Stipatus - Der silberne Nebel (German Edition)
ein. Es schien zu wirken, sein Atem wurde regelmäßiger und er löste seine Hand. Mit entschlossener Miene öffnete er seine Augen. Er brauchte Christopher nicht, um das hier zu überstehen.
Er nahm einen tiefen Atemzug und zog seine Brille über seine Augen. Mit ernstem Blick sah er auf die Tür am anderen Ende. Aus dem Spalt leuchtete plötzlich hell das Licht einer grünen Lampe.
Langsamen Schrittes ging er hinein. Nachdem er seinen Fuß in den Flur setzte, fing die Tür an leicht zu rütteln. Er versuchte so schnell wie möglich hindurch zugehen, doch jeder Schritt fiel ihm schwerer. Das Summen der Lampe und der seltsame Gestank von verbranntem Fleisch, Blut und verwestem, der in der Luft lag, vernebelten seine Sinne. Wieder war das Lachen von Kindern zu hören, die sich mit dem lauten Kreischen und Weinen derselben Kinder vermischte.
Desmond keuchte laut und hielt sich dabei krampfartig an seiner Brust fest. Sein Herz schlug so schnell als könnte es jeden Moment zerreißen. Er konnte nicht mehr klar denken und torkelte dabei von einer Seite zur anderen.
Mit großer Mühe lief er an dem Radio vorbei. Das Kratzen wurde immer lauter bis es auf einmal eine seltsame fröhliche Musik spielte. Panik machte sich in ihm breit und er versuchte schneller zu gehen. Die Türe rüttelte nun stärker und schlug immer wieder kräftig zu.
Nachdem er es endlich zu ihr geschafft hatte, blieb sie einfach weit geöffnet stehen. Noch immer laut atmend musste Desmond vor Erleichterung leicht lächeln. Er wollte sich gerade mit einer Hand an der Öffnung festhalten, doch in diesem Moment knallte sie zu. Der laute Knall ließ seine Hand zurückschrecken. Der Gang schien plötzlich immer länger zu werden und die Tür verschwand dabei in seiner Unendlichkeit. Die Lampen hörten auf zu flackern und das Summen wurde immer lauter.
Sie wurden so laut und hell, dass sich Desmond seine Augen und Ohren zuhalten musste. In einem lauten Knall zerbarsten die Lampen und tausende kleiner Glassplitter fielen auf ihn herab.
Laut und unregelmäßig atmend versuchte er sich in der Dunkelheit etwas zurechtzufinden. Doch es war so dunkel, das selbst er nichts sehen konnte. Als würde er in einem Raum ohne Decke oder Wänden stehen. Als würde ihm nichts weiter als eine große Leere umgeben.
Das Licht einer grünen Lampe flackerte hinter ihm auf. Langsam drehte er sich um. Direkt unter der Lampe stand ein Mann in einem Arztkittel, mit dem Rücken zu ihm gewandt. Er pfiff fröhlich das Lied, das er zuvor aus dem Radio gehört hatte und schnitt dabei an einer Frau mit langen weißen Haaren herum.
Das Gesicht der Frau wirkte traurig. Sie blinzelte kurz und sah mit ihren weinenden Augen stumm auf Desmond. Sie hatte viele, rote Blutergüsse in ihrem Gesicht. Als sie Desmond erblickte lächelte sie fröhlich, doch im nächsten Moment nahm ihr Gesicht jedoch einen kalten und leblosen Ausdruck an.
Der Mann hörte auf zu pfeifen und legte sein Skalpell neben ihr ab. Die Frau folgte mit ihren Augen seiner Hand.
»Du bist also wieder zu mir zurückgekommen, Neunzehn?«
Langsam drehte er sich zu ihm um. Überall an seinem ganzen Körper war er durch und durch mit dem blauen Blut bedeckt. Seine Handschuhe tropften sogar immer wieder.
Er führte seine rechte Hand auf seinen Mundschutz zu und zog diesen hinunter. Sein Bart war bereits vollkommen grau und wirkte ungepflegt. Er grinste Desmond mit seinen krummen gelben Zähnen an.
»Sollen wir da weiter machen, wo wir aufgehört haben?«, lächelte er.
Im nächsten Moment erwachte Desmond wieder aus seinen Albtraum. Es dauerte mehrere Herzschläge, bis sich seine Sicht klarte. Direkt vor ihm hatte sich Andrew zu ihm hinuntergebeugt und sah ihn besorgt an. Neben ihm stand der weiße Hund, der leise winselte.
»Geht es Euch gut?«, fragte Andrew ihn besorgt. »Die Alkahest Kristalle hier scheinen Euch wirklich sehr mitgenommen zu haben.«
»Alkahest Kristalle?«, fragte Desmond noch immer leicht im Delirium.
»Ich habe ihn vorhin mit Ethan entdeckt. Er blieb natürlich auf Abstand, doch für mich sind diese Steine ein wahrer Energiebringer! Ich hab mir sogar einen besonders hell leuchtenden mitgenommen«, sagte er und deutete auf seine Jackentasche. »Der wird mir in meinen Kämpfen sicherlich mehr als nur Glück bringen!«
Desmond antwortete nicht. Er saß in einer Ecke des Flures und hatte seine weißen Klauenhände so tief in seinen Kopf gebohrt, dass er dadurch schon leicht blutete. Vorsichtig löste
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