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Stirb, mein Prinz

Stirb, mein Prinz

Titel: Stirb, mein Prinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Carver
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zurück! Zwingen Sie mich nicht, Sie zu erschießen … bitte …«
    »Bleiben Sie ganz ruhig, Samuel«, sagte Anni, sichtlich bemüht, ihre Stimme von Anspannung frei zu halten. »Bleiben Sie ruhig. Alles wird gut, solange Sie ruhig bleiben …«
    Der Mann fuhr zu ihr herum. »Nein, wird es nicht, das wird es nicht … Es wird nie mehr gut. Nichts wird gut werden, begreifen Sie das nicht? Nichts!«
    Anni ließ sich nicht beirren. »Kommen Sie, Samuel, geben Sie auf, dann können wir überlegen, wie man Ihnen helfen kann. Kommen Sie …« Immer näher kam sie, immer näher …
    Plötzlich war hinter ihnen an der Tür etwas zu hören. Glass kam ins Zimmer gestürzt und sah, was dort vor sich ging. Phil drehte sich mit geöffnetem Mund zu ihm um und wollte ihm zurufen, er solle draußen bleiben, aber der DCI stürzte geradewegs auf ihn zu.
    »Was zum Henker machen Sie denn hier?«, brüllte er, packte Phil am Revers und versuchte, ihn gewaltsam aus dem Krankenzimmer zu stoßen. »Habe ich Ihnen nicht gesagt, Sie sollen verschwinden?«
    Phil war durch das Verhalten seines Vorgesetzten derart verblüfft, dass er sich im ersten Moment gar nicht zur Wehr setzte und nicht verhindern konnte, dass Glass ihm die Beine wegtrat. Er ging seitlich zu Boden. Auch danach ließ Glass ihn nicht los.
    Anni tat ihr Bestes, sich davon nicht aus der Ruhe bringen zu lassen, sondern sich weiterhin auf Samuel und den Jungen zu konzentrieren. Samuel starrte mit wirrem Blick auf die beiden Männer, die sich am Boden wälzten. Er wusste nicht, was er tun sollte, riss schließlich den Arm hoch und zielte auf Anni.
    Phil hob den Kopf und spähte über Glass’ Schulter hinweg. Er ahnte, was passieren würde. Wollte noch eine Warnung rufen.
    Zu spät. Ein Schuss krachte.
    Anni wurde herumgeschleudert. Auf ihrer Brust erschien ein tiefroter Fleck.
    »Nein!«, brüllte Phil und versuchte mit aller Kraft, Glass von sich abzuschütteln, was ihm jedoch nicht gelang.
    »Oh mein Gott …« Samuel starrte auf die Waffe in seiner Hand, dann auf Anni, die blutend am Boden lag, dann auf den Jungen im Bett. Schicksalsergeben machte er einen Schritt auf den Jungen zu, packte ihn und zerrte ihn vom Bett. »Los, du kommst mit.« Schläuche rissen und Kanülen brachen ab, als er den schreienden Jungen hinter sich herschleifte.
    Sekunden später war er zur Tür hinaus und floh den Korridor hinab.
    Endlich gelang es Phil, Glass loszuwerden und aufzustehen. Er sah auf Anni hinunter, die noch atmete, dann ging sein Blick zum leeren Bett. Eine Hand umfasste seinen Knöchel.
    »Sie bleiben gefälligst hier …«
    Phil drehte sich und versetzte Glass einen Tritt gegen den Kopf.
    »Pfoten weg!«, brüllte er.
    Glass sackte nach hinten, die Hand seitlich an den Kopf gepresst. Erneut sah Phil zu Anni. Sie hatte ihre rechte Hand auf die Wunde gelegt und drückte fest zu, um den Blutfluss zu stoppen. Phil ging neben ihr in die Knie.
    »Los …«, stieß sie hervor. »Holen Sie den Jungen zurück …«
    Phil nickte und sprang auf.
    Hinter ihm auf dem Fußboden begann Glass’ Handy zu klingeln. Phil beachtete es nicht.
    Er stürzte aus dem Zimmer.

    71 Rose klappte das blaue Schulheft zu. Lehnte sich zurück und schwieg. Donna neben ihr auf der Bettkante tat dasselbe. Der Klang einer Kindersendung drang die Treppe herauf. Bedeutungslos und völlig unvereinbar mit dem, was sie soeben gelesen hatten.
    »Mein Gott …« Donnas Stimme war leise und matt. »Sie hat nie … nie was gesagt … Ich hatte überhaupt keine Ahnung …«
    »Wie hätten Sie das auch wissen sollen?«, gab Rose zurück. Vorher wäre Wut in diesen Worten gewesen. Höhnische, knurrende Verachtung. Aber jetzt nicht mehr. Jetzt war die Frage ernst gemeint, und ehrliches Mitgefühl sprach aus ihr. Alles andere hatte ihr die Lektüre des Hefts ausgetrieben. »Wenn das stimmt, was da drinsteht …«
    Donna sah sie an. »Glauben Sie das etwa nicht? Natürlich stimmt das. Faith hätte nicht gelogen. Nicht bei so einer ­Sache. Jemand wusste von dem Heft, oder? Jemand wusste, dass sie die Wahrheit sagt, und hat versucht, sie zum Schweigen zu bringen. Und jetzt ist sie … jetzt ist sie …«
    Donna war beim Lesen wie betäubt gewesen, gefühlsmäßig so überfordert, dass sie überhaupt nichts mehr empfunden hatte. Aber jetzt, nachdem sie mit dem Heft fertig war und alles langsam zu ihr durchdrang, spürte sie Tränen hinter ihren Lidern brennen.
    Sie versuchte nicht, sie zurückzuhalten. Dagegen anzukämpfen. Diese

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