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Stirb, mein Prinz

Stirb, mein Prinz

Titel: Stirb, mein Prinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Carver
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Rechnung war aufgegangen. Sie hatten sich am Vordereingang getroffen.
    »Hi«, hatte sie gesagt, und der Ausdruck in ihren Augen war so strahlend gewesen wie ihr Lächeln.
    Er stellte sich vor, wie sie dieses Lächeln auf dem Weg nach unten geübt und im Vorbeigehen prüfende Blicke in die Spiegel geworfen hatte, um sicherzugehen, dass die Wattzahl stimmte.
    Er hatte die Bombe sofort platzen lassen. »Du musst mit aufs Revier kommen.«
    Ihr Lächeln hatte ein wenig gezittert. »Wieso, was ist denn?«
    »Kann ich dir nicht sagen. Aber du musst mitkommen, jetzt gleich.« Er hatte auf seinen Wagen gezeigt.
    Ihr Lächeln war sofort verschwunden. Er hatte ihr Gesicht aufmerksam beobachtet und Berechnung darin gesehen. Es war nicht schwer zu erraten gewesen, was als Nächstes kommen würde.
    »Da muss ein Irrtum vorliegen«, hatte sie gesagt.
    »Es ist kein Irrtum, tut mir leid. Wir müssen auf dem Revier mit dir sprechen. Jetzt sofort.«
    Er hatte ihr nicht einmal erlaubt, zurück ins Gebäude zu gehen, um sich Mantel, Handtasche oder Handy zu holen. »Jemand wird in der Kanzlei anrufen und Bescheid geben, wo du bist.«
    Die Fahrt nach Southway war schweigend verlaufen. Er hatte sie nicht angesehen. Hatte es nicht über sich gebracht. Ihm war klar, dass sie ihn hassen würde. Er hatte es aus dem Augenwinkel sehen können, an der hektischen Art, wie sich ihre Brust beim Atmen hob und senkte.
    Er hatte das Radio eingeschaltet, um die Stille auszufüllen. Radio 1 .
    »Ab und zu höre ich ganz gern Lady Gaga«, hatte er gesagt, nachdem er eine Zeitlang versucht hatte mitzusingen. »Aber ich habe immer noch keine Ahnung, wie sie wirklich aussieht. Man kennt sie nur in ihren Verkleidungen. Ich glaube, wenn man sie so sehen würde, wie sie tatsächlich ist, würde man sie gar nicht wiedererkennen, was meinst du?«
    Lynn hatte nicht geantwortet.
    Und jetzt beobachtete er sie durch den Spiegel. Unter ihrer Wut nahm er Angst wahr. Sie wirkte einsam, von allem abgeschnitten. Gut. Genau so wollte er sie haben. Sie sollte leiden. Und das hatte nichts damit zu tun, wie sie ihn am vergangenen Abend manipuliert hatte, sagte er sich. Oh nein. Das war rein beruflich.
    »Marina?«, sagte er.
    Sie sah ihn an.
    »Sagen Sie Anni nichts davon.« Er blickte weiterhin geradeaus durch die Scheibe.
    »Von Ihnen und Lynn Windsor?«
    Mickey nickte. »Ja. Ich will nicht, dass sie … schlecht von mir denkt. Wir sind gute Freunde.«
    »Alles klar. Ich werde nichts sagen.«
    »Danke.« Er seufzte. »Ich habe im Krankenhaus angerufen. Es geht ihr so weit ganz gut. Sie schläft gerade. Ich hoffe, ich kann sie später noch besuchen gehen.«
    »Darüber würde sie sich bestimmt freuen.«
    »Ich mich auch.«
    Erneut wandten sie ihre Aufmerksamkeit Lynn Windsor zu.
    »Also«, meinte Mickey. »Wie soll ich es aufziehen?«
    »Wie immer. Ich bin hier und beobachte sie. Sie fangen mit der Vernehmung an, und falls nötig, melde ich mich.«
    Mickey nickte und setzte sich den Ohrhörer ein. »Zu blöd, dass Phil nicht hier ist. Er kann so was besser als ich.«
    Marina lächelte. Mickey fand, dass es traurig und ein bisschen wehmütig aussah. »Sie machen das schon. So wie immer.«
    Er nickte. »Okay. Dann mal los.«
    Er verließ den Beobachtungsraum. Die Tür fiel geräuschlos hinter ihm ins Schloss.
    Marina schaute durch die Scheibe. Überprüfte dann ihr Mikrophon. Alles funktionierte einwandfrei. Gerade als sie sich an den Tisch setzte, klingelte ihr Handy.
    Sie warf einen Blick nach unten zu ihrer Handtasche und schalt sich im Stillen. Sie dachte, sie hätte es ausgeschaltet. Seufzend kramte sie es aus der Tasche, um das Versäumnis nachzuholen. Sah den Namen auf dem Display. Phil. Sie warf einen raschen Blick nach nebenan – Mickey betrat gerade den Raum –, dann wieder auf ihr Handy.
    Sie nahm das Gespräch an.
    »Ich bin’s«, meldete sich Phil.
    »Hi«, sagte Marina, dadurch abgelenkt, wie Mickey nebenan Platz nahm. Lynn Windsor sah ihn mit blankem Hass in den Augen an. »Wie geht’s dir?«
    »Gut. Pass auf, ich muss dir ein paar Sachen sagen.«
    Marina war hin- und hergerissen. Sie wollte – musste – mit ihm sprechen, aber er rief zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt an. Das musste sie ihm sagen. Bestimmt würde er dafür Verständnis haben. Schließlich war er ein Profi.
    »Hör mal, können wir später reden? Es tut mir leid, aber Mickey hat gerade jemanden zur Vernehmung da, und ich sitze nebenan im Beobachtungsraum.«
    »Wen?«, fragte Phil.

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