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Stimmen

Stimmen

Titel: Stimmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Berührung ölig gewordenen Stück Treibholz befestigt war. Das Holz baumelte von seiner Hand herunter und schwang nach links und rechts.
    »Der Beamte, der für die medizinische Untersuchung zuständig war, hat meine Adresse in Phils kleinem schwarzen Notizbuch gefunden«, erklärte Lydia. »Also haben mich irgendwelche Polizisten aufgesucht und mir mitgeteilt, er sei schon einige Tage tot.« Sie hielt ihm die Fliegengittertür auf. »Wusstest du von diesem Haus?«
    Peter schüttelte den Kopf, betrat die dunkle Diele und stellte seinen Koffer ab.
    »Mir hat er nichts davon erzählt. Bei unserer Scheidungsregelung kam es überhaupt nicht zur Sprache. Was glaubst du, wie viel ist es wert?«
    »Keine Ahnung.«
    »Na ja, lassen wir die alten Kamellen. Jedenfalls hab ich ihn in ein Krematorium in Oakland überführen lassen. Kann sein, dass ihn der Postbote gefunden hat. Er war schon einige Tage tot.«
    »Das sagtest du bereits.« Peter verzog das Gesicht.
    »Die vom Krematorium bringen ihn morgen zurück. Persönlich. Wir werden die Totenfeier im Garten abhalten. Ich hab einige Bekannte von Phil eingeladen. Und auch Freunde von mir, zur Unterstützung.«
    »Wann bist du hier angekommen?«
    »Heute Morgen. Ich habe alles so gelassen, wie ich es vorgefunden habe. Ich hoffe wirklich, dass du Phil verstanden hast, Peter, dass wenigstens irgendjemand ihn verstanden hat. Ich ganz sicher nicht.«
    Peter wusste nicht, was er darauf erwidern sollte.
    »Weißt du, trotz allem war er der netteste Typ, der mir je begegnet ist.« Lydia stupste ihn gegen die Brust. »Dich eingerechnet. Wir sehen uns morgen, gegen eins. Falls sie Phils Urne schon früher liefern, stell sie einfach auf den Sims über dem Kamin. Und, oh…«, sie streckte die Hand aus, »ich hab keine Ahnung, wo er sein Geld aufbewahrt hat. Hab alles bezahlt. Spenden sind überaus willkommen.«
    Peter zog seinen Geldbeutel heraus und entnahm ihm die fünfhundert Dollar, die Michelle ihm in Malibu gegeben hatte. Er wollte gerade mehrere Scheine aus dem Bündel lösen, als Lydia geschmeidig wie eine Schlange mit der Hand vorschnellte und sich das ganze Bündel schnappte.
    Hastig zählte sie das Geld durch. »Das deckt nicht einmal die Hälfte der Kosten«, sie strich ihm über die bärtige Wange, »aber trotzdem vielen Dank.« Über den Schotterweg spazierte sie zum VW, wobei ihre knochigen Hüften in den Jeans so weit ausschwangen, dass sie eine Acht zeichneten.
    Gleich darauf verschwand der Wagen in der nur von Sternen erhellten Dunkelheit.
    Peter blieben nicht mehr als zehn Dollar, die nicht mal für das Benzin für die Heimfahrt reichen würden.

 
Kapitel 7
     
    Im Haus herrschte völlige Stille, nichts rührte sich, selbst draußen regte sich kein Lüftchen. Hinter dem Windfang befand sich ein Gang, der an Wohnzimmer, Bad und Küche vorbei zu drei Räumen im hinteren Bereich führte.
    Nachdem er das Licht in Windfang und Gang eingeschaltet hatte, schlug er einen Bogen um zwei sorgfältig zugeklebte Kartons, auf denen mit einem Markierungsstift Namen und Daten notiert waren: UNKNOWN WORLDS 1940-43, STARTLING MSYTERY 1950-56. Selbst gezimmerte Kiefernregale voller Krimis und Science-Fiction-Taschenbücher nahmen die ganze Wand hinter der Tür ein und zogen sich um die Ecke herum bis ins Wohnzimmer, wo weitere Regale das große Vorderfenster einrahmten. Unterhalb des Fensters stand ein einzelnes Regal voller Schallplatten und alter CDs. Peter entdeckte noch weitere Regale, die bis in die dunklen Winkel eines Esszimmers reichten. Dort, wo man einen Esstisch vermutet hätte, waren Kartons aufeinander gestapelt.
    Die Wohnzimmereinrichtung bestand im Wesentlichen aus einem zerschlissenen Sofa, das vor einem verkratzten Couchtisch und dem großen Fenster stand. Von oben betrachtet, hatte der Tisch die Form eines an den Ecken abgerundeten Quadrats, wie der Schirm eines alten Schwarzweißfernsehers. In den Fünfzigerjahren hatten diese geschwungenen Linien als Design der Zukunft gegolten. Peter fielen dabei die indianischen Muster der Fernsehtestbilder und das von der Monsanto-Gesellschaft gestaltete Haus der Zukunft in Disneyland ein. Wie schnell diese Träume von schnittigen Kurven doch Teil der längst vergessenen, längst begrabenen Vergangenheit geworden waren.
    Ihrer gemeinsamen Vergangenheit.
    Phil hatte eine Vorliebe für alte Schwarzweißfilme gehabt. Und sein Musikgeschmack war sogar noch konservativer als Peters gewesen: Bach, Haydn, Mozart, keine Rockmusik, nur

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