Stirb für mich: Thriller
sauber. An einer Kleiderstange hingen weiße Papieroveralls auf Bügeln, auf einer der Arbeitsplatten waren elektrische Laborwagen aufgereiht, und in der Ecke stapelten sich Kisten mit Plastiktütchen. In den Regalen standen etikettierte Gefäße mit weißen Pulvern: Koffein, Chloroquin, Paracetamol und Phenolphtalein. Hier wurden monatlich zweihundert Kilo Heroin verschnitten, gestreckt, abgewogen, eingetütet und zu den Dealern im gesamten Londoner East End verschickt.
Der Rat war keine organisierte Gruppe oder Teil einer solchen und hatte auch keine Verbindung zu einer dschihadistischen Zelle im Untergrund, obwohl sämtliche Mitglieder die Ziele von Al-Qaida unterstützten. Für sie war der Heroinhandel ein Weg, den christlichen Westen zu unterminieren und die Erlöse würdigen Bewegungen in Pakistan oder den armen Bauern in Afghanistan zukommen zu lassen. Keiner von ihnen war militärisch ausgebildet, was jedoch nicht bedeutete, dass ihnen Gewalt oder Waffen fremd waren. Zwei von ihnen hatten schon Menschen erschossen, jedoch nicht aus religiösem Eifer, sondern weil sie ihr Revier gegen lokale weiße Banden mit Namen wie Beckton Man Dem oder JC Boyz verteidigen mussten.
»Das ist alles?«, fragte einer der jungen Männer. »Du willst, dass wir diese Entführer in einer Acht-Millionen-Stadt nur anhand des Namens ihres Opfers finden?«
»Wer sagt überhaupt, dass sie in London sind?«, fragte ein anderer.
»Die Bevölkerung von Greater London inklusive der Vororte liegt wahrscheinlich eher bei zwölf Millionen.«
»Aber wer sagt, dass sie in London sind?«
»Ich gebe euch nur die Anweisungen weiter, die wir von unseren muslimischen Brüdern in Pakistan erhalten haben«, sagte Cheema. »Die Sache ist dringend. Es ist unsere Pflicht, diese Leute zu finden, und sei es mit noch so spärlichen Informationen. Ich will Ideen hören. Positives Denken.«
Es klopfte in einem präzisen Rhythmus an der Tür. Cheema machte eine Kopfbewegung, und eines der jüngeren Mitglieder des Rates erhob sich, um den Neuankömmling hereinzulassen. Dieser nahm am Tisch Platz und ließ sich von seinem Nachbarn auf den neuesten Stand bringen, während die anderen schwiegen.
»Ich glaube, da kann ich euch helfen«, sagte der Neuankömmling, ein stiller, schüchterner Mann mit eckigem Schädel, an den Seiten und im Nacken rasiert und oben mit spitzen, hochgegelten Strähnen. Er war Anfang zwanzig und hieß Hakim Tarar.
Alle Köpfe wandten sich Tarar zu, der bei den Treffen nur selten etwas sagte.
»Erzähl es uns, Hakim. Niemand sonst hat eine Idee.«
»Wie ihr wisst, wohne ich in Bethnal und trainiere als Boxer im Repton Boys Club«, sagte Tarar. »Mein Sparringspartner ist ein Junge von hier, Engländer. Er hat mir nach dem Training in der Umkleidekabine den neuesten Klatsch erzählt. Bethnal Green und Stepney werden auf den Kopf gestellt, weil mehrere Banden nach zwei Männern suchen, die ein Mädchen gestohlen haben.«
»Welche Banden?«
»Weiße. Old School. Niemand, den wir kennen.«
»Sie haben ein Mädchen gestohlen?«
»Was heißt das? Ist das so ein Sex-Ding?«
»Mein Kumpel war sich nicht sicher. Er glaubt, es hat etwas mit einer Schießerei oder einer Entführung zu tun. Er hat die Geschichte nicht ganz zusammenbekommen, aber die Polizei tauchte auch darin auf«, sagte Tarar. »Und er meinte, dass eine Menge Zivilbullen unterwegs wären. Das stimmt, ich hab sie gesehen. Ich dachte, es wäre eine Drogenrazzia, aber sie sind alle hinter denselben zwei Typen her.«
»Diese Schießerei? Ist das die in der Grange Road, über die alle reden?«, fragte ein anderer. »Es kam sogar im Radio.«
»Haben wir irgendwelche Namen?«, fragte Cheema.
»Ich kenne nur den Namen von einem der Bandenchefs«, sagte Tarar. »Ein gewisser Joe Shearing, der sich im Repton Boys Club engagiert. Ich kenne ihn, weil er nach der Überschwemmungskatastrophe 2010 ein paar Jugendliche aus Pakistan hergeholt hat.«
»Geh zurück zu deinem Sparringspartner oder, wenn du ihn gut genug kennst, zu Joe Shearing persönlich«, sagte Cheema. »Besorg uns ein paar Namen. Wir sollten die lokalen und nationalen Nachrichten verfolgen. Wenn die Polizei eingeschaltet ist, wendet sie sich vielleicht mit der Bitte um Informationen an die Öffentlichkeit. Wir brauchen Fotos, wir brauchen Adressen. Und zwar schnell. Wenn jemand eine Information hat, möchte ich nicht, dass ihr am Handy darüber sprecht, nicht einmal über die Wegwerfhandys. Ihr schickt mir den
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