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Stirb, mein Prinz

Stirb, mein Prinz

Titel: Stirb, mein Prinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Carver
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haben Sie sich dabei gedacht?«
    Glass hatte sich zusammen mit Mickey und Marina in den Beobachtungsraum zurückgezogen. Das Zimmer war so klein, dass selbst eine einzige Person nicht viel Platz darin hatte. Wenn sich gleich drei zwischen den alten Aktenschränken und ausgemusterten Büromöbeln drängten, waren die Verhältnisse regelrecht klaustrophobisch. Auf so engem Raum wirkte auch Glass’ Zorn umso bedrohlicher. Fast meinte Mickey die Hitze der Worte zu spüren, die der DCI ihm entgegenschleuderte.
    Lynn Windsor saß nach wie vor nebenan am Tisch. Sie schluchzte und wischte sich die Tränen mit einem Papiertaschentuch ab. Neben ihr saß ihr Chef, Michael Fenton, und hatte beruhigend den Arm um sie gelegt. Sein Kopf war ganz nah an ihrem, und er redete leise auf sie ein. Der Ton war ausgeschaltet, sie konnten also nicht hören, was er sagte.
    Als Mickey klar wurde, dass Glass die Frage nicht rhetorisch gemeint hatte, sondern wirklich eine Antwort verlangte, drehte er sich zu ihm um.
    Marina kam ihm zuvor. »Weil sonst niemand im Büro war, ist Mickey zu mir gekommen«, sagte sie. »Er hatte in Bezug auf Lynn Windsor einen begründeten Verdacht. Sie war bereits befragt worden, aber er war der Ansicht, dass es hilfreich sein könnte, sie noch einmal für eine offizielle Vernehmung aufs Revier zu bitten.«
    Mickey musterte Marina, die wachsam beobachtete, wie Glass auf ihre Antwort reagierte. Als wäge sie genau ab, was sie ihm sagen durfte und was nicht. Mickey hatte es bislang unwillkürlich genauso gemacht, einfach weil er Glass nicht traute. Marinas Verhalten gab ihm nachträglich recht.
    »Und was hat Sie zu dieser Auffassung geführt?«
    Auch diesmal antwortete Marina, bevor Mickey auch nur den Mund aufmachen konnte. »Wir haben Informationen erhalten, dass sie in irgendeiner Weise mit dem Entführer und potentiellen Mörder des Jungen in Verbindung steht.«
    »Was für Informationen?«
    »Im Zusammenhang mit dem Gärtner.« Marinas Miene blieb vollkommen neutral.
    Ihre Worte verfehlten ihre Wirkung auf Glass nicht. Sofort war klar, dass er wusste, wovon sie sprach. Es war auch klar, dass er sich alle Mühe gab, dies zu verbergen. Er ließ einige Sekunden verstreichen, um die Information zu verarbeiten, zur Ruhe zu kommen und sich eine Antwort zurechtzulegen.
    »Was … was soll das heißen? Wer ist der Gärtner?«
    »Er ist derjenige, von dem wir glauben, dass er für die Entführung des Jungen verantwortlich ist«, sagte Mickey.
    Glass drehte sich zu ihm um. Das Gesicht wie aus Stein, Augen wie aus Granit. »Und wie kommen Sie darauf?«
    »Durch Informationen, die ich aus einer gewissen Quelle erhalten habe«, sagte Mickey. »Einer vertraulichen Quelle. Es … ging dabei auch um Lynn Windsor. Deshalb habe ich beschlossen, sie zur Vernehmung herzuholen.«
    »Aber wieso sollte sie … wieso sollte sie irgendetwas darüber wissen? Sie ist Anwältin, Herrgott noch mal.«
    »Ja«, sagte Marina, »und Anwälte wissen ja grundsätzlich von nichts.«
    »Sie ist keine Strafrechtlerin, das meinte ich«, sagte Glass, als hätte er es mit zwei geistig zurückgebliebenen Kindern zu tun. »Aber sie ist eine der angesehensten Juristinnen in der Gegend.«
    »Und möglicherweise weiß sie etwas über den unmittelbar bevorstehenden Mord an einem Kind«, sagte Mickey. »Hätten wir sie zum Reden gebracht, hätten wir das Leben des Jungen vielleicht retten können.«
    »Sie kann unmöglich etwas wissen«, beharrte Glass.
    »Und da sind Sie sich ganz sicher?«, fragte Marina.
    Glass funkelte sie stumm an.
    »Sie wollen doch nicht etwa die Ermittlungen in einem Mordfall behindern, oder?«, sagte Mickey.
    Glass fixierte ihn mit durchdringendem Blick.
    »Sir«, fügte Mickey hinzu.
    Er hatte den Eindruck, dass Glass so tat, als würde er nachdenken und zu einer Entscheidung kommen. »Sie haben recht«, meinte er. »Wir dürfen nichts unversucht lassen.«
    »Gut«, sagte Mickey. Er wandte sich zur Tür. »Dann werde ich –«
    »Nein«, sagte Glass und legte ihm die Hand auf den Arm, um ihn aufzuhalten. »Ich werde die Vernehmung leiten. Und ab jetzt nach Vorschrift.«
    »Wir haben es auch nach Vorschrift gemacht«, protestierte Mickey. »Hören Sie sich die Aufnahme an.«
    Glass zögerte, als wisse er nicht weiter. Doch er fand rasch eine Lösung. »Trotzdem übernehme ich ab jetzt. Im Beisein ihres Anwalts.« Er sah sich im Beobachtungsraum um. »Und die Vernehmung wird von nun an vertraulich sein.«
    »Wieso denn das?«,

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