Stirb für mich: Thriller
riss beide Arme hoch, als hätte er etwas gewonnen. In dem Park war jetzt kein Mensch mehr zu sehen, nur die Raben am dunkler werdenden Himmel, unterwegs zu einem Krähenwald. Sein Gesicht war trotz des beißenden Windes heiß, als er mit tauben Fingern unbeholfen die SIM -Karten austauschte und die alte in einen Mülleimer in der Nähe warf. Er atmete tief durch und blickte noch einmal über die Stadt. Der Goldbarren an der Canary Wharf war verschwunden. Die Dunkelheit senkte sich herab und machte ihn kühner. Er wischte sich Tränen aus den Augenwinkeln und schlug mit der geballten Faust in die Luft, als würde er jemandem, der bereits angezählt war, den Todesstoß versetzen.
»Das war brillant«, sagte Boxer. »Absolut perfekt. Ich bin stolz auf dich.«
Isabel sagte nichts. Sie lag völlig erschöpft auf dem Sofa, und ihre Bauchmuskeln zuckten, als würden die Gefühle, die sie nicht herausschreien konnte, einen anderen Ausdruck suchen.
»Ich bin fertig«, murmelte sie. »Ich bin total erledigt.«
»Nein, bist du nicht. Du hast gerade erst angefangen. Er wird zurückrufen. In wenigen Minuten. Das verspreche ich dir. Und du wirst ihm zeigen, wie stark du bist. Noch einmal. Und nicht nachgeben. Du kannst ihm die nächsten zwanzig Riesen geben, wenn du willst. Aber vergiss nicht: Er ist verzweifelt. Er mag sich kühn anhören, doch wir wissen, unter welchem Druck er steht. Ich glaube, er ist möglicherweise leicht angetrunken. Seine Stimme klang irgendwie belegt, anders als vorher. Und jetzt wieder aufrecht, Isabel.«
Sie setzte sich hin und sah ihm in die Augen.
»Wo bleibt der verdammte Chico?«, fragte sie mordlustig.
»Genau so. Das ist schon viel besser. Ich rufe ihn an.«
Boxer versuchte es auf D’Cruz’ Handy: zurzeit nicht erreichbar. Er schickte eine SMS . WIR BRAUCHEN DICH UND DAS GELD SOFORT !
Isabel schluchzte leise vor sich hin, die Stirn in die Hände gestützt; hin und wieder brach es kurz aus ihr heraus, als würde sie an ihren Emotionen ersticken. Er fasste sie an den Schultern, hielt jedoch eine Armeslänge Abstand.
»Es besteht nicht die geringste Chance, dass er seine Drohung wahr macht. Er hat sich aufgepumpt, um kühn und aggressiv rüberzukommen, aber das ist nicht seine Natur.«
»Du hast gesagt, er hätte schon jemanden umgebracht. Ich habe den Entwurf für die Pressemitteilung gesehen. Sie haben beide Menschen getötet.«
»Sie haben auf Befehl von Archibald Pike andere Verbrecher getötet. Die Umstände kennen wir nicht. Vielleicht hatte er das Gefühl, dass er es tun musste , und wahrscheinlich hat Skin ihm Druck gemacht, der der komplett entgegengesetzte Typ ist«, sagte Boxer. »Aber der Umgang mit einer Geisel ist etwas ganz anderes. Zunächst einmal will man, dass die Geisel am Leben bleibt, damit man sein Geld bekommt. Zweitens entwickelt man bei der Aufsicht über die Geisel eine Beziehung zu ihr, was drittens bedeutet, dass es immer schwieriger wird, die Drohung auszuführen, was zudem weitere Zeit kosten würde. Brillant, wie du ihm erklärt hast, dass er sich durch den Einsatz eines Kuriers verraten könnte.«
»Du hast es mir vorgesagt.«
»Aber du hast es rübergebracht. Du hast es in das Gespräch einfließen lassen, als wäre es dein Gedanke, und das unter extremem Druck«, sagte Boxer, ließ ihre Schultern los und nahm ihre Hände in seine. »Du bist besser, als ich es mir jemals hätte erhoffen können.«
»Ich hätte auf dich hören sollen.«
»Das hast du. Und du bist vorgetreten und hast geliefert.«
»Ich meine, du hattest recht. Jemand anders sollte das machen. Mir geht es zu … zu sehr unter die Haut.«
»Aber du machst es, und du wirst es zu Ende bringen«, sagte Boxer und sah ihr in die Augen. »Vergiss nicht, du spielst eine Rolle. Es ist eine schwierige Rolle, aber du hast in dir die Kraft gefunden, sie auszufüllen. Klammer dich an deinen eisernen Willen und lass nicht zu, dass dieser kleine Scheißer Dan die Oberhand gewinnt.«
Das Telefon klingelte. Boxer packte ihre Hände, damit sie nicht sofort nach dem Hörer griff. Er küsste sie und ließ sie los. Auch danach stürzte sie sich nicht auf das Telefon.
»Du kannst ihm jetzt von den anderen Gangs und der Polizei erzählen, wenn du es für nötig hältst.«
Sie blickte mit aufgesetzter Coolness zum Telefon und ließ es noch zweimal klingeln, bevor sie den Hörer abnahm.
»Hallo, Dan«, sagte sie und starrte in Boxers Augen.
»Ich halte meine Anrufe kurz, damit Sie sie nicht
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