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Stirb, mein Prinz

Stirb, mein Prinz

Titel: Stirb, mein Prinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Carver
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sie hübsch aus.
    »Ist sie … ein Gast?«, fragte sie. Sie sprach mit starkem Akzent.
    Osteuropa, vermutete Phil. Genauer konnte er ihn nicht einordnen.
    »Nein«, gab er zurück, »sie ist die Kollegin, die hier die Mordermittlungen leitet.«
    »Oh. Ja.« Die Frau sah sich nach einem anderen Hotelmitarbeiter um und winkte schließlich einen jungen Mann mit Igelfrisur und diensteifriger Miene zu sich, den sie bat, ihren Platz an der Rezeption einzunehmen.
    »Folgen Sie mir bitte.« Sie kam um den Tresen herum zu Phil und ging ihm voran durch eine Tür, die in den Hauptteil des Hotels führte.
    Phil erinnerte sich vom vergangenen Abend an den Weg zum Zimmer, wollte aber nicht wie einer der typischen arroganten Polizisten erscheinen, deren Art er so hasste, also folgte er ihr. Er hatte Mühe, nicht die ganze Zeit ihre Beine in dem engen Bleistiftrock und die Stöckelschuhe anzustarren. Ihr Gang war so, wie er sich den Gang von Marilyn Monroe vorstellte. Wäre sie auf Sand gelaufen, hätten ihre Pfennigabsätze eine schnurgerade Linie von Abdrücken hinterlassen.
    Er hob den Blick und schaute sich um. Auch hier Holztäfelung und ausgetretener Steinfußboden. Sie kamen in eine große Halle mit einem riesigen alten Kamin, in dem allerdings kein Feuer brannte. Dann eine breite, hohe Treppe hinauf. Die Täfelung wich verputzten Wänden mit Bleiglasfenstern. Es gab sogar eine Ritterrüstung.
    Phil spähte durch eine Flügeltür auf eine alte Holztür, die noch älter zu sein schien als der Rest des Hotels.
    »Was ist denn da drin?«
    »Die Kapelle«, antwortete die junge Frau.
    »Kapelle?«
    »Ja. Früher war es eine Kapelle der Tempelritter. Sehr alt.« Sie sah sich um. »Möchten Sie einen Blick hineinwerfen?«
    »Sehr gern.«
    Sie überquerten den Flur, die Frau öffnete die Tür, und sie traten ein.
    Das Erste, was Phil auffiel, war die Kälte. Die Wände und der Fußboden waren aus massivem altem Stein. In den Fenstern saßen Bleiglasscheiben. Es war, als wäre man noch ein Stück weiter in der Zeit zurückgegangen. Er spürte den Atem der Geschichte im alten Gemäuer.
    »Beeindruckend«, sagte er zu der Frau. »Wie alt ist sie?«
    »Oh, sie ist … sehr alt«, antwortete sie, wobei sie sich rasch zu ihm umdrehte und ihm ein kurzes Lächeln schenkte. »Ich weiß es nicht genau …«
    »Aha«, meinte er. Er sah zur Wand gegenüber. Dort befand sich eine große hölzerne Tür. Sie wirkte so alt und wuchtig, dass man den Eindruck bekam, die Kapelle sei um sie herum erbaut worden. »Wo führt die hin?«
    »Nirgendwo. Die ist … versperrt.«
    »Verstehe.«
    »Würden Sie dann …?« Die junge Frau deutete zurück in den Flur, durch den sie gekommen waren.
    Phil folgte ihr hinaus und die Treppe hoch.
    Sie gingen weiter. »Darf ich Sie fragen, woher Sie stammen? Dem Akzent nach sind Sie keine Engländerin.«
    Ein weiteres Lächeln. »Aus Litauen«, sagte sie. »Ich bin zum Arbeiten hier.«
    »Aha. Und gefällt es Ihnen?«
    Diesmal drehte sie sich nicht zu ihm um. »Es geht.« Dann, als hätte sie das Gefühl, noch mehr sagen zu müssen, fügte sie hinzu: »Es macht Spaß.«
    »Freut mich.«
    Den Rest des Weges bis zum Zimmer legten sie schweigend zurück. »Hier drin …« Ihre Miene verdüsterte sich, als sie auf die Tür zeigte. Phil hätte auch so gewusst, welche es war. Die einzige, vor der Absperrband angebracht war.
    Phil bedankte sich, woraufhin sie sich umdrehte und über den Flur zurückging. Auch diesmal war die Spur ihrer Absätze auf dem Teppich eine perfekt gepunktete Linie. Phil wandte sich zur Tür.
    »Darf man reinkommen?«, rief er.
    »Werfen Sie sich erst in Schale«, kam die Antwort.
    Ein in Plastik verschweißtes Bündel wurde in den Flur geworfen. Phil riss es auf, stieg in den Overall, zog den Reißverschluss hoch und trat ein.
    DS Jane Gosling war bereits fleißig bei der Arbeit. »Und? Gefällt es Ihnen?«
    Phil fiel auf, wie anders das Zimmer im Vergleich zur vergangenen Nacht aussah. Zum einen war die Leiche nicht mehr da. Sie befand sich bereits in der Rechtsmedizin, wo sie auf ihre Bestandteile reduziert, gewogen, gemessen und analysiert werden würde. Adam Weaver war keine Person mehr, nur noch ein toter Organismus. Ein Uhrwerk aus Fleisch und Knochen mit irreparablen Schäden.
    Phil hasste die Atmosphäre eines Tatorts am nächsten Tag. Sie war für ihn schwerer zu ertragen als der Anblick der Leiche selbst. Die Vorstellung, dass ein Leben für immer ausgelöscht war, setzte ihm mehr zu als der

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