Stirb für mich: Thriller
er Mistrys improvisierte Geschichte hörte, die gruselig wahr klang.
Sie fuhren an dem Haus in der Park Road vorbei und weiter auf den Primrose Hill, wo Boxer Mistry zeigte, wohin er Chhota Tambe führen sollte. Dann setzte er ihn vor Tambes Haus ab, parkte den Wagen und ging zu Fuß den Primrose Hill hinauf zu der Bank mit Blick auf den BT -Tower. Sein Handy klingelte; er durfte nicht vergessen, es auszuschalten. Deacon.
»Wie läuft’s, Simon?«
»Ich dachte bloß, du willst vielleicht wissen, dass Alyshia befreit ist und die D’Cruz-Wagen gesichert wurden.«
»Das ist gut. Hat man Isabel Marks benachrichtigt?«
»Ja, sie ist auf dem Weg ins Krankenhaus«, sagte Deacon. »Du klingst ja nicht gerade euphorisch …«
»Mir gehen nur ein paar Dinge im Kopf herum«, sagte Boxer.
»Weißt du, was beängstigend ist, Charlie?«, fragte Deacon. »Ich bin nicht sicher, ob wir die Bomben entdeckt hätten, wenn Alyshia nicht entführt worden wäre. Es hat unsere Aufmerksamkeit geschärft.«
»Manchmal muss man einfach daran glauben, Simon.«
»Lass uns bald mal einen trinken gehen.«
»Jederzeit«, sagte Boxer. Er legte auf und schaltete das Handy aus.
Er stand abseits des Laternenlichts in der Dunkelheit und fühlte sich innerlich kalt. Das schwarze Loch in seiner Brust wurde breiter, als er an Amy und an Isabel dachte, die sich jetzt vielleicht auch von ihm abwenden würde. Er sah die beiden Männer den beleuchteten Pfad heraufkommen und erkannte Mistry. Er war überrascht über seinen Begleiter. Auch wenn er wusste, dass sein Name »klein« bedeutete, hatte er nicht erwartet, dass er so kleinwüchsig war – kaum 1,50 Meter und korpulent.
Boxer hielt sich im Schatten und wartete. Er ertappte sich dabei, anstatt an die bevorstehende Aufgabe an seinen Vater zu denken. Aber diesmal war mit dem Gedanken eine Frage verbunden, die ihm schon so viele andere Menschen gestellt hatten, ohne dass er sie beantwortet hätte: Wann hast du aufgehört, deinen Vater zu suchen? Die Antwort lautete, dass er die Suche an dem Tag aufgegeben hatte, an dem er zum ersten Mal gedacht hatte, dass sein Vater schuldig gewesen sein könnte, und nicht nur eines Mordes.
Die beiden Männer erreichten die Bank und setzten sich. Boxer sah sich in dem leeren, eiskalten Park um. Dann trat er ruhigen Schrittes aus dem Dunkel, schoss, ließ die Waffe fallen und ging weiter.
SECHSUNDDREISSIG
Donnerstag, 15. März 2012, 1.00 Uhr,
Bupa Cromwell Hospital, London SW5
A lyshia war zunächst in die Notaufnahme des Newham General Hospital gebracht worden, wo man sie gründlich untersuchte. Als ihr Vater von ihrer Befreiung erfuhr, organisierte er sofort, dass sie mit einem Krankenwagen in ein Privatzimmer im Bupa Cromwell Hospital gebracht wurde, wo Isabel auf sie warten würde. Frank D’Cruz konnte selbst nicht sofort kommen, weil er zu einer Befragung im Thames House war.
Isabel sah Alyshia nicht sofort, weil der Arzt, den D’Cruz engagiert hatte, Alyshia erneut gründlich untersuchte und dabei nicht gestört werden wollte. Als er herauskam, präsentierte er ihr die gleiche Diagnose wie der Arzt des National Health Service im Newham General: In Anbetracht ihrer extremen Tortur befand sich Alyshia in sehr gutem körperlichen Zustand. Psychisch könne es jedoch Folgen geben: das gefürchtete Posttraumatische Stress-Syndrom.
Isabel wusste nicht, warum, doch nachdem der Arzt den Flur verlassen hatte, klopfte sie an die Tür des Krankenzimmers. Sie hatte gewisse Regeln verinnerlicht, die sich jedoch sofort in Wohlgefallen auflösten, als sie das Zimmer betrat und Alyshia, noch mit einer Salzlösungsinfusion verbunden, die Arme ausbreitete und etwas rief, das Isabel seit Jahren nicht mehr gehört hatte.
»Mummy!«
In den ersten Minuten sprachen sie gar nicht, sondern hielten sich nur fest in den Armen. Isabel drückte ihre Tochter an sich, streichelte über ihr Haar, küsste sie auf den Kopf und wiegte sie in ihren Armen, während Alyshia die vertraute Wärme des Kaschmirpullovers, das Parfüm und den darunterliegenden Muttergeruch einatmete.
»Es tut mir leid«, sagte sie immer wieder. »Es tut mir so leid, Mummy.«
»Sei nicht albern«, erwiderte Isabel. »Es gibt nichts, was dir leidtun müsste. Wenn du nicht hier wärst, wäre das etwas, was einem leidtun müsste. Aber du bist hier. Du bist wirklich hier.«
Sie drückte Alyshia, bis diese vor Schmerz keuchte.
»Ich meinte, es tut mir leid, dass ich so gemein war«, sagte Alyshia. »Dass
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