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Stirb leise, mein Engel

Stirb leise, mein Engel

Titel: Stirb leise, mein Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Götz
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sich um. Der Motorroller stand vor dem Stahltor, das sich langsam zur Seite schob, der behelmte Fahrer schaute genau in Joys Richtung. Als die Öffnung in der Einfahrt breit genug war, fuhr er hindurch.
    Mist, dachte Joy.
    Wenn das gerade Mareike gewesen war, hatte sie sie bestimmt erkannt, allein schon an ihrer Hautfarbe, diesem miesen Verräter. Dafür sprach auch, dass sie ganz klar in ihre Richtung gesehen hatte.
    Na und?, dachte sie dann. Das ist ein freies Land.
    Aber das mulmige Gefühl wollte trotzdem nicht weggehen.

35
    »SIEH MAL EINER an, wen haben wir denn da.«
    Joy blieb abrupt stehen und blickte auf. Der Schreck fuhr ihr in die Glieder. Bruno stand vor ihr. Dass er sich rein zufällig vor ihre Haustür verirrt hatte, war nicht anzunehmen.
    »Was willst du?«, fragte sie, sich ahnungslos gebend, und schob beide Hände in die Jackentaschen.
    Er machte einen Schritt auf sie zu und schnauzte sie an: »Willst du mich verarschen? Du hetzt mir die Bullen auf den Hals, gehst nicht ans Handy und fragst jetzt, was ich von dir will?!«
    Sie zuckte trotzig die Schultern.
    Das brachte Bruno erst recht in Rage. »Soll das heißen, es ist dir scheißegal? Die haben mich behandelt wie einen Kriminellen. Einen Schwerverbrecher. Und sie haben meinen Wagen mitgenommen. Sie wollen überprüfen, ob ich in letzter Zeit eine Leiche darin transportiert habe!«
    »Hast du?«
    Keine gute Idee, ihn das zu fragen, wie ihr sofort klar wurde, schon gar nicht in diesem trotzig-frechen Ton. Denn Brunos Augen verengten sich, und er hob die geballte Faust.
    »Du bist echt das Letzte«, presste er hervor.
    Sie wich einen Schritt zurück, klein genug, um – hoffentlich – nicht aufzufallen, aber groß genug, um ihre Fluchtchancen zu vergrößern. »Du bist selber schuld«, hielt sie ihm vor. »Hättest du klar Nein gesagt, hätte ich dir geglaubt.«
    »Was du nicht sagst. Und ich hätte nie geglaubt, dass du so mies sein kannst.«
    »Es tut mir wirklich leid, Bruno, aber ich hatte keine Wahl. Und jetzt lass mich einfach in Ruhe, okay?«
    »Du bist so was von das Letzte«, wiederholte er.
    Die Röte in seinem Gesicht intensivierte sich von Sekunde zu Sekunde. Besser, sie verschwand, solange es noch ging. Doch als sie an ihm vorbeigehen wollte, stellte er sich ihr in den Weg und stieß sie gegen die Schulter.
    »Glaubst du, du kommst so billig davon?«
    Sie nahm die Hände, die sich inzwischen zu Fäusten geschlossen hatten, wieder aus den Taschen. »Was willst du tun? Mich verprügeln? Totschlagen? So wie Dr. Androsch?«
    »Spinnst du? Ich hab niemanden totgeschlagen!«
    Wutentbrannt packte er sie an den Schultern, schüttelte sie, bis ihr schwindlig wurde, und stieß sie gegen die Hauswand. In seinen Augen stand kalter Hass. Erst jetzt bekam sie richtig Angst. Sie hatte erlebt, wie er war, wenn er ausrastete.
    »Hey, was soll der Scheiß! Lass Joy in Ruhe!«
    Die Stimme kam wie aus dem Nichts. Bruno und Joy wandten gleichzeitig die Köpfe. Sascha! Im ersten Moment atmete Joy auf, doch dann kehrte sofort die Angst zurück. Gegen Bruno wirkte Sascha ziemlich schmächtig und total chancenlos.
    »Verpiss dich«, rief Bruno, »das hier geht dich nichts an.«
    Sascha kam einen Schritt heran und sah Bruno unverwandt in die Augen. »Und ob mich das was angeht. Joy ist eine Freundin.«
    Bruno schnaubte verächtlich. »Eine Freundin? Mach dir nichts vor, Kleiner, die spielt nur mit dir rum. So wie mit jedem.« Unentschlossen schaute er zwischen Sascha und Joy hin und her. Dann sah er wohl ein, dass seine Aktion völlig sinnlos war, beließ es bei einer verächtlichen Handbewegung und stapfte davon.
    Joy sah ihm nach, bis er um die Ecke gebogen war. Erst dann fing sie wieder an zu atmen und wandte sich Sascha zu.
    »Danke, Sascha. Der Typ ist echt krass drauf. Dabei wirkt er auf den ersten Blick total nett und harmlos.«
    »So kann man sich irren. Was war denn überhaupt los?«
    Sie seufzte. »Das ist eine längere Geschichte.«
    Auf dem Weg nach oben erzählte sie Sascha davon, wie Bruno und sie Androsch aufgelauert hatten, wie die Situation außer Kontrolle geraten und Androschs Sohn aufgetaucht war. »Ich bin nur mitgefahren, um aufzupassen, dass Bruno keinen Scheiß macht, aber das hat leider nicht funktioniert. Und weil Dr. Androsch jetzt vermisst wird, dachte ich halt, Bruno war vielleicht noch mal bei ihm. Deshalb bin ich zu deiner Mutter gegangen. Und deshalb ist Bruno jetzt sauer auf mich. Kann ich irgendwie ja auch verstehen.«
    »Du

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