Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Stirb ewig

Titel: Stirb ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
Vom Netzwerk:
Damit gewann er ein paar Zentimeter Höhe. Aber wozu? Er würde sterben, auch wenn er nicht wusste, wie viel Zeit ihm noch blieb. Lange würde es nicht mehr dauern.
    »Ashley«, hauchte er schwach, »Ashley, mein Liebling.«
    Dann drang ihm Wasser in den Mund.
    Er rieb mit der Taschenlampe an der Kerbe im Deckel, die stetig breiter und tiefer wurde. Er dachte an die Hochzeit. Seine Mutter hatte ihm das Kleid gezeigt, das sie sich gekauft hatte, dazu den Hut, die Schuhe und die neue Handtasche. Sie wartete auf seine Zustimmung, wollte wissen, ob sie an diesem ganz besonderen Tag gut aussehen würde, er sollte stolz auf sie sein und Ashley auch. Er erinnerte sich an den Anruf seiner kleinen Schwester, die so aufgeregt war, weil er ihr den Flug von Australien bezahlte. Sie war inzwischen da, wartete bei seiner Mutter und machte sich fertig.
    Sein Nacken tat so weh, dass er den Schmerz kaum ertragen konnte. Gleich musste er ihn entspannen, sich zurücksinken lassen, den Atem anhalten, sich erneut aus dem Wasser hochstemmen. Was bald auch nicht mehr möglich wäre.
    Er weinte vor Hilflosigkeit und Angst, schlug gegen den Deckel, hämmerte dagegen. Drückte wieder den Sprechknopf. »Davey! Davey! Hey, Davey!«
    Er spuckte Wasser.
    Jede Zelle in seinem Körper zitterte vor Kälte.
    Rauschen.
    Seine Zähne klapperten. Er schluckte einen Mundvoll schlammiges Wasser, dann noch einen. »Bitte, bitte, helft mir, helft mir doch.«
    Er versuchte, sich zu beruhigen, an seine Rede zu denken. Er musste sich bei den Brautjungfern bedanken. Einen Toast aussprechen. Zuerst aber musste er seiner Mutter danken. Der Toast für die Brautjungfern kam zuletzt. Komische Geschichten zum Besten geben. Pete hatte ihm einen tollen Witz erzählt. Von einem Paar, das in die Flitterwochen fährt und –
    Flitterwochen.
    Alles war gebucht. Sie würden morgen um neun Uhr fliegen, nach Thailand. Erster Klasse – das wusste Ashley nicht, das war die besondere Überraschung.
    Holt mich raus, ihr Idioten, ich verpasse meine Hochzeit, meine Flitterwochen. Kommt schon! Sofort!
     

    37
     
     
     
    DIE UHR AM ARMATURENBRETT DES FORD zeigte dreizehn Minuten nach sieben. Branson und Grace fuhren an den eleganten Stadthäusern aus der Regency-Ära von Kemp Town vorbei, bogen dann ab auf eine Straße, die hoch über die Klippen führte, vorbei an den kolossalen neogotischen Gebäuden des Mädcheninternats Roedean und dem Art-Deco-Bau des St. Dunstan’s-Blindenheims. Der Regen peitschte gegen die Scheibe, der Wind rüttelte den Wagen förmlich durch. Es regnete seit Tagen. Branson schaltete das Radio ein, um das Knistern des Polizeifunks zu übertönen, und wiegte sich im Rhythmus eines Songs der Scissors Sisters.
    Grace tolerierte die Musik vorübergehend, bevor er die Lautstärke wieder herunterdrehte.
    »Was ist los, Mann – die Band ist total cool.«
    »Toll.«
    »Wenn du dir jemanden an Land ziehen willst, musst du mit der Zeit gehen.«
    »Mit dir als Kultur-Guru, oder wie?«
    Branson warf ihm einen Seitenblick zu. »Ich sollte mich auch als Stil-Guru betätigen. Ich kenne da einen Friseur – Ian Habbin bei The Point. Er soll dir ein paar Fransen schneiden – du siehst wirklich aus wie von vorgestern.«
    »Und fühle mich wie von morgen«, versetzte Grace. »Du hast mich nämlich zum Mittagessen eingeladen. Jetzt ist die Teezeit vorbei, wir sind kurz vor dem Abendessen. Wenn wir so weitermachen, können wir sogar zusammen frühstücken.«
    »Seit wann hast du denn ein Leben neben der Arbeit?«, fragte Branson und bereute seine Frage sofort. Er spürte den Schmerz seines Freundes, ohne ihn ansehen zu müssen. »Tut mir Leid, Mann.«
    Sie fuhren durch das schicke Dorf Rottingdean, das oben auf den Klippen thronte, einen Hang hinauf, durch eine Senke, vorbei an den wuchernden Vororten von Salthaven und Peacehaven.
    »Die nächste links«, sagte Grace. Er lotste Branson durch ein Labyrinth von hügeligen Sträßchen, in denen sich Bungalows und kleine Reihenhäuser drängten, und ließ ihn vor einem schäbigen Bungalow parken, vor dem ein noch schäbiger wirkendes Wohnmobil stand.
    Sie eilten durch den Regen unter das winzige Vordach, an dem ein tönendes Windspiel hing, und drückten die Klingel. Ein winziger, drahtiger Mann, der ein Ziegenbärtchen, einen langen grauen Pferdeschwanz, Kaftan und Arbeitshose und ein Medaillon mit dem ägyptischen Ankh-Symbol trug und Mitte siebzig sein mochte, begrüßte sie mit hoher Stimme und griff überschwänglich nach

Weitere Kostenlose Bücher