Stirb, mein Prinz
mit Ihrem Chef sprechen.« Keine Frage, sondern eine Aufforderung.
»Er ist … zurzeit nicht im Haus. Er ist den ganzen Tag unterwegs. Ich habe keine Ahnung, wann er zurückkommt.« Sie sah kurz zu ihm hin, dann schnell wieder weg. »Tut mir sehr leid.«
Mickey wusste genau, wann er angelogen wurde. Er wusste auch, wann es Sinn machte, den Lügner auf diese Tatsache hinzuweisen, und wann nicht. In diesem Fall, entschied er, machte es keinen Sinn. Es würde ihn bei ihr nicht weiterbringen.
»Früher oder später werde ich mit ihm sprechen müssen.«
»Ich werde ihn von der Sache unterrichten und ihn fragen, ob er damit einverstanden ist.«
»Lynn, es geht nicht darum, ob er damit einverstanden ist. Das hier ist eine Mordermittlung. Ich kann mir einen Beschluss besorgen, wenn es sein muss.«
Ja , dachte er. Könnte ich. Aber das wäre ganz schön viel Aufwand, nur um ein Gespräch zu führen. Was Lynn mit Sicherheit auch wusste, allerdings ließ sie es sich nicht anmerken.
»Das ist mir klar«, sagte sie, »aber ich kann diese Entscheidung nicht treffen. Wie gesagt, ich werde alles weiterleiten.«
»Danke. Das weiß ich zu schätzen.« Er lächelte.
Sie erwiderte es, wenngleich nur flüchtig.
»Aber ob er Ihnen mehr sagen kann … das wage ich zu bezweifeln. Verschwiegenheitspflicht, Sie wissen schon.«
»Natürlich«, sagte Mickey. Er ahnte, dass bei der Sache nicht mehr herauszuholen war, und ließ es dabei bewenden. Schenkte ihr ein weiteres Lächeln. »Also, dann danke ich Ihnen.«
Auch dieses Lächeln erwiderte sie und nickte.
Mickey betrachtete Lynn Windsor, wie sie mit gesenktem Kopf die Unterlagen auf ihrem Schreibtisch zurechtschob, während ihre Finger mit einer Büroklammer spielten. Er spürte, dass etwas nicht stimmte. Dass sie wegen irgendetwas beunruhigt war. Angespannt.
»Alles in Ordnung?«, erkundigte er sich.
Sie fuhr hoch. Ließ die Büroklammer fallen. »Ja. Natürlich. Was sollte nicht in Ordnung sein?«
»Keine Ahnung.« Lächelnd lehnte er sich zurück. Keine berufliche Frage, wollte diese Geste signalisieren, sondern eher persönlicher Natur. »Sie wirken ein bisschen … durch den Wind.«
»Oh. Ja.« Erneut senkte sie den Kopf. Ein weiterer Seufzer. »Nun ja, ich …« Sie hob den Blick. »Habe mich gerade von meinem Lebensgefährten getrennt.«
»Oh. Das tut mir leid.«
Sie nickte. Sah auf die Unterlagen auf ihrem Schreibtisch, dann wieder zu Mickey. »Haben Sie … jemanden, Detective?«
Mickey spürte, wie seine Wangen zu glühen anfingen. Annis Gesicht tauchte vor seinem inneren Auge auf. »Also – nein. Nicht so richtig.«
Sie hob eine Braue. »Nicht so richtig?«
»Nein.« Annis Gesicht verschwand. Stattdessen spürte er die ersten Anzeichen einer Erektion. »Nein. Es gibt niemanden.«
Lynn Windsor nickte. Ließ sich auf ihrem Stuhl zurücksinken und schlug die Beine übereinander. Lächelte. Mickeys Blick wurde sofort von ihren Brüsten angezogen. Er gab sich alle Mühe, es sein zu lassen. Ohne Erfolg. Er zwang sich, ihr in die Augen zu sehen.
Sie lächelte erneut, diesmal, weil sie ihn ertappt hatte. »Ich habe ja noch Ihre Nummer … Mickey.«
Er schluckte. Seine Kehle war auf einmal wie ausgedörrt. »Ja, stimmt. Die haben Sie noch.«
»Soll ich Sie anrufen, wenn es … neue Entwicklungen gibt?«
»Ich …« Plötzlich war es sehr heiß im Raum. Unangenehm heiß. »Ja, das wäre … ich … ja.«
Er konnte nicht glauben, wie er sich benahm. Das war doch wie aus dem Bilderbuch. Ein Szenario, von dem jeder Polizist träumte. Wie viele Kneipengespräche und Phantasien drehten sich um Situationen wie diese? Und er saß da, wurde knallrot im Gesicht und stotterte sich einen zurecht. In Die Füchse würde die Szene anders ablaufen.
»Gut.« Sie lächelte erneut. »Vielleicht mache ich das.«
Er erwiderte ihr Lächeln. Sie wandte den Blick ab.
»Also, jetzt mache ich mich mal besser wieder an die Arbeit.« Sie erhob sich. »Es war sehr schön, Sie wiederzusehen. Weiterhin viel Erfolg und … ich melde mich.«
»Ich … ich freue mich drauf.«
Mickey stand auf und floh.
Draußen schüttelte er den Kopf.
»Ich freue mich drauf«, wiederholte er laut. »Trottel.«
Aber er lächelte dabei.
54 Phil ging durch die Außenanlagen des Hotels. Einen Führer brauchte er nicht.
Das Gelände schien ihm vertraut, aber es war eine Art Traumvertrautheit. Als kenne er sich aus, ohne je im wirklichen Leben oder im Wachzustand hier gewesen zu sein.
Phil war
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