Stirb, mein Prinz
der Bodenbretter fehlten oder hatten sich in ihre Bestandteile aufgelöst. Doch das Haus hatte keinen Keller.
Das Zimmer war leer bis auf Schutt und Unrat. Alte Pizzaschachteln und schimmeliges Döner-Einwickelpapier zerfielen ganz allmählich zu Kompost. Vor sich hin rostende Starkbierdosen und leere Flaschen, von einer klebrigen Staubschicht überzogen. Kippen, und nicht nur von handelsüblichen Zigaretten, lagen überall verstreut. Spuren menschlichen Konsums. Und in einer Ecke die unweigerliche Folge davon. Menschliche Ausscheidungen. So alt und verrottet wie alles im Zimmer.
Pappe und eine faulige, modrige Decke hatten jemandem als Bett gedient. Daneben lagen, fleckig und zerknittert, alte Pornohefte. Sie schienen oft gelesen worden zu sein. Bettlektüre. Der Staubschicht nach zu urteilen, die über allem lag, war schon lange niemand mehr hier gewesen.
Zwei nicht vernagelte eingeschlagene Fensterscheiben an der hinteren Wand waren Antwort auf die Frage, wie diejenigen, die hier gehaust hatten, hinein- und hinausgelangt waren. Plötzlich glaubte Phil etwas zu hören. Ein schlurfendes Geräusch, irgendwo in den Tiefen des Hauses. Er richtete sich auf und horchte.
»Hallo?«
Keine Antwort. Nur das Echo seiner Stimme, das sich in der Ruine verlor.
Sein Herzschlag beschleunigte sich, als er rechts einen weiteren Raum betrat, der einst die Küche gewesen war. Die meisten Einbauschränke standen noch an Ort und Stelle, genau wie die Überreste eines Herds in der Ecke und ein alter Kühlschrank, dessen weit offenstehende Tür schief an nur einer Angel hing. Ihm fiel auf, dass die Wände früher in heiterem Gelb gestrichen gewesen waren. Allerdings hatte die Farbe inzwischen jegliche Strahlkraft eingebüßt. Der Kampf war verloren, jetzt blühte Schimmel in schwarzen Schlieren auf den Wänden. Eine Hintertür führte in den Garten hinaus. Er drückte die Klinke herunter. Sie ließ sich nicht öffnen. Über das Glasfenster in der Tür war ein dickes Brett genagelt worden.
Phil ließ den Lichtstrahl seiner Taschenlampe durch den Raum wandern, schaute in die Ecken, in sämtliche Schränke, sogar in den Ofen. Nichts. Er ging zurück ins Wohnzimmer. Versuchte sich vorzustellen, wie das Haus früher einmal ausgesehen hatte. Es gelang ihm nicht. Der Zerfall war zu weit fortgeschritten.
Er wandte sich nach links in einen anderen Flur. Von dort aus führte eine Treppe nach oben. Er stieg hinauf.
Oben gingen von einem kleinen Treppenabsatz drei Türen ab. Er entschied sich für die rechte und fand dahinter die Überbleibsel eines kleinen Badezimmers. Das Waschbecken war von der Wand geschlagen worden, die WC -Schüssel in zwei Hälften zerbrochen. Die Badewanne war eine Brutstätte für Mehltau und Schimmel.
Als Nächstes öffnete er die linke Tür. Das Schlafzimmer. Der Raum war komplett leer. Feuchte, bröckelnde Wände, faulendes Holz, verbarrikadierte Fenster. Keine Möbel, nur Schmutz und Staub. Die Wände waren nicht tapeziert, sondern gestrichen worden. Smaragdgrün, allem Anschein nach. Der Boden hatte dieselbe Farbe. Auch hier leuchtete Phil alles mit der Taschenlampe ab. Da war etwas an der Wand. Er ging hin, um es sich genauer anzusehen.
Dasselbe Symbol, das sie an der Kellerwand neben dem Käfig gefunden hatten. Kein Pentagramm, aber irgendetwas … irgendetwas Schlechtes. Als Phil das Symbol nun zum zweiten Mal sah, machte etwas in ihm klick. Hart und metallisch, als wäre in seinem Innern etwas entweder ein- oder ausgerastet. Wie die Zuhaltung eines Tresorschlosses, die an ihren Platz fiel.
Er kannte dieses Symbol. Er wusste nicht, was es darstellen sollte, aber ein Teil von ihm erkannte es wieder. Gleich darauf setzte das nur allzu vertraute Engegefühl in seiner Brust ein. Es war keine ausgewachsene Panikattacke, sondern eher ein unterschwelliges Grummeln. Eine Beklemmung. Er hatte keine Ahnung, was das Symbol bedeutete, aber es war auf keinen Fall etwas Gutes.
In der Hoffnung, den Anfall im Keim zu ersticken, ging er rückwärts aus dem Zimmer. Versuchte es auch noch an der dritten Tür.
Und fand sich gleich darauf rücklings auf dem Treppenabsatz liegend wieder.
Rücken und Kopf pochten vom Aufprall auf dem harten Holzboden, sein Brustkorb schmerzte von der Wucht des Stoßes, der ihm alle Luft aus der Lunge gepresst hatte. Er versuchte, Atem zu holen, und musste prompt würgen. Der Gestank war bestialisch. Er schlug die Augen auf. Etwas, das entfernte Ähnlichkeit mit einem Menschen hatte und
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