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Stirb, mein Prinz

Stirb, mein Prinz

Titel: Stirb, mein Prinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Carver
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führte zum Wasser hinunter. Phil änderte die Richtung und ging darauf zu.
    Beim Weitergehen suchte er den Boden ab. In der Erde und im Laub waren Abdrücke zu sehen. Er ging in die Hocke und betrachtete sie genauer. Fußspuren. Jemand war den gleichen Weg gekommen wie er. Und es konnte noch nicht lange her sein.
    Phil schaute hoch, blickte sich um. Nahm alles genau in Augenschein. Hier und da schienen Zweige zurückgebogen und umgeknickt worden zu sein, einige waren ganz abgebrochen. Er betrachtete erneut die Fußabdrücke, dann die geknickten Zweige. Und folgte ihrer Spur.
    Lauschte. Nichts, kein Geräusch bis auf das Gurgeln des Wassers. Das Hotel und der Tatort schienen weit weg.
    Er kam ans Flussufer. Zum Wasser hin ging es steil bergab, die Böschung war höher als er. Er schaute nach den Fußabdrücken. Sie gingen bis zum Rand der Böschung und hörten dann auf. Phil bückte sich. Im Waldboden waren Schleifspuren zu sehen, als wäre jemand über den Rand geklettert und hätte dabei Erde losgetreten. Er spähte nach unten. Bis auf den Fluss war nichts zu sehen.
    Er überlegte. Ein Boot? Könnte der Täter auf diese Weise geflohen sein? Warum hatten die Polizisten hier nicht nach Spuren gesucht? Waren sie einfach umgekehrt, als der Weg aufhörte? Er schloss die Augen. Versuchte nachzudenken, sich in die Lage des Mörders zu versetzen.
    Mit dem Boot über den Fluss … am Ufer festmachen … die Böschung hochklettern, durch die Bäume, runter zum Hotel … hineinschlüpfen … hoch zum Zimmer … und auf dem gleichen Weg wieder zurück …
    Phil konzentrierte sich. Nahm seine Theorie genauer unter die Lupe.
    Der Mörder musste mit dem Grundriss des Hotels vertraut gewesen sein. Musste einen Weg gekannt haben, auf dem er unbemerkt zum Zimmer und wieder hinaus gelangen konnte. Musste die Gewissheit gehabt haben, dass ihm niemand in den Wald folgen würde. Dass er mit dem Boot würde ablegen können, ohne dabei beobachtet zu werden.
    Irgendetwas ließ Phil keine Ruhe.
    Tunnel …
    Erneut ging er in die Hocke und spähte über den Rand der Böschung. Das Gurgeln des Wassers wurde lauter und vermischte sich mit dem Rauschen des Blutes in seinem Kopf, als er sich noch weiter nach vorn lehnte. Er schob sich bis zum äußersten Rand vor und sah sich um.
    Dann griff er nach einer vorstehenden Wurzel, schwang sich über den Rand der Böschung und begann hinabzu­klettern. Das letzte Stück sprang er und holte sich im flachen Uferwasser nasse Füße. Direkt vor ihm lag ein Tunnel. Oder zumindest eine Art Höhleneingang. Dunkel und von Schlingpflanzen überwuchert. Davor ragten Wurzeln aus der Erde.
    Er spähte in die Öffnung. Spürte, wie sein Herz einen Schlag aussetzte.
    Ein Schatten löste sich aus der Dunkelheit und wurde größer.
    Jemand kam auf ihn zu.
    Schnell.

    55 Phil wappnete sich. Sein erster Impuls war es, sich umzudrehen und wegzulaufen, einfach nur weg. Aber er wusste, dass Flucht nicht in Frage kam. Dass jemand mit seiner Ausbildung – und seinem Job – in der Lage sein musste, sich gegen den Angreifer zur Wehr zu setzen. Wer auch immer es war.
    Ein Lumpenbündel kam aus dem Höhleneingang geschossen. Es dauerte einige Sekunden, aber dann hatte Phil das Bündel als Paul identifiziert – den Obdachlosen, den er tags zuvor vernommen hatte.
    »Warten Sie!«, rief er. »Ich will bloß mit Ihnen reden …« Er machte ein paar Schritte rückwärts, stolperte und fiel hin. Wasser spritzte um ihn herum auf, und die Kälte drang ihm augenblicklich bis auf die Haut. Er sah sich nach etwas um, womit er sich verteidigen konnte – egal, was. Riss an einer Wurzel, die am Ufer aus der Erde ragte, aber sie saß fest.
    Paul kam weiter auf ihn zu.
    Phil rappelte sich auf und spürte, wie das Gewicht seiner durchnässten Kleider ihn herunterzog. Wenn der Obdachlose zuschlug, ihn tiefer ins Wasser trieb, würde er sich vielleicht nicht wehren können.
    »Bitte, ich will doch nur reden … bitte …« Er hielt die Hände hoch zum Zeichen, dass er nicht bewaffnet war. »Paul, bitte. Bitte …«
    Paul zögerte.
    Phil nutzte den Vorteil. »Ich bin nicht bewaffnet, und ich bin ganz allein hier. Kommen Sie, Paul. Ich tue Ihnen nichts. Ich will bloß mit Ihnen reden.«
    Er hoffte, dass seine Beteuerungen reichen würden.
    Er musterte den Obdachlosen, wie er ins Sonnenlicht blinzelte. Phils Auftauchen schien ihn verstört zu haben.
    »Was … was machen Sie hier?«
    »Ich …« Phil fuhr sich mit der Hand durchs Haar, während

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