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Stimmen der Angst

Stimmen der Angst

Titel: Stimmen der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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alte Zeiten, alte Freunde. Die Zukunft wurde mit keinem Wort erwähnt.
    Susan war beileibe keine Gewohnheitstrinkerin. Zwei Flaschen Bier stellten für sie schon ein Gelage dar. Im Allgemeinen machte Alkohol sie weder übermäßig lustig noch aggressiv, sondern versetzte sie in eine angenehm sentimentale Stimmung. An diesem Tag wurde sie immer stiller und in sich gekehrter.
    Schon nach kurzer Zeit bestritt Martie die Unterhaltung fast allein. Allmählich wuchs bei ihr das Gefühl, nur Schwachsinn zu reden, und so verstummte sie schließlich ebenfalls.
    Ihre Freundschaft ging so tief, dass sie auch Schweigen als angenehm empfinden konnten. Wenn diesmal in der Stille eine sonderbare Nervosität mitschwang, lag es vielleicht daran, dass Martie die Freundin insgeheim ängstlich beobachtete, weil sie befürchtete, diese könnte in denselben tranceartigen Zustand verfallen wie schon einmal an diesem Tag.
    Es erschien ihr unerträglich, die Goldberg-Variationen noch einmal zu hören, weil sie die herzzerreißende Schönheit der Musik plötzlich als deprimierend empfand. Unerklärlicherweise assoziierte sie mit einem Mal Trauer, Einsamkeit und stille Verzweiflung damit. Ehe sie es sich versah, wirkte die Wohnung nicht mehr gemütlich, sondern beklemmend, nicht beruhigend, sondern wie ein Gefängnis auf sie.
    Als Susan daher auf die Fernbedienung drückte, um die CD noch einmal von vorn abzuspielen, warf sie einen Blick auf ihre Armbanduhr und brachte einen Schwall erfundener Pflichten vor, die sie noch vor fünf Uhr zu erledigen habe.
    Nachdem Martie ihren Regenmantel übergezogen hatte, umarmten sie sich wie immer in der Küche zum Abschied. Diesmal fiel die Umarmung stürmischer aus als sonst, fast als wollten sie sich gegenseitig eine Flut von Gefühlen mitteilen, die sie mit Worten nicht ausdrücken konnten.
    Als Martie die Hand nach dem Türknauf ausstreckte, trat Susan einen Schritt zur Seite, wo sie vor dem Blick auf die furchterregende Außenwelt geschützt war. Mit einem gehetzten Unterton, so als hätte sie sich plötzlich entschlossen, ein beunruhigendes Geheimnis zu offenbaren, das sie bisher nur mit Mühe gehütet hatte, sagte sie: »Er kommt nachts, wenn ich schlafe, hierher.«
    Martie, die schon im Begriff gewesen war, die Tür zu öffnen, stockte in der Bewegung und drückte sie wieder zu, ließ den Knauf aber nicht los. »Was sagst du da? Wer kommt hierher, während du schläfst?«
    Eine neue Angst ließ das Grün in Susans Augen intensiver und heller erscheinen; sie hatten die Farbe von Eis angenommen. »Ich glaube, dass er es ist.« Susan schlug die Augen nieder. Die blassen Wangen hatten sich gerötet. »Ich habe keinen Beweis, aber wer sonst außer Eric könnte es sein?«
    Martie ließ den Türknauf los und drehte sich ganz zu Susan um. »Eric kommt nachts hierher, während du schläfst?«
    »Er behauptet, es stimmt nicht, aber ich glaube, dass er lügt.«
    »Hat er denn einen Schlüssel?«
    »Ich habe ihm keinen gegeben.«
    »Und du hast ja auch ein neues Schloss einbauen lassen.«
    »Ja. Aber irgendwie kommt er herein.«
    »Die Fenster?«
    »Morgens … wenn ich merke, dass er hier war, überprüfe ich immer alle Fenster, aber sie sind jedes Mal zu.«
    »Woran merkst du, dass er da war? Das heißt, was macht er?«
    Ohne auf Marties Frage einzugehen, fuhr Susan fort: »Er kommt und … schnüffelt herum … schleicht schnüffelnd durchs Haus wie ein streunender Hund.« Sie schauderte.
    Martie war zwar nicht gerade eine glühende Verehrerin von Eric, aber sie konnte ihn sich auch nur schwer vorstellen, wie er bei Nacht und Nebel die Treppe hinaufschlich und quasi durchs Schlüsselloch ins Haus schlüpfte. Erstens hatte er nicht genug Fantasie, um sich eine Möglichkeit auszudenken, wie er ungesehen ins Haus gelangen konnte; als Anlageberater hatte er eine Unmenge von Zahlen und Daten im Kopf, aber nicht den geringsten Sinn für Heimlichkeiten. Zweitens wusste er, dass Susan einen Revolver in ihrem Nachttisch aufbewahrte, und seine Risikobereitschaft war gleich Null; er war der Letzte, der sich der Gefahr ausgesetzt hätte, für einen Einbrecher gehalten und erschossen zu werden, selbst wenn er den perversen Wunsch gehabt hätte, seine Frau zu quälen.
    »Stellst du morgens dann fest, dass irgendwelche Dinge nicht an ihrem Platz sind … oder was?«
    Susan antwortete nicht auf ihre Frage.
    »Du hast ihn nie in der Wohnung gehört? Die bist nie aufgewacht, während er hier war?«
    »Nein.«
    »Du entdeckst

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