Stirb für mich: Thriller
finden kann, dann, weil er von einer Hindu-Gang versteckt wird.«
»Und wie sieht es mit Ihren Beziehungen in die hinduistische Unterwelt aus?«
»Ich kenne einen jungen Gangster aus einer der hinduistischen Abspaltungen der alten D-Company.«
»D-Company? Hab ich schon mal irgendwo gehört.«
»Das war das ursprüngliche Syndikat, das in den 1980ern den Goldschmuggel aus Dubai organisiert hat. Die erwähnte Gang in Mumbai wird namentlich von einem Mann geführt, der Chhota Tambe genannt wird – Kleiner Tambe. Klein von Gestalt, aber mit großem Einfluss. Alles, was ich über seine Bandenmitglieder sagen kann, ist, dass sie die Muslime nicht ausstehen können«, sagte Clayton. »Mein Kontakt kennt auch alle anderen Hindu-Gangs. Wenn Deepak Mistry in Mumbai untergetaucht ist, kriegen wir raus, wo er sich versteckt.«
Mercy hatte DCS Makepeace Bericht über Nelsons Informationen erstattet, Boxer und Isabel am Ende aber doch nicht erwähnt. Sie brauchte Zeit zum Nachdenken, bevor sie etwas derart Vernichtendes tat. Während sie auf die Bestätigung wartete, dass eine der Sicherheitskameras zeigte, wie Alyshia D’Cruz in Jack Aubers Taxi stieg, fuhr sie an Aubers Haus im Southern Grove vorbei, das so still war wie die Gräber auf dem Friedhof von Tower Hamlets dahinter.
Als Nächstes fuhr sie zu Aubers Laden in der Violet Road, der geschlossen aussah. Sie parkte und wartete. Sofort wanderten ihre Gedanken zurück zu den beiden Menschen, die in ihrem Leben die meisten Turbulenzen verursachten: Amy und Boxer. Sie kam nicht über den Anblick von Amy mit dem Paar in dem Warteraum hinweg. Ihr wurde klar, dass es sie mehr als nur ein bisschen geschmerzt hatte zu sehen, wie reizend ihre Tochter sein konnte. Sie war entsetzt über ihr eigenes Versagen. Und nachdem der Zorn nach ihrer Konfrontation abgeebbt war und sie Amy heimgebracht hatte, war ihr übel geworden von der Atmosphäre in ihrem Haus. Ja, es hatte sie an das Haus ihrer Familie in Kumasi erinnert, wo sich selbst die strahlendsten Sonnentage, an denen der Hibiskus im Garten leuchtete und die Kinder auf dem Weg zur Schule sangen, immer düster angefühlt hatten.
Sie schüttelte den Kopf. Ihr Vater, der Polizist. Sie waren sich zu ähnlich. Sie hatten sogar die gleiche Haltung. Sie wusste, dass sie sich deswegen so getrieben fühlte. Die Schuld, weggelaufen zu sein. Und kein Mann in ihrem Leben, der diese Verhärtung lösen konnte. Seit ihrer Trennung von Charlie hatte kein Mann bei ihr auch nur einen Funken Interesse geweckt. Sie hatte kaum ein nennenswertes Privatleben, mit den Kollegen in den Pub, auf einen Kaffee zu den Nachbarn, das war’s mehr oder weniger. Nichts, was in ihr den Wunsch weckte, bei der Arbeit ein wenig runterzuschalten. Und hier in der Stille der Violet Road konnte sie sich auch eingestehen, was ihr noch Sorgen machte. Dieser Ausdruck in Charlies Gesicht. Er hatte jemanden gefunden – und sie war gut für ihn. Ja, sie gab es nicht gern zu, aber sie beneidete ihn. Nein. Schlimmer. Sie war eifersüchtig.
Gegen Mittag erhielt Mercy den Anruf, der bestätigte, dass eine Sicherheitskamera festgehalten hatte, wie Alyshia D’Cruz am Freitagabend um 23.50 Uhr in der Wellington Street in Jack Aubers schwarzes Taxi gestiegen war. Man nannte ihr drei mögliche Adressen. Zwei kannte sie bereits, dazu eine in der Grange Road. Sie klopfte an die Tür des Büromöbellagers: keine Antwort. Anschließend fuhr sie noch einmal zu dem Haus im Southern Grove. Das Läuten der Klingel dröhnte wie der Glockenschlag einer Kathedrale. Ein kräftiges Mädchen öffnete, enge Jeans, bauchfreies Top, Speckrolle über der Hüfte, riesige Brüste in einem zu engen BH , eine Schulter schwarz von Tattoos, die blonden Haare auf dem Kopf zu einem losen Zopf gebunden, blauer Lidschatten, pinkfarbene Lippen. Sie sagte nichts, sondern kaute nur auf ihrem Kaugummi, nachdem sie schon durch den Flur Polizisten gewittert hatte.
»Polizei«, sagte Mercy und präsentierte ihren Dienstausweis, weil jetzt keine Tarnung mehr nötig war. »Ich möchte mit Jack Auber sprechen.«
»Der ist nicht da.«
»Sind Sie seine Tochter?«
»Und wenn?«
»Haben Sie auch einen Namen?«
»Cheryl.«
»Wo ist er, Cheryl?«
»Keine Ahnung. Bei der Arbeit.«
»Sein Laden ist geschlossen.«
»Dann ist er unterwegs und kauft ein.«
»Kann ich mit deiner Mutter sprechen?«
»Die ist auch nicht da.«
»Wann hast du deinen Dad zuletzt gesehen, Cheryl?«
»Gestern.«
»Um wie viel
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