Stirb für mich: Thriller
einer Bank in der City arbeiten. Als ich gefragt habe, in welcher, hat sie nur gesagt, es sei eine der großen Investmentbanken. Ich hab nicht weiter nachgebohrt, weil sie ziemlich verletzend werden konnte, wenn ich zu sehr in ihr Leben ›eindrang‹.«
»Und wo wohnt sie?«
»Sie hat irgendwo in Hoxton eine Wohnung gemietet. Mehr hat sie mir nicht erzählt. Das gehörte zu ihrem Bedürfnis nach Freiraum. Teil des Ablösungsprozesses. Der Versuch, mich daran zu hindern, mein Leben durch sie zu leben. Zuletzt ist sie ziemlich brutal zu mir gewesen. Ich kam mir vor wie ein klammernder Geliebter.«
»Hat sie vor diesem Job in der Bank schon einmal in Großbritannien gearbeitet?«
»Ja, nach der Schule und nach der Uni, bevor sie an der Saïd Business School angefangen hat.«
»Und da hat sie hier gewohnt?«
»Ja.«
»Hat sie bei ihrem Auszug irgendwelche Unterlagen zurückgelassen?«
»In meinem Arbeitszimmer ist ein Ordner voller Sachen, die sie nicht mitnehmen wollte.«
»Kann George hier irgendwo einen Computer aufstellen?«
Isabel führte Papadopoulos ins Esszimmer und ging mit Mercy nach oben. Boxer hörte ihr angeregtes Gespräch, griff nach einem Notizblock und nutzte die Gelegenheit, sich ein paar Gedanken darüber zu machen, wie sie Jordan dazu bewegen könnten, eine Forderung zu stellen. Das war das Problem, wenn es kein Krisenmanagementkomitee gab. Er war ständig mit Isabel zusammen. Er war ihr Ratgeber, Consultant, Freund, Tröster, Vertrauter und jetzt auch Geliebter. Bei alldem blieb kaum Zeit, seine Arbeit zu machen.
Er wollte, dass Isabel sich trotz ihres tiefen Hasses auf Jordan einließ. Sie mussten eine Beziehung entwickeln. Das würde die Anrufe in die Länge ziehen und damit Chancen eröffnen, dass Jordan etwas von sich preisgab. Die Stimmen wurden wieder lauter, Mercy kam zurück in die Küche und nickte Boxer zu. Sie hatten etwas gefunden.
Martin Fox rief an. Boxer nahm das Gespräch im Wohnzimmer entgegen, mit Blick in den grauen, gefrorenen Garten.
»Wie läuft’s?«
»Kompliziert, so ganz allein«, sagte Boxer.
»Darüber habe ich mit Frank gesprochen. Er unterstützt alles, was seine Exfrau will, und er hat mir zwei Personen namentlich genannt: ihren Anwalt und die Chefin der Immobilienberatungsfirma, mit der er zusammenarbeitet. Offenbar hat sich Isabel gut mit dieser Frau verstanden, als sie aus dem Haus am Edwardes Square ausgezogen ist.«
»Hast du schon mit ihnen gesprochen?«
»Frank hat gesagt, das solle ich nur tun, wenn Isabel ausfällt, oder auf ihre ausdrückliche Anweisung.«
»Nun, das ist immerhin ein Anfang«, erwiderte Boxer. »Mercy ist übrigens hier – und George.«
»Es tut mir leid, aber wir mussten zustimmen.«
»Ich spüre, wie sie uns an den Rand drängen«, sagte Boxer. »Mercy ist schon dabei, die Kontrolle zu übernehmen.«
»Du weißt doch, wie es ist. Sie gehen naturgemäß davon aus, dass wir bestenfalls profitorientiert und im schlimmsten Fall korrupt sind, während wir denken, die Met ist lahmarschig und inkompetent.«
»Das perfekte Arbeitsverhältnis«, sagte Boxer. »Mir wäre es lieber, wenn George Frank nicht begegnet.«
»Okay. Hat er Streifen am Ärmel?«
»Hast du schon mit Ray Moss gesprochen?«
»Deshalb rufe ich an.«
»Isabel weiß, was er denkt. Sie hat es offen angesprochen.«
»Kein Zusammenbruch?«
»Bisher nicht. Sie zeigt es nur selten, aber sie hat eine stählerne Entschlossenheit. Man denkt, sie wäre nur eine warme, gutherzige Frau, aber sie hat eine innere Festigkeit, die sie zusammenhält.«
»Während ich versuche, ein bisschen Druck von dir zu nehmen, folge ich gleichzeitig einem Hinweis aus einer anderen Quelle«, sagte Fox. »Ein Freund von mir bei der Financial Times hat vorgeschlagen, dass ich mit einem Konkurrenten von Konkan Hills Securities aus der Stahlbranche spreche. Ich habe Frank noch nicht danach gefragt. Und ich möchte auch nicht, dass er davon erfährt. Deshalb solltest du den Namen Isabel Marks gegenüber nicht erwähnen, obwohl ich glaube, dass sie den Mann einmal getroffen haben könnte. Ich will erst noch mehr Dreck sammeln und bestätigen lassen.«
»Ein im Streit ausgeschiedener ehemaliger Angestellter?«
»Könnte sein. Mein Kontakt hat mir jedenfalls den Namen Deepak Mistry genannt. Er ist Mitte dreißig, das genaue Geburtsdatum scheint fraglich. Soweit wir wissen, war er Student der Computerwissenschaften, der mit einer Gruppe von Programmierern eine Firma in Bangalore
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