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Stimmen

Stimmen

Titel: Stimmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Laufe des kommenden Tages am späten Nachmittag oder Abend abgehalten. Sie gab ihm die Adresse und Telefonnummer durch. »Es wird keine Beerdigung stattfinden. Phil wollte eingeäschert werden. Es kommen nur ein paar Freunde, vor allem aus der Zeit unserer Ehe.«
    Während er die Nachricht nochmals abhörte, fielen ihm vor allem zwei Dinge auf: Lydia hatte tatsächlich einmal zum Telefon gegriffen, und Phil hatte ein Haus in Marin besessen.
    »Wer hätte denn so was gedacht?«, murmelte er mit kindischem Groll, fast schon Ärger, als nähme er es Phil nachträglich übel, dass er gewisse Dinge für sich behalten hatte. Erst hatte Phil Geheimnisse vor seinem besten Freund gehabt und ihn dann auch noch im Stich gelassen.
    Er machte sich ans Packen.

 
Kapitel 5
     
    Joseph, der sich auf einem Liegesessel ausgestreckt und ein geblümtes Handtuch über die Knie gelegt hatte, hörte Peters Bericht mit grauem, unbewegtem Gesicht zu. Nicht einmal die Sonne, die durch die Glasblenden über dem Schwimmbecken drang, vermochte ihm ein wenig Farbe zu verleihen. Er wirkte so apathisch wie ein alter Herrscher, der schon alles im Leben gesehen und erlebt hat.
    Nachdem Peter zum Ende gekommen war – den letzten Teil des Abends hatte er weggelassen, da er noch immer nicht schlau daraus wurde –, trommelte Joseph mit dem Daumen auf sein vom Handtuch umhülltes Knie. »Sandaji hat mein Geld also akzeptiert?«
    »Ihre Assistentin hat’s entgegengenommen.«
    »Alle Kinder Gottes brauchen Geld«, stellte Joseph enttäuscht, aber schicksalsergeben fest. So resigniert hatte Peter ihn noch nie erlebt.
    »Ehrlich gesagt hatte ich erst vergessen, das Geld abzuliefern, und musste noch einmal zurück. Ich dachte schon daran, es einfach zu behalten.« Manchmal konnten solche Eingeständnisse typisch menschlicher Habgier und Schwäche Joseph aufheitern.
    »Ich hätt’s sicher behalten«, erwiderte Joseph. »Was hat sie mit der Antwort gemeint?«
    Peter zuckte die Achseln. »Wie Sie wissen, hab ich mit diesem Seelen-Hokuspokus nicht viel am Hut.«
    »Ich früher auch nicht, aber inzwischen denke ich ernsthaft über solche Dinge nach.«
    »Alt werden wir alle«, tröstete Peter.
    »Teufel noch mal, Sie können doch immer noch ums Haus rennen und mit Frauen schlafen, wenn Sie gerade Lust haben. Für mich ist schon jeder Gang zum Klo ein Abenteuer.«
    »Sie sind doch zäh wie ein Bulle.« Peter schirmte die Augen gegen die Sonne ab.
    »Tja, zäh wie alte Bullenscheiße. Ich krieg ihn noch hoch, kann aber nicht sagen, dass ich noch Lust drauf hätte.«
    Eine Minute saßen sie schweigend da.
    »Ich hab ein sündhaftes Leben geführt«, sagte Joseph schließlich. »Hab Leuten geschadet, ihnen wehgetan. Hab mich herumgetrieben und jeden denkbaren Schlamassel angerichtet. Und trotzdem sitze ich jetzt hier, lass es mir gut gehen, genieße die Sonne, das Meer, die Hügel und den kühlen Nachtwind und besitze ein großes Stück vom Paradies. Das bringt einen schon ins Grübeln. Wo bleibt da die Gerechtigkeit? Wo die verdiente Strafe?«
    Peter, der nicht in der Stimmung war, solche so genannten letzten Dinge zu erörtern, ging nicht darauf ein.
    »Wohin gehen wir alle?« Joseph hatte die Stimme zu einem heiseren Flüstern gesenkt.
    »Ich jedenfalls bin demnächst in Marin und nehme an einer Totenfeier teil«, erklärte Peter trocken. »Das bringt einen schnell auf den Boden der Tatsachen zurück, oder?«
    »War Ihr Freund ein guter Mensch?«
    Peter zuckte die Achseln. »Jedenfalls ein besserer Mensch als ich, ein wahrer Gunga Din.« [v]
    Joseph schenkte ihm ein trockenes Lächeln. »War er Ihr Wasserträger?«
    »Er hat mir das Leben gerettet, als ich völlig am Ende war. Und für die Chance, einen Blick auf die Damenwelt zu werfen, hat er viele Beleidigungen ertragen.«
    »Klingt so, als hätte er zumindest einen guten Freund gehabt«, sagte Joseph mit milderer Stimme. Ich kann direkt zusehen, dachte Peter, wie die Sonne diesen kühlen Menschen mit dem grauen Gesicht auftaut. Die Sonne und der Gedanke an die Totenfeier.
    »Das, was ich letzte Nacht gesehen habe, würde Ihnen bestimmt gefallen«, erklärte Joseph unvermittelt. Er starrte auf den Horizont und das von leichtem Nebel verhangene blaue Meer jenseits der Rasenflächen und Hügel. »Glauben Sie an Geistererscheinungen, Peter?«
    »Sie wissen doch, dass ich an so was nicht glaube.«
    »Ich hoffe, ich sehe diese Gespenster nie wieder.«
    Peter lief unwillkürlich ein Schauer über den Rücken. Ihm

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