Stirb, mein Prinz

Titel: Stirb, mein Prinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Carver

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er überlegte, was er sagen sollte. Die Wahrheit? Warum nicht. »Also, Paul, ich habe im Hotel zu tun.« Er deutete hinter sich. »Da drüben. Es gab einen Mord. Den untersuche ich gerade.«
    Paul sah ihn mit gerunzelter Stirn an. Vor lauter Schmutz und Haaren war es schwer zu erkennen, aber Phil schien, als huschten widersprüchliche Gefühle über sein Gesicht.
    »Mord …«
    »So ist es. Mord.«
    Paul begann zu nicken. »Ja …«
    »Setzen wir uns doch.« Phil ließ ihn beim Sprechen nicht aus den Augen. »Setzen wir uns doch hin, Paul. Machen wir es uns bequem.«
    Er wollte nicht, dass seine Kleider noch nasser oder schmutziger wurden, als sie ohnehin schon waren, also suchte er sich eine Baumwurzel zum Sitzen aus. Er wischte sie ab, bevor er sich darauf niederließ. Paul ließ sich auf dem Boden nieder.
    »Also, Paul … zweimal in zwei Tagen. Was machen Sie hier? Ziemlich weit draußen für Sie.«
    Paul sah sich um, die Stirn gerunzelt, als lausche er und warte darauf, dass die Bäume ihm die Antwort einflüsterten. »Ich … Eden.«
    Phil nickte. Ging das schon wieder los. »Eden. Wie meinen Sie das?«
    Paul breitete die Arme aus. »Hier. Eden. Wo ich Ruhe finden kann.«
    »Aha. Und wie sind Sie hierhergekommen?«
    Paul sah auf den Fluss. »Ich wurde hergebracht. Übers Wasser.«
    »Sie meinen, Sie sind auf dem Fluss gefahren? In einem Boot?«
    Auf einmal sah Paul ihn an. Mit festem Blick, geradewegs in die Augen. »Sie halten mich für verrückt, stimmt’s?« Seine Stimme klang ruhig und gefasst.
    Die Direktheit der Frage brachte Phil aus der Fassung. »Also, ich …«
    Paul schüttelte den Kopf. »Sie müssen nicht darauf antworten. Ich weiß es doch auch so. Das tun ja alle. Alle. Aber das ist schon in Ordnung.« Er nickte. »Ja. In Ordnung. Weil, vielleicht stimmt’s ja.« Ein Lachen. Oder zumindest etwas Ähnliches. »Wen wundert’s? Bei allem, was … allem, was … Sie wissen schon.«
    Phil ignorierte die Kälte in seinen Kleidern und beugte sich vor. »Was meinen Sie damit?«
    Erneut schweifte Pauls Blick ab. »Eden. Dieser Ort hier ist Eden. War’s zumindest. Bis …«
    »Bis was, Paul?«
    Mit einem Schlag war Pauls Aufmerksamkeit wieder bei Phil. »Das habe ich Ihnen doch schon gesagt. Gestern.« Daraufhin wandte er sich erneut ab.
    Phil dachte nach. Was hatte Paul gestern gesagt? Es hatte alles so verworren geklungen. Fast wie eine Allegorie. »Ja, das haben Sie«, meinte er schließlich. »Aber mehr auch nicht. Es war Eden, bis die bösen Männer gekommen sind.«
    Paul nickte. »Das habe ich gesagt, ja. Genau das. Ja. In der Tat. Böse. Das Böse. Ja.«
    »War das hier, Paul? Sind die bösen Männer hierhergekommen?«
    Paul sah sich erneut ratsuchend zu den Bäumen um, dann nickte er langsam. »Ja. Hierher. Hier war Eden. Im Garten.«
    »Im Garten. Sie meinen den Garten des Hotels?«
    »Das ist kein Hotel.«
    »Was ist es denn dann?«
    »Der Garten«, sagte Paul, als sei Phil dumm, eine solche Frage überhaupt zu stellen. »War immer schon der Garten. Wird’s auch immer sein.«
    »Verstehe.« Der Garten … irgendetwas löste der Name in ihm aus, auch wenn er es nicht genau einordnen konnte. Er beschloss, ein Risiko einzugehen. Vergaß seine ursprünglichen Fragen, seine Ausbildung und alles andere. Stellte Paul eine ganz persönliche Frage.
    »Paul, als ich gestern spätabends hier war, und heute wieder, da hatte ich so ein eigenartiges Gefühl.«
    Paul sah ihn mit zusammengekniffenen Augen von der Seite an, sagte aber nichts.
    Phil redete weiter. »Ich weiß nicht, was es war. Ich kann es mir nicht erklären.«
    »Ich glaube, das können Sie sehr wohl.« Zum zweiten Mal klang Pauls Stimme wie verwandelt. Aus ihr sprachen Vernunft und geistige Wachheit. Phil, der dies merkte und sich dadurch bestärkt fühlte, fuhr fort.
    »Ich hatte das Gefühl … als wäre ich schon mal hier gewesen. Als würde ich mich hier auskennen.«
    »Weiter.«
    »Aber das stimmt nicht. Ich war noch nie in meinem Leben hier. Wie kann das sein?«
    »Vielleicht waren Sie ja doch schon mal hier. Vielleicht erinnern Sie sich bloß nicht mehr daran.«
    »Aber wie kann das sein?«
    Paul beugte sich nach vorn. Ein Licht tanzte in seinen Augen. Ein charismatisches Licht. Kein Wahnsinn, sondern absolute geistige Klarheit. Phil war beruhigt, wenngleich auch überrascht. »Vielleicht wollen Sie sich nicht daran erinnern. Oder ein Teil von Ihnen hat beschlossen, sich nicht zu erinnern, und jetzt versucht der andere Teil