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Stirb, mein Prinz

Stirb, mein Prinz

Titel: Stirb, mein Prinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Carver
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Tränen waren kein Zeichen von Schwäche. Sie waren ein Zeichen der Solidarität. Faith hatte ein Anrecht darauf, dass Donna um sie weinte. Sie hatte so viel durchgemacht.
    Sie spürte, wie sich ein Arm um ihre Schultern legte. Rose. Bei allem, was sie über die Frau wusste, hätte die Berührung sie eigentlich überraschen müssen, aber so war es nicht. Das, was sie gerade eben gelesen hatten, hätte niemanden kaltgelassen.
    Eine scheinbare Ewigkeit lang saßen sie so da. Unten, im Fernsehen, lebten Charlie und Lola ihr glückliches, unbeschwertes Leben. Ein Leben, wie es kein Kind in diesem Haus je gehabt hatte.
    Irgendwann lehnte Donna sich vor. Fummelte ein Papiertaschentuch aus ihrer Tasche, putzte sich die Nase, wischte sich über die Augen. Dann sah sie Rose an.
    »Und was machen wir jetzt?«
    Rose sah unbewegt geradeaus. Hatte den Blick aufs Fenster gerichtet und auf die Straße draußen. Donna sah, wie etwas Stahlhartes in ihre Augen trat. Eine berechnende Wut. Das Licht blinkte auf dem Messer, das sie Donna abgenommen und in ihre eigene Jackentasche gesteckt hatte.
    »Wir telefonieren ein bisschen herum«, verkündete sie. »Und dann rufen wir ihn an.«
    Donna runzelte die Stirn. »Meinen Sie, das ist eine gute Idee? Was … was, wenn er selbst …«
    »Eins der Telefonate dient als Rückversicherung. Danach rufen wir ihn an. Und wenn er es wirklich war …«
    Rose zog das Messer aus der Jackentasche. Hielt es so, dass sich das Licht darin spiegelte. Beobachtete, wie es blitzte und blinkte. Dann sah sie zu Donna.
    »Wir rufen ihn einfach an. Mal sehen, was er zu sagen hat.«
    Donna nickte.
    Versuchte, das zu sehen, was Rose kurz zuvor gesehen hatte. Ja, sie sah es.
    Oder zumindest so was Ähnliches.

    72 Mickey drückte auf die Klingel und wartete.
    Die Wohnung lag in einem Neubau, einem von vielen, die im Laufe der letzten Jahre überall in der Stadt wie Pilze aus dem Boden geschossen waren. Er selbst wohnte ganz ähnlich. Na ja, so ähnlich nun auch wieder nicht. Dieses Haus hier war um einiges exklusiver. Direkt am Fluss gelegen, unten am Hythe Quay. Mickey kannte die Gegend gut. Vor knapp einem Jahr hatte er es auf der gegenüberliegenden Flussseite mit einem brutalen Mörder zu tun bekommen.
    Eine Stimme tönte aus der Gegensprechanlage. »Hallo?«
    Mickey zögerte. Wie sollte er sich vorstellen? Mickey Philips, war das zu salopp? DS Philips, war das zu förmlich? Wie denn nun?
    » DS Philips … Mickey Philips.«
    Ein Kompromiss. Beides.
    »Oh, hi, Mickey.« Lynn Windsors Stimme war voller Licht und Wärme. »Ich mache Ihnen auf, kommen Sie hoch. Dritter Stock.«
    Mickey stieg die Treppe hinauf. Ja, hier war es definitiv exklusiver als bei ihm zu Hause. Teppichboden auf der Treppe, Innenausbau vom Feinsten. Dieses Haus war nicht bloß gebaut, es war designt worden.
    Und es war Lichtjahre von den Leichen entfernt, die er mit der Gegend in Verbindung brachte.
    Hoffte er jedenfalls.
    Kurz darauf hatte er Lynn Windsors Wohnung erreicht. Er hob die Hand, um anzuklopfen. Zögerte dann. Sollte er das wirklich tun? Der Vorschrift entsprach das nicht. Falls irgendetwas schiefging, würde er Ärger bekommen. Aber andererseits: Was sollte denn schiefgehen? Er war hier, um zu reden, nichts weiter. Bloß reden. Sie hatte Informationen für ihn. Das war alles. Bloß reden.
    Diese letzten Worte wiederholte er leise, während er vor ihrer Wohnungstür stand. Sagte sie in Gedanken immer wieder, in der Hoffnung, sich selbst von ihrer Wahrheit zu überzeugen.
    Die Tür wurde von innen geöffnet. Er ließ die Hand sinken und kam sich dämlich vor.
    »Hi«, sagte Lynn Windsor. »Dachte ich’s mir doch, dass ich Sie da draußen gehört habe. Kommen Sie rein.«
    Sie öffnete die Tür weit. Mickey trat ein, und sie schloss die Tür hinter ihm.
    Er sah den Flur entlang zum Wohnzimmer. Das Licht war gedämpft. Es lief Musik. Irgendetwas, was er nicht kannte. Langsam und verträumt. Aber mit einem Beat. Sexy, fand er. Verführerisch.
    »Gehen Sie ruhig weiter«, sagte sie hinter ihm.
    Er roch ihr Parfüm, spürte ihren Atem in seinem Nacken. Er ging den Flur entlang und betrat das Wohnzimmer. Es sah aus wie aus einem Einrichtungsmagazin. Die Sitzecke, die Beleuchtung. Fernseher und Musikanlage auf dem neuesten Stand der Technik. Bilder an den Wänden. Sogar die Bücher im Bücherregal sahen perfekt aus.
    »Schön … äh, schön haben Sie’s hier.«
    »Danke sehr. Allerdings gebührt das Lob dafür nicht mir, fürchte ich.

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