Stirb, mein Prinz
»Wen vernimmt er?«
»Lynn Windsor. Die Anwältin.«
Sie hörte, wie Phil die Hand über die Muschel legte und etwas sagte, was sie nicht verstehen konnte. Es musste noch jemand bei ihm sein. Kurz darauf war er wieder da. »Sehr gut. Lasst sie ja nicht gehen. Ich muss dir was sagen. Und ich muss es jetzt tun.«
»Ist das wirklich nötig?«
»Ja. Es geht um Lynn Windsor. Und um Brian Glass. Darum, welche Verbindung zwischen den beiden besteht und wie korrupt Glass ist.«
»Bleib dran«, sagte sie. Plötzlich klopfte ihr Herz wie rasend. »Vielleicht brauche ich dich noch.«
»Es tut gut, wieder im Geschäft zu sein.«
102 Mickey nahm Lynn gegenüber Platz.
»So«, meinte er. »Das ist aber schön.«
»Ist das deine Art, dich bei Frauen zu bedanken, mit denen du geschlafen hast?«, fragte Lynn mit mühsam unterdrückter Wut. »Du schleifst sie zum Verhör aufs Revier?«
»Nicht alle. Nur die besonderen.«
»Was willst du von mir wissen? Mit wem ich sonst noch im Bett war? Ob ich die Pille nehme? Ob ich kürzlich einen Test gemacht habe? Dafür ist es jetzt wohl ein bisschen zu spät.«
»Ja«, sagte er. »Das stimmt.«
Sie warf einen Blick auf das Aufnahmegerät, das neben ihr auf dem Tisch stand. »Willst du das hier aufzeichnen? Weil ich dann nämlich zuallererst sagen werde, dass du mit mir geschlafen hast. Und dass deshalb nichts, was ich sage, verwendet werden kann. Nichts davon wird vor Gericht Bestand haben.«
Sie lehnte sich zurück, augenscheinlich sehr zufrieden mit sich.
Mickey lächelte. »Natürlich hast du absolut recht. Ich wollte die Befragung eigentlich ohne offizielle Rechtsbehelfsbelehrung durchführen, aber wenn es dir lieber ist, dann können wir es gerne so machen.«
»Es wäre mir lieber, ja.«
Mickey machte das Aufnahmegerät startklar.
»Sie haben sie hervorragend im Griff, Mickey«, meldete sich Marina in seinem Ohr. »Machen Sie weiter so. Sorgen Sie dafür, dass sie wütend bleibt. Sie glaubt, dass sie Ihnen überlegen ist. Dass sie schlauer ist als Sie. Sie ist fest davon überzeugt, dass sie aus der Sache wieder rauskommt. Sie ist so arrogant, dass sie nicht mal nach einem Anwalt gefragt hat. Sie ist selbst Anwältin, deswegen denkt sie, sie würde sich in allem auskennen, sogar im Strafrecht. Versuchen Sie ihre Stimmung zu halten.«
Mickey nickte kaum merklich und hoffte, dass Marina es registriert hatte.
»Befragung beginnt um …«, sprach er in den Recorder. Danach nannte er seinen und Lynns Namen sowie die Uhrzeit und ließ Lynn erklären, dass sie nicht von ihrem Recht auf einen Anwalt Gebrauch machen wolle. Dann konnte es losgehen.
Sie hatte die Oberlippe nach oben gezogen. Kampfbereit , dachte Mickey. Sie wollte ihn fertigmachen. Er schluckte. Hoffte, dass es nicht so weit kommen würde.
»Lynn, ich –«
»Darf ich Sie kurz unterbrechen, Detective Sergeant«, sagte sie mit einem Lächeln. »Mir ist bewusst, dass ich eine Rechtsbehelfsbelehrung erhalten habe und dass es sich hierbei um eine offizielle Vernehmung handelt. In dem Zusammenhang möchte ich zu Protokoll geben, dass Sie gestern Abend in meine Wohnung gekommen sind und mit mir Geschlechtsverkehr hatten.«
Sie lehnte sich zurück. Sie wusste genau, welche Konsequenzen ihre Aussage haben würde, und wartete auf seine Reaktion. Sie lächelte.
Mickey ließ sich Zeit.
»Ja, das entspricht den Tatsachen«, meinte er schließlich. »Und ich möchte hinzufügen, dass es auf deine Einladung hin geschah. Und dass der Sex in beiderseitigem Einvernehmen stattfand. Und ich ihn im Übrigen sehr genossen habe.«
Sie setzte sich auf. Damit hatte sie nicht gerechnet. Ihr Blick huschte durch den Raum.
»Wie es der Zufall will«, fuhr Mickey fort, »ist die letzte Nacht auch der Grund, weshalb ich mit dir sprechen wollte. Weißt du, als ich deine Einladung angenommen habe, zu dir in die Wohnung zu kommen, bestand für mich kein Grund zu der Annahme, dass du in irgendeiner Verbindung zu unserer laufenden Ermittlung stehst. Nachdem ich allerdings die Nacht mit dir verbracht habe, bin ich mir da überhaupt nicht mehr sicher.«
Er griff in seine Tasche und holte ihre Visitenkarte hervor. Er hatte sie in eine durchsichtige Beweismitteltüte gesteckt, weil es so offizieller aussah. Er legte das Tütchen zwischen sie auf den Tisch.
»Erkennst du das wieder?«
Sie musterte erst die Karte, dann ihn.
»Na?«
Sie nickte.
»Könntest du das bitte laut sagen? Für die Aufzeichnung.«
»Ja«, sagte sie heiser, als
Weitere Kostenlose Bücher