Stirb, mein Prinz
er mit den Gedanken ganz woanders. »Melde dich einfach, wenn … wann auch immer.«
»Mache ich.« Phil warf einen Blick auf seine Armbanduhr, dann auf das Haus bei den Schrebergärten. »Ich muss los. Wir sprechen später, okay?«
Don erwiderte, ja, das sei okay, und Phil beendete die Verbindung.
Sein Vater hatte irgendwie seltsam geklungen, aber Phil hatte jetzt keine Zeit, darüber nachzudenken. Erneut betrachtete er das Haus. Dann machte er sich auf den Weg.
14 Don Brennan saß am Küchentisch. Er legte das Telefon hin und starrte es an. Seine Hand rieb mechanisch über die Bartstoppeln an seinem Kinn.
Ein Käfig … aus Knochen …
Aus dem Wohnzimmer drangen Geräusche. Ein fröhliches Kinderlied im Fernsehen. Seine Frau Eileen, wie sie etwas zu Josephina sagte. Und dann Josephina, die ihr etwas Unverständliches antwortete, einfach nur, weil sie sich an den Lauten erfreute, die sie von sich geben konnte, und am neu entdeckten Wunder der Kommunikation. Sie lachte, als hielte das Leben nur Gutes für sie bereit.
Ein Käfig … aus Knochen …
Er wusste nicht, wie lange er dort saß, in Gedanken und Erinnerungen versunken, aber irgendwann merkte er, dass ein Schatten vor ihm auftauchte und das Sonnenlicht verdeckte, das vom Garten hereinfiel.
»Was ist los? Geht es dir gut?«
Er sah auf. Eileen. Sie hatte seine Augen gesehen. Wusste, dass etwas nicht stimmte. Sie setzte sich neben ihn. Nebenan gingen die Heiterkeiten im Fernsehen weiter.
»Was ist passiert?«
Er seufzte. »Ich habe gerade mit Phil gesprochen. Er ist in einem Haus unten in East Hill.« Er verstummte, weil er nicht wusste, wie er die nächsten Worte formulieren sollte.
»Und?«, fragte Eileen. Sie wollte es hören, auch wenn es schlimm war.
»In dem Haus war ein Käfig. Mit einem Kind darin. Ein Käfig aus Knochen …«
Eileens Hand flog an ihren Mund. »Oh mein Gott … oh nein …«
Sie saßen da, schweigend und ohne sich zu rühren, während der Gartensonnenschein um sie herum Schatten warf und im Zimmer nebenan ein Kind spielte, sorgenfrei und nicht ahnend, dass die Welt ein Ort des Bösen sein konnte.
15 »Wo ist die Leiche?«, fragte Rose Martin und versuchte, nicht auf den Boden zu schauen.
Glass’ Blick schweifte einmal in die Runde, bevor er zu Rose zurückkehrte. »Abtransportiert. Ich fand nicht, dass Sie sie sehen mussten. Sehr unschöner Anblick.«
Zorn flammte in ihr auf. Er fand, dass sie die Leiche nicht sehen musste? So, fand er das? Es dauerte einen Moment, bis sie sich wieder im Griff hatte. Wahrscheinlich war es besser so. Sie musste wirklich keine Leiche sehen, nicht an ihrem ersten Tag. Und wenn sie noch dagelegen hätte, wäre ihr wohl nichts anderes übrig geblieben. Andernfalls: sofortiger Respektverlust. Sie wartete, bis ihre Wut verraucht war, erst dann sprach sie. »Was bei einem Geländewagen zu erwarten ist«, sagte sie.
»Stimmt«, meinte Glass, »vor allem wenn der Geländewagen das zweite Fahrzeug ist, von dem das Opfer überrollt wird.« Er wandte sich ihr zu. »Ich war der Ansicht, Ihnen das Ergebnis eines solchen Unfalls guten Gewissens ersparen zu können. Erst recht an Ihrem ersten Tag.«
Sie nickte. »Ja. Danke.« Lachte kurz auf. »Sie sprechen mir aus der Seele.«
Wieder lächelte er. »Kein Problem. Die Leiche ist in der Rechtsmedizin. Falls Sie sie sehen wollen, setzen Sie sich einfach mit Nick Lines in Verbindung.«
Seine Hand lag auf ihrer Schulter. Nur ganz kurz, dann zog er sie wieder weg. Erneut loderte Zorn in ihr auf. Sollte sie ihn zur Rede stellen? Ihn fragen, ob er das bei einem männlichen Kollegen auch gemacht hätte? Nein, entschied sie. Sie wollte keinen Ärger machen. Jedenfalls jetzt noch nicht.
Aber was die Geste bedeutete, war klar: Er wusste Bescheid. Natürlich wusste er Bescheid. Alle auf dem Revier wussten Bescheid. Und auf dieser Grundlage hatte er sich eine Meinung über sie gebildet. Ihre Affäre mit Ben Fenwick war ein offenes Geheimnis. Bestimmt würden jetzt Gerüchte die Runde machen, dass sie nur deshalb so schnell wieder in den aktiven Dienst zurückgekehrt war, weil sie sich an Glass rangemacht hatte. Wenn schon. Damit kam sie klar.
Und wenn ihr neuer Boss dachte, dass er bei ihr landen könnte … nun, das Spiel konnte sie mitspielen. Ihn glauben machen, dass er eine Chance hatte. Mal sehen, was sich dabei herausholen ließ. Wenn sie ihre Waffen taktisch klug einsetzte.
»Also, was genau hat sich denn nun abgespielt?«, fragte Rose, während
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