Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stirb, mein Prinz

Stirb, mein Prinz

Titel: Stirb, mein Prinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Carver
Vom Netzwerk:
darauf öffnete sich die Schlafzimmertür.
    Was jetzt? Sollte sie so tun, als schliefe sie, oder sollte sie ihn ansprechen?
    Sie hörte, wie er sich auszog und ins Bad ging. Wenig später legte er sich zu ihr ins Bett. Gleich würde sie seinen Körper neben ihrem spüren, und er würde seinen Arm um ihre Taille legen, so wie immer.
    Nichts.
    Sie wollte irgendetwas tun, sich zu ihm umdrehen und ihn fragen, was los sei, wo er denn bliebe.
    Aber sie tat es nicht, sondern lag einfach nur still da. Sie wusste auch, warum. Nicht weil sie Angst vor der Frage gehabt hätte.
    Aber vor seiner Antwort.
    Also lag sie hellwach im Bett und tat so, als würde sie schlafen. Sie wusste, dass Phil dasselbe tat.
    Und die Nacht zog sich hin.

ZWEITER TEIL
    HERBSTEINBRUCH
    42 Phil versuchte sich zu bewegen. Es ging nicht.
    Irgendetwas um seinen Hals hielt ihn fest. Er berührte es mit den Fingern. Fühlte kaltes, rostiges Eisen. Scharfe Kanten, die ihm in die Haut schnitten. Es saß fest, bot gerade so viel Platz, dass er atmen konnte.
    Er zog daran. Spürte, wie es ihm die Luft abschnürte.
    Seine Hände wanderten nach hinten, tasteten im Nacken nach einer Stelle – irgendeiner Stelle –, wo er Halt finden konnte. Das Einzige, was er fand, war eine rostige Kette. Er hörte ihr Rasseln, fühlte ihr Gewicht in seinen Händen, als er daran zog und zerrte.
    Sie gab nicht nach.
    Sein Herz pochte, und seine Brust begann zu schmerzen. Als lege sich das andere, vertrautere eiserne Band um ihn und zöge sich immer fester zusammen, immer fester …
    Er schnappte nach Luft, versuchte, gegen den Schmerz anzukämpfen, ruhig weiterzuatmen …
    Immer weiteratmen …
    Er nahm beide Hände hinter den Kopf und riss erneut an der Kette. So fest er konnte. Alles, was er spürte, war die Kälte des Metalls zwischen seinen Fingern. Tot. Schwer. Unverwüstlich. Seine Brust brannte.
    Er schloss die Augen. Heiße Tränen sammelten sich hinter seinen Lidern.
    Er hörte sich selbst schreien:
    Nein … nein … lass mich … lass mich los, lass mich los …
    Und doch kam kein Laut über seine Lippen. Die Schreie waren nur in seinem Kopf.
    Bitte …
    Es kam nichts. Nur die Schreie in seinem Innern, und die Schmerzen.
    Er ließ die Kette los. Öffnete die Augen. Und sah es vor sich.
    Als er erkannte, wo er war, klopfte sein Herz noch schneller, und seine Brust krampfte sich noch schmerzhafter zusammen.
    Er saß im Käfig. Im Käfig aus Knochen.
    Nein …
    Er schrie, so laut er konnte.
    Kein Geräusch.
    Er hatte die Hände ausgestreckt, hielt die knöchernen Gitterstäbe umklammert. Zerrte daran, fest und immer fester …
    Er fühlte, wie alt sie waren. Wie glatt. Und wie stark. Sie bewegten sich nicht. Der Käfig hielt. Er versuchte es erneut, rüttelte vor und zurück.
    Nichts.
    Wieder ein Schrei.
    Wieder nichts als Stille.
    Und dann sah er etwas, hinten am anderen Ende des Kellers, einen Schatten zwischen Schatten. Eine Gestalt, die auf ihn zukam. Langsam, ganz langsam. Trübes Licht, das auf Metall blitzte. Eine ausgestreckte Faust mit einer Sichel dar­in, die sich langsam vor und zurück bewegte. Vor … und zurück …
    Vor … und zurück …
    Langsam kreiste.
    Nein … nein … bitte nicht …
    Stille. Undurchdringliche Stille. Ohrenbetäubend.
    Etwas an der Gestalt fiel ihm auf. Der Grund, weshalb sie sich so langsam bewegte. Sie zog ein Bein nach. Beim Gehen spreizte sie es nach außen ab. Das Auftreten schien ihr Schmerzen zu bereiten. Trotzdem kam sie immer näher.
    Langsam … unerbittlich.
    Phils Hände zerrten wie von Sinnen an der Kette. An den Gitterstäben.
    Nichts. Und nichts.
    Erschöpft hielt er inne. Sah das Gesicht der näher kommenden Gestalt.
    Und begann von neuem zu schreien.
    Da war kein Gesicht. Nur ein Sack. Fetzen. Ein Vogelscheuchenkopf, mit groben Stichen zusammengenäht. Ein Schlitz als Mund, aber keine Augen. Nur Dunkelheit. Zwei schwarze Höhlen.
    Phil schrie erneut.
    Jetzt konnte er auch den Rest der Gestalt erkennen. Von Kopf bis Fuß in Lumpen gehüllt. Sackleinen. Jute. Geflickt. Schmutzig. Vor dem Bauch eine lederne Schürze. Alt und voller dunkler Flecken.
    Die Sichel war erhoben. Die halbmondförmige Klinge zitterte im fahlen Licht.
    Das Lumpengesicht war jetzt ganz nah, lauerte direkt hinter den Gitterstäben. Phil sah ihm in die Augen. Da war nichts. Nur tiefe, dunkle, bodenlose schwarze Löcher.
    Die Klinge blitzte.
    Wurde noch höher gehoben.
    Phil schrie.
    Die Klinge sauste herab.
    Phil schrie weiter, fing an zu

Weitere Kostenlose Bücher