Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stirb, mein Prinz

Stirb, mein Prinz

Titel: Stirb, mein Prinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Carver
Vom Netzwerk:
Archiv ging. Dass er dort etwas mit den aktuellen Fällen abgleichen wollte. Aber er hatte es nicht getan. Er war sich nicht sicher, wem aus Phils Team er trauen konnte. Er war sich nur sicher, wem er nicht trauen durfte. Das war von Anfang an sonnenklar gewesen. Bis er mehr wusste, war er auf sich allein gestellt.
    Er setzte seine Lesebrille auf und trat ans erstbeste Regal. Las das Datum, das darauf geschrieben stand, und marschierte los.
    Er widerstand der Versuchung, einen Blick in einen der anderen Kartons zu werfen. Hier in diesem Raum lagerte ein nicht unbeträchtlicher Teil seines Lebens. Erinnerungen an eine Laufbahn in Papier und Pappe. Vielleicht würde er doch mal hineinschauen. Aber das würde er sich für einen anderen Tag aufheben. Im Moment hatte er etwas ganz Bestimmtes vor.
    Er musste eine Zeitlang suchen, aber dann wurde er fündig. Ein kleiner Schauer des Triumphs durchrieselte ihn. Er hob den Karton vom Regal und stellte ihn auf den Boden. Ging davor in die Hocke. Öffnete ihn. Nahm die oberste Mappe heraus und begann zu lesen.
    Spürte den Adrenalinstoß, der durch seinen Körper fuhr.
    Ja. Das war er. Das war der richtige Karton. Volltreffer.
    Er las weiter. Klappte die Mappe wieder zu und nahm die nächste heraus.
    Und spürte das Adrenalin noch schneller durch seine Adern rauschen.
    Er lächelte.
    »Habe ich dich«, sagte er laut.
    Er wollte sich gerade die dritte Mappe vornehmen, als die Tür zum Archiv aufging.
    57 Marina betrat den Einsatzraum. Irgendwie stimmte etwas nicht.
    Bei großen Fällen richtete sich das Team normalerweise in der Bar ein. Zusätzliche Mitarbeiter wurden rekrutiert und eingearbeitet, Überstunden bewilligt. Der Fall wurde hochgestuft. Aber diesmal war es anders. Marina hatte den Eindruck, als arbeite Glass aktiv dagegen an. Als versuche er ganz bewusst, die zwei Ermittlungen auf möglichst kleiner Flamme köcheln zu lassen. Das ging weit über Etatausgleich und Pfennigfuchserei hinaus. Es war, als würden Phil und seine Leute für irgendetwas bestraft.
    Das Team arbeitete nach wie vor hart – vielleicht sogar noch härter, wenn das geschäftige Treiben im Raum irgendeinen Schluss zuließ –, aber es schien etwas zu fehlen. Und Marina glaubte auch zu wissen, was.
    Phil. Oder zumindest seine Führungsstärke.
    Seine Abwesenheit im Büro war in mehr als einer Hinsicht spürbar. Sie wusste immer noch nicht, was mit ihm los war. Anfangs hatte sie gedacht, dass es mit ihrer Beziehung zusammenhing. Dass er damit irgendein Problem hatte. Vielleicht sogar mit ihr. Aber als sie ihn bei der Arbeit beobachtet hatte, war ihr klargeworden, dass es etwas viel Tiefergehendes sein musste. Er war wie weggetreten. Murmelte Unverständliches, wo er klare Anweisungen hätte geben müssen. War nicht zur Stelle, wenn er gebraucht wurde.
    Und sie konnte nicht länger so arbeiten.
    Sie holte ihr Handy aus der Tasche. Drückte die Kurzwahltaste. Wartete.
    Er nahm ab.
    »Hey«, sagte sie. »Wo bist du?«
    »Zu Hause«, kam die Antwort.
    »Was? Was machst du denn zu Hause?«
    »Ich, äh …« Er geriet ins Stocken.
    »Du was?«
    »Ich bin nass geworden. Musste mich umziehen.«
    Sie stellte die naheliegende Frage.
    »Als ich einen Verdächtigen verfolgt habe. Draußen beim Hotel. Na ja, jedenfalls dachte ich, er wäre ein Verdächtiger. In Wirklichkeit … tja …«
    Marina seufzte. »Phil. Wir müssen reden.«
    Schweigen.
    »Ganz im Ernst.« Sie drehte dem Büro den Rücken zu und legte die Hand über das Handy, damit niemand mithören konnte. »Egal, worum es geht, du musst mit mir darüber sprechen.«
    Er schwieg.
    Sie senkte die Stimme. »Zuerst habe ich gedacht, es hätte mit uns zu tun. Nur mit uns beiden. Aber ich habe gesehen, wie du dich auf der Arbeit benimmst. Phil, das geht so nicht weiter. Du musst mit mir reden. Was auch immer mit dir los ist, du musst mit mir darüber reden.« Sie wurde immer leiser. »Wir machen alles gemeinsam, schon vergessen?«
    Ein Seufzer. Sie wartete.
    »Ja«, sagte er irgendwann. »Du hast ja recht, ich …« Noch ein Seufzer. »Ich weiß auch nicht … ich … ich weiß einfach nicht …«
    »Na, wenigstens kommunizieren wir jetzt«, meinte sie.
    Sie hörte ihn lachen. »Ja.« Dann wieder ein Seufzer. »Oh Gott …«
    »Hör zu, wir müssen es ja nicht sofort tun. Verschieben wir es auf später. Okay?«
    »Marina, du verstehst das nicht. Es ist … Ich weiß auch nicht.«
    »Okay. Wir sprechen das durch. Wir klären das.«
    Erneut Schweigen am anderen

Weitere Kostenlose Bücher