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Stimmen

Stimmen

Titel: Stimmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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passte diese Wendung des Gespräches ganz und gar nicht.
    Wieder schwiegen sie beide.
    Joseph zog eine Grimasse, als hätte er Magenschmerzen, und schwenkte die Hand. »Ich werde Michelle sagen, dass sie Ihnen ein Zusatzhonorar von fünfhundert Dollar auszahlen soll. Schauen Sie bei uns herein, wenn Sie wieder da sind.«
    Während Peter sich auf den Weg zu Michelle machte, rief Joseph ihm übers Schwimmbecken hinweg noch etwas hinterher: »Michelle hat mir erzählt, dass diese verdammten Plastikdinger tatsächlich funktionieren. Sie gibt sie jetzt an ihre Freundinnen und Freunde weiter. Vielleicht hab ich diesen jungen Mistkerl ja zu früh an die Luft gesetzt.« Er winkte ihm nochmals zu. Die Welt war wieder in Ordnung.
     
    •
     
    Als Michelle Peter im Foyer fünfhundert Dollar in bar gab, war sie ungewöhnlich still. Inzwischen war es elf. Das ganze verdammte Gebäude strahlt Traurigkeit aus, dachte Peter.
    »Wann richten Sie endlich ein Girokonto ein?« Michelle nervte ihn wieder einmal mit einem ihrer Lieblingsthemen. Peter hatte alle Kreditkarten abgeschafft und auch nie Schecks dabei. Das Einzige, was er besaß, war ein mageres Sparkonto. Mittlerweile zahlte er alles bar und beglich die Rechnungen nach Möglichkeit persönlich. Seine Überweisungen, auch die ans Finanzamt, ließ er Helen ausstellen, wenn er sie besuchte, um bei ihr das Geld für ihr gemeinsames Kind abzuliefern.
    »Wenn ich wieder Yuppie-Status erworben habe«, erwiderte er.
    »Sie können ein solcher Sturkopf sein!«, bemerkte Michelle.
    Als er aufbrach, gab sie ihm flüchtig einen Kuss auf die Wange und einen freundschaftlichen Klaps auf den Hintern und wünschte ihm alles Gute für die Reise nach Marin. »Lassen Sie sich davon nicht runterziehen«, ermahnte sie ihn.
    Sein Gepäck lag bereits im Porsche. Nachdem er die gewundene Straße zum Pacific Coast Highway heruntergefahren war, bog er links ab und fädelte sich in den schwachen Verkehr ein.
    In seinem bisherigen Leben hatte er sich schon mehr als genug mit Trauer, dem Gefühl unerträglichen Verlustes und hochfliegenden Erwartungen herumgeschlagen. Nachdem er ganz unten angekommen war und die manische Angst und der Alkohol ihn fast umgebracht hätten, hatte er sein Leben schließlich völlig umgekrempelt und war zum desillusionierten Abstinenzler geworden. Hatte sich einen Schutzpanzer zugelegt und sein Inneres unter vielen Schichten verborgen.
    Und jetzt versuchten bestimmte Menschen aus unerfindlichen Gründen diese Schichten zu durchstoßen. Zuerst Sandaji, und nun auch Joseph.
    Vergiss es am besten, sagte er sich. Als er in den Rückspiegel blickte, begegneten ihm Augen, die aufgrund des warmen Luftzugs zusammengekniffen waren und deshalb zynisch wirkten. Er fletschte die Oberlippe wie eine Wildkatze und sagte mehrmals »Gespenster der Vergangenheit« vor sich hin – wobei er den von Bert Lahr verkörperten »Feigen Löwen« aus dem alten Film »Der Zauberer von Oz« zu imitieren versuchte.
    Als er sich rund achtzig Kilometer nördlich von den Weinbaugebieten befand, auf der Schnellstraße 5 immer weiter nach Norden fuhr und die Monotonie der Straße ihn einlullte, spürte er, wie sich eine seltsam tröstliche Stille im Wagen ausbreitete, die alle Geräusche filterte. Er konnte zwar immer noch den Fahrtwind, das Brummen des Motors und das Knirschen der Reifen auf der unebenen Straße hören, dennoch war es still. So etwas passierte ihm hin und wieder. Wenn er sich in einem ruhigen Raum befand, traten die Geräusche der Umgebung mitunter in den Hintergrund und wichen einem fernen, hohen Summen, das nach und nach in eine andere Art von Stille überging. Er erinnerte sich noch daran, wie er als kleiner Junge auf das Säuseln der Luft gelauscht hatte. Damals waren seine Ohren viel empfindlicher als heute gewesen.
    Instinktiv strich er über die Jackentasche, in der er das grüne Trans spürte.
    Während der Verkehr immer spärlicher und die schnurgerade Straße immer langweiliger wurde, ließ er die Gedanken schweifen. Irgendwann, ehe diese Welt der High-Tech-Kommunikation ihm alle leidenschaftlichen Gefühle austrieb, würde seine letzte wahre Liebe ihn ansprechen und mit ihrer Stimme das Geschnatter aller anderen Frauen in seinem Umfeld übertönen. Nur in diesem Punkt glaubte Peter noch an höhere Dinge. Er hatte die fixe Idee, dass er diese Idealfrau suchen musste und eines Tages auch finden würde, eine Schönheit, die gelassen und belustigt hinter all seinen Gedanken und

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