Stirb für mich: Thriller
läuft«, antwortete Boxer. »Das bedeutet …«
»Ich sehe, wie sie dich ansieht«, sagte Mercy. »Ich wette, sogar George kann es sehen.«
»Ich weiß nicht genau, worauf du hinauswillst.«
Mercy kam mit ihrem Gesicht ganz nah an seines, bis ihre Nasen sich fast berührten; grüne Augen blickten in die pechschwarzen Brunnen ihrer geweiteten Pupillen, neben denen ihre Iris fast unsichtbar war.
»Mein Gott«, sagte sie. »Ich kann es verdammt noch mal nicht glauben.«
» Was kannst du verdammt noch mal nicht glauben?«, fragte er ärgerlich.
»Du hast es getan, Charlie. Das weiß ich.«
Nur dank langjähriger Pokererfahrung schaffte er es, ihrem Blick standzuhalten, und gab trotzdem noch zu viel preis.
»Ich hoffe, du weißt, was du tust, Charles Boxer. Das Leben eines Mädchens steht auf dem Spiel.«
»Ich sorge dafür, dass du eine Kopie des Inhalts von Alyshias iPhone bekommst«, sagte er.
Wütend wandte Mercy sich ab und ging wortlos zum Wagen.
Boxer blieb an der Tür stehen und ärgerte sich, für Frauen so leicht durchschaubar zu sein. Mercys professionelle Korrektheit traf ihn, doch das alles konnte seiner neuen Leidenschaft keinen Abbruch tun.
Der Verkehr war wirklich übel gewesen, selbst für Mumbaier Verhältnisse, und es war schon 18.30 Uhr, als Roger Clayton Vile Parle in der Nähe des Flughafens erreichte, wo das Taxi von der Hauptstraße abbog und in Richtung Juhu Beach fuhr, um ihn zu seinem letzten Treffen für diesen Tag zu bringen. Zum Sonnenuntergang strömten die Menschenmassen an den Strand, die Imbissbuden machten ein Riesengeschäft. Nachdem das Taxi ihn abgesetzt hatte, schlenderte er an Ballonverkäufern, Trommlern, Karussells, Schießständen, Wahrsagerinnen und dressierten Affen vorbei zu den Essensständen.
Er bahnte sich einen Weg durch das Gedränge und den Lärm von tausend schmatzenden Mumbaiern, die kein Auge hatten für die Rothko-artigen dunkelblauen, violetten, purpurroten und rosafarbenen Streifen, zwischen denen die Sonne sanft in die schwarzen Gewässer des Arabischen Meeres sank.
Gagan erwartete ihn an seinem Lieblings-Pani-Puri-Stand. Er aß gerade den dritten knusprigen Teigballen, als Clayton sich zu ihm gesellte. Sie plauderten, aßen ein paar Pani Puri und ließen sich die exotischen Gewürzmischungen auf der Zunge zergehen. Clayton bezahlte, und sie gingen weiter zu dem riesigen runden Backblech in der Mitte des Pav-Bhaji-Standes. Clayton kaufte zwei Teller von dem Curry aus Kartoffeln und Gemüse mit Brot und dachte kopfschüttelnd an die Kalorien. Er schob einen Fünfzigdollarschein unter einen der Teller und reichte ihn Gagan, der das Geschenk mit einer knappen Verbeugung annahm.
Sie ließen die hell erleuchteten Stände und den Lärm der Generatoren hinter sich und gingen an den dunklen Strand. Gagan war Mitte zwanzig und spindeldürr; er trug eine schwarze Hose und ein weißes Hemd, die beide eine Nummer zu groß für ihn waren. Die Hose war in der Hüfte zusammengeschnürt, das Hemd bauschte sich im Rücken. Sein dickes schwarzes Haar war von braunen Strähnen durchzogen und zu einem Seitenscheitel gekämmt. Dazu zeigte er praktisch immer ein breites Lächeln und seine strahlend weißen Zähne. Verständlich, dass Sharmila D’Cruz ihn angestellt hatte: Er war hübsch und aufmunternd.
Clayton hatte erleichtert festgestellt, dass Frank D’Cruz seine Angestellten so schlecht bezahlte, dass Gagan für fünfzig Dollar zum willigen Komplizen wurde. Und er war doppelt nützlich, weil er als Diener im ganzen Haus Zutritt hatte. Außerdem verstand er es, leckere Snacks zuzubereiten, unter anderem die von D’Cruz heiß geliebten, kalorienhaltigen Pakodes, goanische Teigtaschen mit Schweinefleisch. Hinterher belog er Sharmila über die von D’Cruz verzehrten Mengen, womit er so ziemlich der einzige Bedienstete war, mit dem D’Cruz sprach, statt ihn anzubrüllen.
»Dein Herr ist also nach London geflogen«, sagte Clayton.
Gagan riss die Augen auf, verblüfft über Claytons Wissen. Außerdem enttäuscht, denn diese Information hatte er eigentlich als erste Perle seiner gesammelten Erkenntnisse präsentieren wollen.
»Ja, sehr plötzlich. Völlig ungeplant. Mrs Sharmila sehr wütend.«
»Warum?«
»Sie wollten in dieser Woche auf eine Filmpremiere und eine große Party zum Start der IPL -Cricket-Turniere gehen. Jetzt hat sie nichts zu tun.«
»Hat es im Haus und auf dem Grundstück hier in Juhu irgendwelche Veränderungen gegeben?«
»Ja, ja. Viel
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