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Stirb ewig

Titel: Stirb ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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der Schlafcouch, setzte sich hin und zog eine Tabakdose aus der Tasche. Er öffnete sie mit dem Daumennagel, holte Blättchen hervor und drehte sich mit einer Hand eine Zigarette. Grace sah fasziniert zu.
    »Mr Wheeler, Sie haben gesagt, Ihr Sohn habe mit dem vermissten Michael Harrison über Walkie-Talkie kommuniziert.«
    Phil Wheeler leckte über das Papier und verklebte die Zigarette. »Ich begreife nicht, wie jemand meinem Jungen was zu Leide tun konnte. Er war der freundlichste Mensch der Welt.« Er tippte sich mit der Zigarette an den Kopf. »Der arme Kerl hatte – Sie wissen schon – Wasser im Hirn, Enzephalitis. Er war langsam, aber die Leute mochten ihn gern.«
    Grace lächelte mitfühlend. »Er hatte viele Freunde bei der Verkehrspolizei.«
    »War ein anständiger Junge.«
    »Das hat man mir auch so gesagt.«
    »Er war mein Leben.«
    Grace wartete ab. Wheeler zündete die Zigarette mit einem Streichholz an, dann wogte der süßliche Rauch zu Grace hinüber. Er atmete tief ein, genoss den Geruch, wenn auch nicht seine Aufgabe: Mit den Angehörigen der Opfer zu reden war ihm immer am schlimmsten erschienen.
    »Können Sie mir etwas über diese Gespräche sagen? Über das Walkie-Talkie?«
    Der Mann inhalierte, ließ Rauch aus Mund und Nasenlöchern quellen. »Ich war ganz schön sauer auf ihn – muss Freitag oder Samstag gewesen sein. Ich wusste ja nicht, dass er das verdammte Ding überhaupt hatte. Letztlich hat er mir dann erzählt, dass er es bei dem schrecklichen Autounfall am Dienstag gefunden hat. Dem mit den vier jungen Männern.«
    Grace nickte.
    »Er redete ständig von seinem neuen Freund. Ehrlich gesagt, hab ich nicht viel drauf gegeben. Davey lebte in – wie sagt man – in seiner eigenen kleinen Welt, redete mit Leuten, die nur in seinem Kopf existierten.« Er legte die Zigarette in einen Blechaschenbecher, betupfte seine Augen mit einem zerknüllten Taschentuch und zog die Nase hoch. »Er hat ständig geredet – da musste ich manchmal abschalten, sonst wäre ich durchgedreht.«
    »Wissen Sie noch, was er über Michael Harrison gesagt hat?«
    »Er war sehr aufgeregt, am Freitag war das, glaube ich. Jemand hätte gesagt, er könne ein Held werden. Er liebte nämlich amerikanische Krimiserien, wollte immer ein Held sein. Er wüsste angeblich, wo jemand sei, und dass er es als Einziger auf der Welt wüsste und dass er darum die Chance hätte, ein Held zu werden. Ich hatte viel zu tun, musste zwei Autowracks reinbringen, und hab nicht richtig geschaltet.«
    »Haben Sie das Walkie-Talkie noch?«
    Er schüttelte den Kopf. »Davey muss es mitgenommen haben.«
    »Konnte er Auto fahren?«
    Wheeler schüttelte den Kopf. »Nein. Er fuhr gern den Laster, auf ruhigen Straßen hab ich ihn gelassen, hatte dabei die Hand am Lenkrad. Aber richtig fahren lernen konnte er nicht, das ging nicht. Er hatte nur ein Mountainbike.«
    »Man fand ihn knapp zehn Kilometer von hier. Meinen Sie, er wollte Michael Harrison suchen? Um ein Held zu werden?«
    »Ich musste am Samstagnachmittag einen Wagen abschleppen. Er wollte nicht mitkommen, weil er was Wichtiges zu erledigen hatte.«
    »Etwas Wichtiges?«
    Phil Wheeler zuckte traurig die Achseln. »Er wollte gerne jemand sein.«
    Grace lächelte und dachte, genau wie wir alle. Dann fragte er: »Haben Sie eine Ahnung, wo Michael Harrison sein könnte?«
    »Nein, ich habe ja nicht geschaltet und nicht richtig zugehört, was er erzählte.«
    »Dürfte ich mir das Zimmer Ihres Sohnes einmal ansehen, Mr Wheeler?«
    Er deutete an Grace vorbei. »Im Bürocontainer. Davey hat sich da drin wohl gefühlt. Sie können rübergehen – verzeihen Sie, aber ich kann nicht – « Er zog wieder das Taschentuch hervor.
    »Schon gut, das verstehe ich.«
    »Die Tür ist offen.«
    Grace ging über den Hof zum Bürocontainer. Der Hund, den er nach wie vor nicht entdecken konnte, bellte wieder los, noch aggressiver als zuvor. An der Wand neben der Eingangstür hing ein Schild:
    EINDRINGLINGE WERDEN ERSCHOSSEN!
    Er öffnete die Tür. Der Boden war mit Teppichfliesen ausgelegt, die sich an den Rändern hochbogen. Darauf verstreut lagen Socken, Unterhosen, T-Shirts, Verpackungen von Süßigkeiten, eine offene Hamburgerschachtel, deren Deckel mit Ketchup verschmiert war, Autoteile, Radkappen, alte amerikanische Nummernschilder und mehrere Baseballkappen. Das Zimmer war noch unordentlicher als der Bungalow und roch nach Schweißfüßen. Grace fühlte sich an die Umkleideräume in der Schule

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