer Heimkehr in der Küche anzutreffen, eine Schürze umgebunden und ein Glas Rotwein neben sich, hatte etwas ungemein Beruhigendes für sie. Köstliche Düfte würden durch das Haus ziehen. Guter altmodischer Pop – Dean Martin vielleicht – aus der Stereoanlage. Dustys Lächeln, seine Umarmung, sein Begrüßungskuss. Nach diesem absonderlichen Tag konnte sie alles, was Heim, Herd und Ehemann an wohltuender Behaglichkeit zu bieten hatten, nur zu gut gebrauchen.
In dem Moment, als Martie den Wagen anlassen wollte, flammte ein abscheuliches Bild vor ihrem inneren Auge auf und machte alle Hoffnung auf einen auch nur annähernd friedvollen und tröstlichen Ausklang dieses Tages zunichte. Es war viel realer als eine gewöhnliche Fantasievorstellung, so deutlich und einprägsam, als wäre es das Bild einer Wirklichkeit, die sich hier und jetzt abspielte. Sie war plötzlich davon überzeugt, in rasender Geschwindigkeit auf ein bevorstehendes schreckliches Ereignis zuzusteuern, einen Blick auf einen vor ihr liegenden unausweichlichen Moment zu erhaschen, dem sie so sicher entgegenkatapultiert wurde, als hätte sie sich von einer Klippe gestürzt. Als sie den Schlüssel ins Zündschloss steckte, sah sie vor sich, wie er sich mit seiner tückischen Spitze in ein Auge bohrte, es mit seinem Zackenrand zerfetzte und in das hinter dem Auge liegende Gehirn eindrang. Und sowie sie den Schlüssel im Zündschloss drehte, drehte sich in ihrer lebhaften Vision auch der Schlüssel in dem Auge.
Ohne auch nur bewusst registriert zu haben, dass sie die Wagentür geöffnet hatte, stand Martie plötzlich im Freien und erbrach, sich am Kotflügel abstützend, das Mittagessen auf die regennasse Straße.
Eine ganze Weile blieb sie mit gesenktem Kopf stehen.
Die Kapuze war ihr heruntergerutscht, und das Haar triefte vor Nässe.
Erst als sie sich sicher sein konnte, dass ihr Magen völlig leer war, griff sie zu der Kleenex-Schachtel im Wageninnern, zupfte ein paar Tücher heraus und wischte sich den Mund ab.
Sie hatte immer eine kleine Flasche mit Wasser im Auto. Jetzt benutzte sie es, um sich den Mund auszuspülen.
Obwohl ihr immer noch flau im Magen war, stieg sie wieder ein und zog die Tür zu.
Der Motor schnurrte im Leerlauf vor sich hin. Sie brauchte den Schlüssel also erst wieder anzufassen, wenn sie den Wagen in ihrer Garage in Corona del Mar abstellte.
Durchnässt, frierend, verängstigt und verwirrt, wünschte sie sich nichts sehnlicher, als endlich zu Hause zu sein, behütet, trocken und warm in einer vertrauten Umgebung.
Die Hände zitterten ihr so sehr, dass sie nicht fahren konnte. Sie wartete fast eine Viertelstunde, bevor sie endlich die Handbremse löste und den Gang einlegte.
Obwohl sie den sehnlichen Wunsch hegte, nach Hause zu kommen, hatte sie Angst, dass dort irgendetwas passieren könnte. Nein. Sie war nicht ehrlich mit sich selbst. Sie hatte keine Angst, dass etwas passieren würde. Sie hatte Angst, dass sie irgendetwas tun könnte .
Das Auge, das sie in ihrer Vision – oder was immer es auch war – vor sich gesehen hatte, war nicht irgendein Auge gewesen. Es hatte einen ganz besonderen Farbton gehabt, ein wunderschönes, leuchtendes Graublau. Genau wie Dustys Augen.
18. Kapitel
Valet durfte mit in die New-Life-Klinik, weil man dort allgemein der Ansicht war, dass Tiere in manchen Fällen einen positiven Einfluss auf die Psyche der Kranken hatten. Dusty parkte nicht weit vom Eingangsbereich entfernt, sodass sie das Haus noch halbwegs trocken erreichten, was Valet wohl eher als enttäuschend empfand. Schließlich war er ein Retriever und als solcher eine echte Wasserratte, eine so talentierte sogar, dass es für die Aufnahme im Olympiateam der Synchronschwimmer gereicht hätte.
In seinem Zimmer im ersten Stock lag Skeet vollständig angekleidet, nur ohne Schuhe, auf der Zudecke seines Betts und schlief.
Der trostlose Winternachmittag drückte
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